Oh, das wird jetzt aber eine interessante Diskussion. Da plaudere ich doch gerne aus dem Nähkästchen, denn ich bin die wandelnde Fehldiagnose, bis zum heutigen Tag. Tatsächlich sind die Möglichkeiten heute völlig andere als vor 30 Jahren, allein schon wegen der Verfügbarkeit von relevanten Informationen und Netzwerken. Vielleicht ergibt sich ja für Nora auch noch einiges, um da überhaupt wieder rauszukommen.
Eins vorneweg: Aus der Psychoschiene bin ich raus, dafür aber mehrfach chronisch krank durch Verschleppung von Behandlungen. Meine Lebensleistung besteht darin, trotz meiner Ärzte überlebt zu haben, während meine Bekannten Familien gegründet und berufliche Karrieren gemacht haben. Dafür sind einige schon seit geraumer Zeit tot. Ich habe eine 5-Jahres-Überlebensprognose von 19% und befinde mich am Ende des 5.Jahres. Das ist vor allem der Grund, weshalb ich mir inzwischen keinerlei ärztliche Schrägheiten mehr gefallen lasse. Zuletzt habe ich dem heutigen Weltärztepräsident eine entsprechende Mail auf seine Website geschrieben, die im UKE dann gehörig eingeschlagen hat. Die Hamburger Ärztekammer wollte evt. sogar ein Berufsordnungsverfahren gegen den betreffenden Arzt einleiten, woran ich aber kein Interesse hatte. Sie sollten lediglich ihre fehlerhaften Betriebsabläufe ändern, um Schaden von Patienten abzuwenden. Mir ging es nicht darum einen Sündenbock abzustrafen. Wäre ich damit an die Presse gegangen, dann wäre der Kontrastmittelskandal schon ein Jahr früher aufgeflogen. So konnten sie sich im UKE noch rechtzeitig aus der Schusslinie bringen. Bis heute gibt es keine Untersuchung, ob Patienten durch ungerechtfertige Röntgenkontrastmittelgaben geschädigt wurden. Das war sooooo cool!
Alles andere kommt in kleinen Häppchen. Jedenfalls verfüge ich über genug medizinisches und psychologisches Wissen, um meinen eigenen Weg zu gehen. Die letzten Untersuchungen in diesem Jahr haben mich im Nachhinein vollauf bestätigt. Und ich habe wenigsten einen Arzt, dem ich voll vertrauen kann, meinen Pneumologen, und so halbwegs wenigstens meinem Orthopäden, bei dem ich seit 25 Jahren bin. Das ist sehr, sehr wichtig fürs Überleben im System. Ansonsten aber muss man kämpfen, kämpfen, kämpfen, und das gerade dann, wenn man ohnehin keine Kraft hat und eigentlich auf Hilfe angewiesen ist.
Im Jahre 1989 ist mir während meiner Diplomarbeit meine Blutzuckerregulation zusammengebrochen, besser gesagt die sog. Stressachse im Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindensystem. Ich war nicht nur einfach unterzuckert, ich war es dauerhaft. Ich konnte Essen wie blöde in mich reinschaufeln, ich war am Flattern und habe eher abgenommen.
Mein Internist war ratlos, weil die Glukose-Toleranztests pathologisch waren. Mein BZ war dauerhaft zwischen 40-60, oft bei 50. Er hat mich dann zu einem Nervenarzt geschickt zum Gespräch. Mit dem habe ich mich ein Gespräch lang über meine Studien- und Krankheitssituation sowie meine Einschränkungen unterhalten. Am Schluss meinte er noch, die Internisten sollten sich mal mehr Mühe geben.
Über Untersuchungen in der Stoffwechselambulanz bin ich dann auf der Stoffwechselstation der Uniklinik gelandet. Jetzt ging es um Tumordiagnostik, speziell wegen eines Insulinoms. In der Zwischenzeit hatte ich schon selbst festgestellt, dass ich auf Zucker mit hefrtiger Insulinausschüttung reagiere, wobei mein basaler Spiegel eigentlich eher niedrig war. Später habe ich mir selbst Equipment besorgt und 3 Monate lang BZ-Tagesprofile erstellt. Da konnte ich dann sehen, dass mein BZ unabhängig vom Essen bis 180 hochging, bis dann exzessiv Insulin ausgeschüttet wurde und mein BZ 40 sauste. Offenbar waren meine B-Zellen im Pankreas wegen Überforderung im Sterben. Ich habe mich dann bemüht, diesen Mechanismus zu entlasten, weil ich keinen Diabetes riskieren wollte. Dafür wurde ich ausgelacht.
Es gab dann 2 Wochen Kampf, weil es gerade auf der Stoffwechselabteilung das lausigste und ungesündeste Essen gab. Morgens habe ich um ein Vollkornbrötchen gekämpft, mittags um Diabetikerkost, und nachmittags bin ich in eine Eppendorfer Bäckerei gelaufen, um mir Diabetikerkuchen zu holen. So langsam hatte ich mich dann auch wieder etwas stabilisiert.
Ärztlicherseits kam dann die rüde Anweisung, ich solle zum Psychiater "wegen einer Fehlschaltung" im Gehirn. Sagt man das einer "Fast-schon-Diplom-Psychologin"? Ich habe diesen Schrott natürlich abgelehnt, weil es einfach blamabel war, was Uni-Internisten da so von sich geben. Ich habe auf den Nervenarzt verwiesen, bei dem ich schon gewesen war.
Die Jahre danach waren schrecklich, weil ich von einem Zuammenbruch zum nächsten getaumelt bin, ohne Hilfe zu bekommen. Die Woche im Anfallsstatus auf dem Stuhl war einer Hypocalcämie geschuldet, wie ich später selbst zufällig entdecken konnte. Ich lasse jetzt erstmal vieles aus. Jedenfalls kam dann Jahre später der Punkt, als ich vor Schmerzen kaum noch gehen konnte und eingerissene Mundwinkel bekam. Da fiel meinem dämlichen Internisten ein, dass das ja auch ein Eisenmangel sein konnte.
Ich habe dann 4 Wochen mit Fieber zu Hause gelegen, mit einem HB von angeblich 4,7 und einer fulminanten Neurodermitis - vom Scheitel bis zu Sohle, die gesamte Haut knallrot entzündet. Zu diesem Zeitpunkt bekam ich tatsächlich meine Arztbericht erstmal zu Gesicht, von Station und Ambulanz. Im Arztbericht der Station stand, dass alle internistischen Routineparameter im Normalbereich seien. Sie hätten mit meinem Nervenarzt gesprochen. Und der hätte angegeben, dass ich bei ihm schon länger wegen einer erheblichen neurotischen Fehlhaltung in Behandlung sei...
Hä? Die Diagnose gibts aber gar nicht im DSM. Und klar, danach hat mich kein Arzt noch untersucht, geschweige denn behandelt. Noch besser war der Wisch aus der Ambulanz, worin ein auffällig niedriger Eisenwert berichtet wurde, 1/3 des Normwertes. Diese Info hat es dann leider nicht bis auf Station geschafft.
Hier war ich mit meiner Geduld endgültig am Ende. Ich habe dem Internisten noch eine Kur abgetrotzt - in einer netten Allergieklinik in Inzell und nicht in der Klappse, wie gewünscht. Beim Eingangsgespräch mit dem Chefarzt habe ich gleich gesagt, dass ich an Unterzuckerungen leide und völlig erschöpft sei (ich hatte am nächsten Tag noch einen BZ von 53). Darauf sollten nur die nötigsten Untersuchungen gemacht werden und ich zusehen, dass ich mich erhole.
Das war voll der Traum und ich habe endlich wieder Boden unter die Füße bekommen. Ich habe eine anständigen Abschlussbericht bekommen ohne irgendwelche Psycho-Ausssagen. Die nächsten 2 Jahre war ich nur noch bei meinem damaligen Hautarzt zugange. Ansonsten habe ich jegliche Arztbesuche vermieden.
Zwei Jahre später ging es dann wieder rund, mit einer Art Rheumaschub. Als ich endlich in der Rheumaklinik gelandet war, konnte ich vor Schmerzen kaum auf meinen Füßen stehen. So ziemlich sämtliche Bänder im Körper hatten sich gelockert, ich war überall bandagiert und hatte das Gefühl, in 1000 Einzelteile auseinander zu fallen. Abgesehen von der HWS war das rechte Knie betroffen. Beim Gehen ist der Unterschenkel einfach zur Seite ausgeschert....
Dort habe ich dann die absoluten Abgründe medizinischer Heilkunst kennen gelernt. Auf dem Überweisungsschein stand dann noch etwas von Hypermobilität. Tatsächlich stand da im Arztbericht, dass eine Hypermobilität nicht beobachtet wurde. Die wussten noch nicht einmal, dass man das nicht sehen kann, sondern testen muss! Im Bericht steht dann auch noch, dass ich mich beschwert hätte, dass sie nix gefunden hätten. Dabei hätten sie mich doch nur aufgenommen, weil ich so einen Leidensdruck veranstaltet hätte. Ohne Worte...
Ich war schon drauf und dran, mir noch in der Klinik das Leben zu nehmen, zumal ich mit hochakut entzündeten ISG entlassen wurde. Die Woche darauf hat mich mein Orthopäde mit einer Cortisonspritze davon erlöst. Seitdem nehme ich auch regelmäßig ein NSAR (Indomethacin) in mittlerer Dosis, bei schweren Fällen auch zeitlich begrenzt in Höchstdosis. Danach habe ich meinen Wunsch nach einem Berufswechsel endgültig aufgegeben und bin einfach in meinem bisherigen Studentenjob als Krankengymnastin geblieben. Sooo wäre ich weder durch eine Einstllungsuntersuchung noch durch eine Probezeit gekommen.
Beide Berichte, den aus der Stoffwechselabteilung sowie den aus der Rheumaklinik, habe nie wieder Ärzten vorgelegt. Von da ab habe ich nie wieder Arztberichte ungelesen weitergeleitet. Zeitweilig habe ich ganz auf ärztliche Behandlung verzichtet, teils habe ich dann eher nebenher und allgemein von Stoffwechselproblemen berichtet.
Im Frühjahr war ich wegen meiner Schilddrüse wieder in der Stoffwechselambulanz. Herablassend wie immer ("Oh wie süß - Miniknötchen!). Da ich krankheitsbedingt inzwischen zugenommen hatte, wurde nebenbei der HbA1 bestimmt. Ergebnis Prädiabetes, hahaha! Hab ich doch schon vor 30 Jahren gesagt!
Ich habe ihm dann auch mitgeteilt, dass ich auf weitere Untersuchungen dort keinen Wert mehr lege. Wie will man denn konkrete Aussagen machen, wenn zwischendurch die Ärzte wechseln und jeder einen anderen Messstandard zugrunde legt? Kann mann sich schenken.
Gruß Jova
Die Sache mit der Hypocalcämie hat dann dieses Jahr auch eine überraschende Wendung genommen.
Im März bin ich mit heftigen Hüftschmerzen gestrandet. 4 Orthopäden, 4 Diagnosen, obwohl sich wirklich alle Zeit und Mühe gegeben hatten. Der eine meinte Hüftarthrose, der andere Leistenbruch. Jedenfalls hat sich mein Ortho tatsächlich ein MRT aus den Rippen geschnitten. Und siehe da: Massive Knochenmarködeme im Scham- und Sitzbein, Ermüdungsfrakturen in beiden Knochen sowie ein heftiges Muskelödem in den Adduktoren.
Das sollte ich per Krankschreibung zu Hause aussitzen. Da ich aber Osteoporose habe, habe ich mich schnellstens in der Spezialambulanz des UKE (Osteologie) gemeldet, wo ich nur wegen der Frakturen noch reingerutscht bin. Die Laborwerte haben einen erhöhten Knochenabbau ergeben, das Kontroll-MRT nur eine geringfügige Besserung. Ich sollte dann einen Antikörper erhalten, der den Knochanabbau hemmt.
3 Tage nach dem MRT hatte ich dann eine Refraktur,die noch schlimmer ausfiel, weil offenbar auch die Gelenkpfanne durch war. Der nächste Orthopäde hat zwar auch geröntgt, aber nix gesehen (diese Schäden sieht man ausschliesslich im MRT).Mein eigener Ortho war stinksauer, dass ich bei den Osteologen war - ich sollte das wie jeder andere Kassenpatient gefälligst kostengünstig aussitzen.
Die Kontrolluntersuchung bei den Osteologen war erschreckend. Der Calciumwert war nur geringfügig erniedrigt, dafür das Parathormon und die alkalische Phosphatase regelrecht explodiert. Ich sollte sofort Calcium substituieren...
Hab ich gemacht und die Werte annähernd wieder in den Normalbereich gebracht. Danach durfte der Antkörper endlich gespritzt werden. Vorher hätte mir das das Licht ausgeblasen - da sind schon Patienten gestorben, weil das Calcium aus dem Blut in den Knochen eingebaut wurde.
Tja, und so hat man mir denn auch meine Hypocalcämie bestätigt, wegen der ich die Woche im Anfallsstatus auf dem Stuhl verbracht habe. Tatsächlich braucht es 30 Jahre, gebrochene Knochen und unzählige Ärzte, bis endlich jemand zum Calcium auch das Parathormon bestimmt, obwohl das schon lange Standard ist.
Grüße vom Oberneurotiker
Mein Pneumologe reisst nur noch die Augen auf, wenn ich die Arztberichte vorlege. Da muss ich nicht mehr kämpfen, gottlob. Der war auch echt fassungslos, dass ich damals Montgomery so eine wirkungsvolle Mail geschrieben hatte.
Aber ehrlich, der Typ ist wirklich korrekt, auch als Funktionärsfuzzi. Er hat eine schöne Website, auf der Patienten auffordert, ihm mitzuteilen, wo was im Gesundheitswesen schief läuft. Das habe ich auch prompt gemacht hinsichtlich seiner eigeen Hausabteilung, und das mit durchschlagenden Erfolg....
Nochwas für Nora:
Bitte achte bei Überweisungen/Einweisungen darauf, dass ja nicht "Ausschluss von..." steht. Die schließen aus, auf Biegen und Brechen, und alternativ kommt dann wieder Stress etc. ins Spiel. Entweder eine schon feste Diagnose oder aber "Verdacht auf..."
Ich sollte im Sommer nochmal ins Krankenhaus, mich wegen meiner Beinödeme "mal durchchecken lassen". Das habe ich rigoros abgelehnt. Ohne gezielte diagnostische Suchvorgaben geht bei mir gar nix. Da kommt bestenfalls eine 0815-Routinepalette, und wenn es keinen Zufallstreffer gibt, bin ich schneller draußen wie drin, und dann bestenfalls mit einer Fehldiagnose.
Es gibt noch eine Möglichkeit, die dir leider verwehrt ist, zumindest aktuell. Es gibt Zentren für Seltene Erkrankungen, an die man von Haus- oder Fachärzten überwiesen werden kann. Die verlangen aber leider, dass man keine psychischen Macken hat. Das habe ich mir erst gar nicht angetan, obwohl ich schon ziemlich Distanz zu den vorherigen Befunden eingelegt habe. Ich will gleich gar nicht auf diesem Gleis balancieren.
Deine gesundheitliche Versorgung ist gelinde gesagt lausig. Ich weiss nicht, wo du lebst und wie deine Versorgungsstrukturen vor Ort sind. Ich habe in Hamburg einfach rigoros die Ärzte gewechselt, bis es einigermaßen passte. Das ist bei Hausärzten jetzt fast nicht mehr möglich, weil überall Aufnahmestopp ist. Auf alle Fälle hast du Anspruch aber auf hauswirtschaftliche Versorgung, da du ja nicht selbst Einkaufen und Kochen kannst, vom Putzen abgesehen. Eine 70jährige Mutter darf da nicht als Alibi gelten. Zumindest sollte diese auch finanziell entschädigt werden, wenn sie dir entsprechend hilft.
Du hast Anspruch auf Hilfsmittel wie einen Badewannensitz, Duschhocker oder auch Rollator, was der Arzt nur verordnen muss. Auch kannst du dich um einen Schwerbehindertenausweis bemühen, da es ja doch längere Zeit dauern dürfte, bis du wieder einigermaßen fit bist. Damit kannst du Rundfunkgebühren sparen, Fahrtkosten im ÖPNV etc. Infos dazu findest du schon im Rheumaforum. Oder aber im Webauftritt deiner Behörden vor Ort.
So, das war jetzt das Wichtigste auf die Schnelle. Frag gerne nach, wenn du mehr wissen möchtest.
Grüße Jova
Eins vorneweg: Aus der Psychoschiene bin ich raus, dafür aber mehrfach chronisch krank durch Verschleppung von Behandlungen. Meine Lebensleistung besteht darin, trotz meiner Ärzte überlebt zu haben, während meine Bekannten Familien gegründet und berufliche Karrieren gemacht haben. Dafür sind einige schon seit geraumer Zeit tot. Ich habe eine 5-Jahres-Überlebensprognose von 19% und befinde mich am Ende des 5.Jahres. Das ist vor allem der Grund, weshalb ich mir inzwischen keinerlei ärztliche Schrägheiten mehr gefallen lasse. Zuletzt habe ich dem heutigen Weltärztepräsident eine entsprechende Mail auf seine Website geschrieben, die im UKE dann gehörig eingeschlagen hat. Die Hamburger Ärztekammer wollte evt. sogar ein Berufsordnungsverfahren gegen den betreffenden Arzt einleiten, woran ich aber kein Interesse hatte. Sie sollten lediglich ihre fehlerhaften Betriebsabläufe ändern, um Schaden von Patienten abzuwenden. Mir ging es nicht darum einen Sündenbock abzustrafen. Wäre ich damit an die Presse gegangen, dann wäre der Kontrastmittelskandal schon ein Jahr früher aufgeflogen. So konnten sie sich im UKE noch rechtzeitig aus der Schusslinie bringen. Bis heute gibt es keine Untersuchung, ob Patienten durch ungerechtfertige Röntgenkontrastmittelgaben geschädigt wurden. Das war sooooo cool!
Alles andere kommt in kleinen Häppchen. Jedenfalls verfüge ich über genug medizinisches und psychologisches Wissen, um meinen eigenen Weg zu gehen. Die letzten Untersuchungen in diesem Jahr haben mich im Nachhinein vollauf bestätigt. Und ich habe wenigsten einen Arzt, dem ich voll vertrauen kann, meinen Pneumologen, und so halbwegs wenigstens meinem Orthopäden, bei dem ich seit 25 Jahren bin. Das ist sehr, sehr wichtig fürs Überleben im System. Ansonsten aber muss man kämpfen, kämpfen, kämpfen, und das gerade dann, wenn man ohnehin keine Kraft hat und eigentlich auf Hilfe angewiesen ist.
Im Jahre 1989 ist mir während meiner Diplomarbeit meine Blutzuckerregulation zusammengebrochen, besser gesagt die sog. Stressachse im Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindensystem. Ich war nicht nur einfach unterzuckert, ich war es dauerhaft. Ich konnte Essen wie blöde in mich reinschaufeln, ich war am Flattern und habe eher abgenommen.
Mein Internist war ratlos, weil die Glukose-Toleranztests pathologisch waren. Mein BZ war dauerhaft zwischen 40-60, oft bei 50. Er hat mich dann zu einem Nervenarzt geschickt zum Gespräch. Mit dem habe ich mich ein Gespräch lang über meine Studien- und Krankheitssituation sowie meine Einschränkungen unterhalten. Am Schluss meinte er noch, die Internisten sollten sich mal mehr Mühe geben.
Über Untersuchungen in der Stoffwechselambulanz bin ich dann auf der Stoffwechselstation der Uniklinik gelandet. Jetzt ging es um Tumordiagnostik, speziell wegen eines Insulinoms. In der Zwischenzeit hatte ich schon selbst festgestellt, dass ich auf Zucker mit hefrtiger Insulinausschüttung reagiere, wobei mein basaler Spiegel eigentlich eher niedrig war. Später habe ich mir selbst Equipment besorgt und 3 Monate lang BZ-Tagesprofile erstellt. Da konnte ich dann sehen, dass mein BZ unabhängig vom Essen bis 180 hochging, bis dann exzessiv Insulin ausgeschüttet wurde und mein BZ 40 sauste. Offenbar waren meine B-Zellen im Pankreas wegen Überforderung im Sterben. Ich habe mich dann bemüht, diesen Mechanismus zu entlasten, weil ich keinen Diabetes riskieren wollte. Dafür wurde ich ausgelacht.
Es gab dann 2 Wochen Kampf, weil es gerade auf der Stoffwechselabteilung das lausigste und ungesündeste Essen gab. Morgens habe ich um ein Vollkornbrötchen gekämpft, mittags um Diabetikerkost, und nachmittags bin ich in eine Eppendorfer Bäckerei gelaufen, um mir Diabetikerkuchen zu holen. So langsam hatte ich mich dann auch wieder etwas stabilisiert.
Ärztlicherseits kam dann die rüde Anweisung, ich solle zum Psychiater "wegen einer Fehlschaltung" im Gehirn. Sagt man das einer "Fast-schon-Diplom-Psychologin"? Ich habe diesen Schrott natürlich abgelehnt, weil es einfach blamabel war, was Uni-Internisten da so von sich geben. Ich habe auf den Nervenarzt verwiesen, bei dem ich schon gewesen war.
Die Jahre danach waren schrecklich, weil ich von einem Zuammenbruch zum nächsten getaumelt bin, ohne Hilfe zu bekommen. Die Woche im Anfallsstatus auf dem Stuhl war einer Hypocalcämie geschuldet, wie ich später selbst zufällig entdecken konnte. Ich lasse jetzt erstmal vieles aus. Jedenfalls kam dann Jahre später der Punkt, als ich vor Schmerzen kaum noch gehen konnte und eingerissene Mundwinkel bekam. Da fiel meinem dämlichen Internisten ein, dass das ja auch ein Eisenmangel sein konnte.
Ich habe dann 4 Wochen mit Fieber zu Hause gelegen, mit einem HB von angeblich 4,7 und einer fulminanten Neurodermitis - vom Scheitel bis zu Sohle, die gesamte Haut knallrot entzündet. Zu diesem Zeitpunkt bekam ich tatsächlich meine Arztbericht erstmal zu Gesicht, von Station und Ambulanz. Im Arztbericht der Station stand, dass alle internistischen Routineparameter im Normalbereich seien. Sie hätten mit meinem Nervenarzt gesprochen. Und der hätte angegeben, dass ich bei ihm schon länger wegen einer erheblichen neurotischen Fehlhaltung in Behandlung sei...
Hä? Die Diagnose gibts aber gar nicht im DSM. Und klar, danach hat mich kein Arzt noch untersucht, geschweige denn behandelt. Noch besser war der Wisch aus der Ambulanz, worin ein auffällig niedriger Eisenwert berichtet wurde, 1/3 des Normwertes. Diese Info hat es dann leider nicht bis auf Station geschafft.
Hier war ich mit meiner Geduld endgültig am Ende. Ich habe dem Internisten noch eine Kur abgetrotzt - in einer netten Allergieklinik in Inzell und nicht in der Klappse, wie gewünscht. Beim Eingangsgespräch mit dem Chefarzt habe ich gleich gesagt, dass ich an Unterzuckerungen leide und völlig erschöpft sei (ich hatte am nächsten Tag noch einen BZ von 53). Darauf sollten nur die nötigsten Untersuchungen gemacht werden und ich zusehen, dass ich mich erhole.
Das war voll der Traum und ich habe endlich wieder Boden unter die Füße bekommen. Ich habe eine anständigen Abschlussbericht bekommen ohne irgendwelche Psycho-Ausssagen. Die nächsten 2 Jahre war ich nur noch bei meinem damaligen Hautarzt zugange. Ansonsten habe ich jegliche Arztbesuche vermieden.
Zwei Jahre später ging es dann wieder rund, mit einer Art Rheumaschub. Als ich endlich in der Rheumaklinik gelandet war, konnte ich vor Schmerzen kaum auf meinen Füßen stehen. So ziemlich sämtliche Bänder im Körper hatten sich gelockert, ich war überall bandagiert und hatte das Gefühl, in 1000 Einzelteile auseinander zu fallen. Abgesehen von der HWS war das rechte Knie betroffen. Beim Gehen ist der Unterschenkel einfach zur Seite ausgeschert....
Dort habe ich dann die absoluten Abgründe medizinischer Heilkunst kennen gelernt. Auf dem Überweisungsschein stand dann noch etwas von Hypermobilität. Tatsächlich stand da im Arztbericht, dass eine Hypermobilität nicht beobachtet wurde. Die wussten noch nicht einmal, dass man das nicht sehen kann, sondern testen muss! Im Bericht steht dann auch noch, dass ich mich beschwert hätte, dass sie nix gefunden hätten. Dabei hätten sie mich doch nur aufgenommen, weil ich so einen Leidensdruck veranstaltet hätte. Ohne Worte...
Ich war schon drauf und dran, mir noch in der Klinik das Leben zu nehmen, zumal ich mit hochakut entzündeten ISG entlassen wurde. Die Woche darauf hat mich mein Orthopäde mit einer Cortisonspritze davon erlöst. Seitdem nehme ich auch regelmäßig ein NSAR (Indomethacin) in mittlerer Dosis, bei schweren Fällen auch zeitlich begrenzt in Höchstdosis. Danach habe ich meinen Wunsch nach einem Berufswechsel endgültig aufgegeben und bin einfach in meinem bisherigen Studentenjob als Krankengymnastin geblieben. Sooo wäre ich weder durch eine Einstllungsuntersuchung noch durch eine Probezeit gekommen.
Beide Berichte, den aus der Stoffwechselabteilung sowie den aus der Rheumaklinik, habe nie wieder Ärzten vorgelegt. Von da ab habe ich nie wieder Arztberichte ungelesen weitergeleitet. Zeitweilig habe ich ganz auf ärztliche Behandlung verzichtet, teils habe ich dann eher nebenher und allgemein von Stoffwechselproblemen berichtet.
Im Frühjahr war ich wegen meiner Schilddrüse wieder in der Stoffwechselambulanz. Herablassend wie immer ("Oh wie süß - Miniknötchen!). Da ich krankheitsbedingt inzwischen zugenommen hatte, wurde nebenbei der HbA1 bestimmt. Ergebnis Prädiabetes, hahaha! Hab ich doch schon vor 30 Jahren gesagt!
Das kann ich noch toppen: Beim letzten CT-Befund meines Aneurysma wurden plötzlich völlig andere Daten an völlig anderen Messorten als Vorbefund genannt, den ich so ja nicht vor mir hatte. Als ich Rabbatz gemacht hatte, hiess es, er hätte die vorherigen Bilder nochmal neu vermessen, weil ihm die Angaben seines Vorgängers nicht wissenschaftlich genug gewesen seien. Ich musste ihm erstmal mitteilen, dass er wissenschaftliche Standards und vor allem die Gütekriterien verletzt. Wegen des Kontrastmittels wollte er mich auch vergackeiern. Den Zahn habe ich ihm aber auch gezogen. Ich stehe nicht auf Fakenews...Dennoch gibt es immer wieder eine Steigerung des ganzen, wenn zb. ein 08/15 Radiologe fast die Richitge Diagnose gestellt hat, anstatt die immer wieder gleichen Textbausteine und dann im Nachhhinein den Befundbericht so umschreibt, damit keine Kosten verursacht werden, obwohl er wissen müsste,, dass seine Abänderung schlichtweg, er sich diese aus den Finger gesogen hat.
Ich habe ihm dann auch mitgeteilt, dass ich auf weitere Untersuchungen dort keinen Wert mehr lege. Wie will man denn konkrete Aussagen machen, wenn zwischendurch die Ärzte wechseln und jeder einen anderen Messstandard zugrunde legt? Kann mann sich schenken.
Gruß Jova
Die Sache mit der Hypocalcämie hat dann dieses Jahr auch eine überraschende Wendung genommen.
Im März bin ich mit heftigen Hüftschmerzen gestrandet. 4 Orthopäden, 4 Diagnosen, obwohl sich wirklich alle Zeit und Mühe gegeben hatten. Der eine meinte Hüftarthrose, der andere Leistenbruch. Jedenfalls hat sich mein Ortho tatsächlich ein MRT aus den Rippen geschnitten. Und siehe da: Massive Knochenmarködeme im Scham- und Sitzbein, Ermüdungsfrakturen in beiden Knochen sowie ein heftiges Muskelödem in den Adduktoren.
Das sollte ich per Krankschreibung zu Hause aussitzen. Da ich aber Osteoporose habe, habe ich mich schnellstens in der Spezialambulanz des UKE (Osteologie) gemeldet, wo ich nur wegen der Frakturen noch reingerutscht bin. Die Laborwerte haben einen erhöhten Knochenabbau ergeben, das Kontroll-MRT nur eine geringfügige Besserung. Ich sollte dann einen Antikörper erhalten, der den Knochanabbau hemmt.
3 Tage nach dem MRT hatte ich dann eine Refraktur,die noch schlimmer ausfiel, weil offenbar auch die Gelenkpfanne durch war. Der nächste Orthopäde hat zwar auch geröntgt, aber nix gesehen (diese Schäden sieht man ausschliesslich im MRT).Mein eigener Ortho war stinksauer, dass ich bei den Osteologen war - ich sollte das wie jeder andere Kassenpatient gefälligst kostengünstig aussitzen.
Die Kontrolluntersuchung bei den Osteologen war erschreckend. Der Calciumwert war nur geringfügig erniedrigt, dafür das Parathormon und die alkalische Phosphatase regelrecht explodiert. Ich sollte sofort Calcium substituieren...
Hab ich gemacht und die Werte annähernd wieder in den Normalbereich gebracht. Danach durfte der Antkörper endlich gespritzt werden. Vorher hätte mir das das Licht ausgeblasen - da sind schon Patienten gestorben, weil das Calcium aus dem Blut in den Knochen eingebaut wurde.
Tja, und so hat man mir denn auch meine Hypocalcämie bestätigt, wegen der ich die Woche im Anfallsstatus auf dem Stuhl verbracht habe. Tatsächlich braucht es 30 Jahre, gebrochene Knochen und unzählige Ärzte, bis endlich jemand zum Calcium auch das Parathormon bestimmt, obwohl das schon lange Standard ist.
Grüße vom Oberneurotiker
Mein Pneumologe reisst nur noch die Augen auf, wenn ich die Arztberichte vorlege. Da muss ich nicht mehr kämpfen, gottlob. Der war auch echt fassungslos, dass ich damals Montgomery so eine wirkungsvolle Mail geschrieben hatte.
Aber ehrlich, der Typ ist wirklich korrekt, auch als Funktionärsfuzzi. Er hat eine schöne Website, auf der Patienten auffordert, ihm mitzuteilen, wo was im Gesundheitswesen schief läuft. Das habe ich auch prompt gemacht hinsichtlich seiner eigeen Hausabteilung, und das mit durchschlagenden Erfolg....
Nochwas für Nora:
Bitte achte bei Überweisungen/Einweisungen darauf, dass ja nicht "Ausschluss von..." steht. Die schließen aus, auf Biegen und Brechen, und alternativ kommt dann wieder Stress etc. ins Spiel. Entweder eine schon feste Diagnose oder aber "Verdacht auf..."
Ich sollte im Sommer nochmal ins Krankenhaus, mich wegen meiner Beinödeme "mal durchchecken lassen". Das habe ich rigoros abgelehnt. Ohne gezielte diagnostische Suchvorgaben geht bei mir gar nix. Da kommt bestenfalls eine 0815-Routinepalette, und wenn es keinen Zufallstreffer gibt, bin ich schneller draußen wie drin, und dann bestenfalls mit einer Fehldiagnose.
Es gibt noch eine Möglichkeit, die dir leider verwehrt ist, zumindest aktuell. Es gibt Zentren für Seltene Erkrankungen, an die man von Haus- oder Fachärzten überwiesen werden kann. Die verlangen aber leider, dass man keine psychischen Macken hat. Das habe ich mir erst gar nicht angetan, obwohl ich schon ziemlich Distanz zu den vorherigen Befunden eingelegt habe. Ich will gleich gar nicht auf diesem Gleis balancieren.
Deine gesundheitliche Versorgung ist gelinde gesagt lausig. Ich weiss nicht, wo du lebst und wie deine Versorgungsstrukturen vor Ort sind. Ich habe in Hamburg einfach rigoros die Ärzte gewechselt, bis es einigermaßen passte. Das ist bei Hausärzten jetzt fast nicht mehr möglich, weil überall Aufnahmestopp ist. Auf alle Fälle hast du Anspruch aber auf hauswirtschaftliche Versorgung, da du ja nicht selbst Einkaufen und Kochen kannst, vom Putzen abgesehen. Eine 70jährige Mutter darf da nicht als Alibi gelten. Zumindest sollte diese auch finanziell entschädigt werden, wenn sie dir entsprechend hilft.
Du hast Anspruch auf Hilfsmittel wie einen Badewannensitz, Duschhocker oder auch Rollator, was der Arzt nur verordnen muss. Auch kannst du dich um einen Schwerbehindertenausweis bemühen, da es ja doch längere Zeit dauern dürfte, bis du wieder einigermaßen fit bist. Damit kannst du Rundfunkgebühren sparen, Fahrtkosten im ÖPNV etc. Infos dazu findest du schon im Rheumaforum. Oder aber im Webauftritt deiner Behörden vor Ort.
So, das war jetzt das Wichtigste auf die Schnelle. Frag gerne nach, wenn du mehr wissen möchtest.
Grüße Jova