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Gruß von der Seenixe
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Physiotherapie mit dem Roboter
Viele Unfallopfer werden von einem Schleudertrauma geplagt. Hightech-Geräte sollen nun Diagnose und Therapie verbessern
Unfallopfer mit Schleudertrauma gelten häufig als Simulanten. Martin Elbel von der Uniklinik Ulm erklärt, warum: "Bei 96 Prozent der Patienten sind auf Röntgenbildern oder Kernspinaufnahmen keine Verletzungen der Wirbelsäule oder der Halsmuskeln zu sehen." Trotzdem leiden die Betroffenen oft jahrelang an quälenden Kopf- und Nackenschmerzen, weil zum Beispiel bei einem Auffahrunfall die Wirbelsäule plötzlich überstreckt wurde und sich die Nackenmuskeln danach dauerhaft verspannen. Manche Patienten werden sogar berufsunfähig. Ohne erkennbare Ursache für die Schmerzen sei der Streit mit der Rentenversicherung oft programmiert, sagt Elbel. Seine neue Untersuchungsmethode soll nun die bisher unsichtbaren Verspannungen an den Halsmuskeln aufspüren. Entwickelt hat Elbel das Verfahren zusammen mit seinen Kollegen von der Ulmer Uniklinik und mit Forschern des Darmstädter Fraunhofer Instituts für graphische Datenverarbeitung (IGD). Die Ärzte untersuchen ein Muskelpaar an der Halswirbelsäule. Bei Gesunden steuert es Nicken oder Kopfschütteln, ähnlich wie Bizeps und Trizeps den Arm beugen und strecken. Anders nach einem Schleudertrauma: Intuitiv versuchen die Betroffenen, den Hals still zu halten, um ihn zu schonen. Dadurch wird die Teamarbeit des Muskelpaares gestört. Den Unterschied zwischen gesundem und krankem Muskelspiel können die Ulmer Mediziner neuerdings feststellen - und zwar mittels haarfeiner Elektroden, die in den Muskeln die Aktivität messen. Um die Messergebnisse mit denen von Gesunden vergleichen zu können, müssen die Patienten sehr kontrollierte Kopfbewegungen machen. Mithilfe einer Brille, die statt Gläsern Bildschirme hat, werden die Versuchspersonen in eine virtuelle Realität versetzt. Die Monitore zeigen eine simulierte Erdkugel, die auf einer programmierten Bahn durch das Weltall fliegt. Die Patienten müssen den Kopf so bewegen, dass ihre Blicke immer auf den virtuellen Globus gerichtet bleiben.
"Die Monitore sind sehr nah an den Augen", sagt Uli Bockholt vom IGD. Der Patient schaut daher wie durch einen Tunnel auf den Planeten. "Wenn er die Augen bewegt, verliert er die Erdkugel sofort aus dem Blick", erklärt der Mathematiker. Der Proband sei deshalb gezwungen, seinen Kopf zu drehen - und zwar genau so wie der Erdball es vorgibt. An mehr als 400 Personen haben die Ulmer Mediziner das neue Verfahren bereits getestet, abgeschlossen ist ihre Versuchsreihe noch nicht. Doch schon jetzt kann Elbel sagen: "Die Methode ist sehr treffsicher." Hightech soll aber künftig nicht nur helfen, das Schleudertrauma zu diagnostizieren, Elbel und seine Kollegen wollen die Patienten auch mit modernen Geräten behandeln. Ein sechsarmiger Roboter könnte in Zukunft die Halsmuskeln nach einem Schleudertrauma trainieren. Entwickelt haben die Ulmer Ärzte den Roboter zusammen mit dem IGD und der Firma Polydimensions aus Bickenbach bei Darmstadt. Die Experten hoffen, die Beschwerden von Patienten lindern zu können, indem sie die betroffenen Halsmuskeln gezielt stärken. Elbel: "Die Muskeln sind bei einem chronischen Schleudertrauma geschwächt, weil sie lange Zeit nicht aktiv waren." Die Roboterarme können jede Art von Kopfbewegung begleiten. Zunächst messen sie die Kraft, die der Patient für bestimmte Kopfbewegungen aufwendet. Dabei gilt: Je weiter ein Mensch den Kopf dreht, desto schwerer fällt es ihm, einen Gegendruck zu überwinden. Im zweiten Schritt setzen die Roboterarme jeder Kopfbewegung ein Fünftel der zuvor gemessenen Kraft entgegen, um die Muskeln gezielt zu trainieren. Mit traditionellen Trainingsmethoden lässt sich der Widerstand nicht so fein dosieren. Manche Physiotherapeuten verwenden elastische Bänder (Therabänder), um das Schleudertrauma zu behandeln. Der Nachteil: Ihr Gegendruck ist bei kleinen Kopfbewegungen besonders gering. Doch gerade dann, wenn der Patient den Kopf nur wenig neigt oder dreht, haben die Muskeln die meiste Kraft. Um einen Trainingseffekt zu erzielen, müsse der Widerstand in dieser Position am größten sein, sagt Bockholt. Eine noch unveröffentlichte Studie mit 30 gesunden Testpersonen zeigt die Unterschiede zwischen den Methoden auf. Zwölf Wochen lang, dreimal pro Woche übten die Probanden. Das Muskelvolumen wuchs mit dem Roboter fünfmal so stark wie beim Therabandtraining und die Kraft der Muskeln steigerte sich doppelt so stark wie mit dem Latexband.Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten, hält es zwar für möglich, dass der Trainingsroboter die Therapie des Schleudertraumas verbessern kann. Sie bezweifelt aber, dass die Maschine den Physiotherapeuten ersetzen wird: "Das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen dürfte ungünstig sein." Trotzdem wollen die Ulmer Ärzte ihren Roboter jetzt in einer Studie mit Schleudertrauma-Patienten testen. Selbst wenn sich dabei herausstellen sollte, dass er Unfallopfern nicht hilft, sehen die Wissenschaftler einen Bedarf für ihr Gerät. "Formel-1- und Düsenjäger-Piloten könnten damit ihre Halsmuskeln trainieren", sagt Bockholt. Die Hälse der Piloten müssen nämlich viel aushalten. Ein Muskeltraining könne drohenden Nackenschmerzen vorbeugen, sagen Experten. Bockholt: "Bislang gab es aber keine dafür geeigneten Trainingsgeräte."
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Gruß von der Seenixe