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Hilfe gesucht, Panikattacken nach Unfall

191lm

Neues Mitglied
Registriert seit
28 Apr. 2020
Beiträge
2
Guten Tag erst mal.
Vor einem Monat, 27.03.2020, hatte ich meinen Autounfall. Ich war morgens auf dem Weg zur Arbeit, als mir auf der Landstraße mit ca 80kmh ein Auto frontal in meins rein gefahren ist. Wie der andere Fahrer in den Gegenverkehr gekommen ist, ist unklar, könnte aber auf sein hohes Alter zurückzuführen sein (84). Ich habe noch versucht zu bremsen, konnte den Unfall aber nicht abwenden. Auch sollte man dazu sagen, dass ich meinen Führerschein erst einen Monat vor dem Unfall bekommen habe.
Leider kann ich mich noch sehr gut an jedes Unfall Detail erinnern, ich wurde zu keiner Zeit ohnmächtig o.ä., ich konnte genau sehen, wie das Auto auf mich zugerast kam. Ich selbst konnte über die Beifahrerseite aus meinem Auto klettern und habe auch noch selbst den Notruf gewählt und nach dem Fahrer des anderen Autos gesehen. Er war nämlich bewusstlos und im fahrzeug eingeklemmt.
Ich selbst habe neben sämtlichen Prellungen, Platzwunden und schleudertrauma einen Riss in der Lunge, der zu einem Pneumothorax geführt hat bekommen. Leider ist das abheilen komplizierter verlaufen als gedacht. Da ich sehr jung und gesund bin, ist man davon ausgegangen, das dieser von alleine verheilt. Leider zeigte sich nach 3 Tagen um Krankenhaus statt Besserung nur schlechterung. Mir wurde eine Lungendrainage gelegt, leider hat diese beim ersten Mal nicht gesessen, also wurde sie einige Stunde später neu gelegt. Am nächsten Tag wurde festgestellt, dass wieder etwas nicht stimmte. Die drainage wurde ein drittes Mal neu gelegt. Nach einer Woche in diesem Krankenhaus wurde ich in eine Thoraxklinik verlegt, denn trotz drainage zeigte sich keine Besserung. In der thoraxklinik wurde mit einem anderen drainagesystem noch ein Mal versucht die Lunge zu richten. Drei Tage später stellte sich das aber auch als Erfolglos raus. Ich wurde unter Vollnarkose operiert, meine Lunge wurde verklebt und einige Tage darauf wurde ich nach 2 Wochen Krankenhaus Aufenthalt entlassen.
Durch die momentane Corona Situation durfte ich in dieser Zeit niemanden sehen, nicht mal meine Eltern (bei denen ich noch lebe) nach dem Unfall.
Ich denke die Tatsache, dass ich in dem komplizieren Verlauf und nach dem ganzen Unfall nicht ein einziges Mal mit einer bezugsperson sprechen durfte, mich trösten lassen durfte oder die Möglichkeit hatte mit jemandem über den Unfall zu sprechen, hat mein Problem nur noch mehr verstärkt.
Schon auf der Fahrt nachhause (ich selbst nur Beifahrer) hatte ich eine Panikattacke.
Seit ich wieder zuhause bin versuche ich mit meinem neuen Auto jeden Tag eine kleine Strecke (immer mit meiner Mutter zusammen) zu fahren. Gestern schwenkte ein Entgegenkommendes auto (ca 300m entfernt) leicht auf meine Spur. Das habe ich absolut nicht wegstecken können. Ich habe sofort angefangen zu zittern, zu schwitzen, zu hyperventilieren und zu weinen. Ich habe mich sofort wieder zurück in den Unfall versetzt gefühlt, und bin das letzte Stück über die Landstraße nur durch gut zureden meiner Mutter noch mit 40 km/h bis in den nächsten Ort gefahren, und dort auf einem Parkplatz erst mal zusammengebrochen. Als ich mich wieder beruhigt hatte, habe ich versucht den Weg wieder zurück nachhause zu fahren. Aber keine Chance. Ich bin auf der Landstraße in einem Feldweg gefahren um dort mit meiner Mutter zu tauschen. Selbst als Beifahrer hatte ich so extreme Panik, dass ich lieber nachhause gelaufen wäre.
Durch die corona Situation habe ich keine Möglichkeit mich grade in therapie zu begeben (bis zu 6 Monate Wartezeit) und auch von der Versicherung habe ich noch keinen Cent gesehen (obwohl es außer Frage steht, dass ich keine Schuld am Unfall trage).
aber nächster Woche möchte ich wieder arbeiten gehen, auch wenn meine Fahrt dahin an der Unfallstelle vorbei führt. Für das arbeiten fühle ich mich definitiv wieder fit. Aber für den Weg dahin absolut nicht. Ich werde vorerst mit dem Bus fahren, aber auch der Gedanke daran, an meiner Unfallstelle entlang zu fahren, bringt mich um den Verstand. Desweiteren leide ich an Alpträumen, jedes Mal ein Autounfall in allen möglichen Formen.
Vielleicht kennt sich jemand aus, bei dem das Ereignis weiter zurück liegt und der die Probleme die ich habe, vielleicht überwunden hat. Ich würde mich sehr über Hilfe freuen.
 
Hallo 191lm,

das mit der Panikattacke ist normal, da das Unfallereignis in Deiner Psyche einen Riss hinterlassen hat. Das sollte ein Psychotherapeut behandeln.

Ich habe schon einige derartige Unfälle untersucht, wobei es den anderen Geschädigten ähnlich, wie Dir erging. Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Du wieder ein normales Leben führen kannst. Immerhin kannst Du wieder arbeiten gehen, was bei der Unfallkonstellation nicht selbstverständlich ist. Sei dafür dankbar Dir selbst gegenüber.

Herzliche Grüße vom RekoBär .-)
 
Hallo 191lm

das mit dem immer wieder Durchmachen, nachts aufschrecken, in ähnlichen Situationen in Ausnahmezustand zu geraten ist für viele hier im Forum sehr bekannt. Körper, Geist und Seele sind verletzt, die Körperwunden heilen nach und nach und es ist toll, dass du dich schon nach so kurzer Zeit fit fühlst einen Arbeitsversuch zu starten.

Erwarte nicht zu viel von dir, na klar möchte man so schnell wie möglich z u r ü c k. Aber mach dir bewußt, das gibt es nicht, Uhren drehen nicht rückwärts. Es ist nur ein Schritt nach vorne in ein verändertes Leben. Es wird jeder Tag zu einem Probier- und Versuchsfeld: was tut mir gut, was wirft mich zurück, was wird wieder zur Selbstverständlichkeit, woran knabbert der Geist noch ständig herum und wie fühlt sich die Seele dabei an.

Dieses Probieren in kleinen Schritten - erstmal mit Begleitung Auto fahren - erstmal öffentliche Verkehrsmitteln nutzen usw. sind genau richtig. Je häufiger du jetzt diese Stelle, diesen Platz unbeschadet passieren kannst, desto mehr wird er mit gut gegangenen Momenten verglichen und so kann diese Einmalstellung diese Höhen sich im Vergleich abmildern.

Für diese Moment an dieser unglückseeligen Stelle, kannst du dir z.B. beim Passieren im Bus ein Bild, ein Spruch, ein Gedicht, einen Glücksstein in die Hand usw. nehmen. Du hattest Glück, riesen Glück, du hast überlebt. Das war ein schrecklicher Moment, dem man selbst seinem ärgsten Feind nicht wünscht, aber du stehst auf zwei Beinen, du hast das Krankenhaus trotz Schwierigkeiten verlassen können, du bist soweit, dass du schon über den Versuch Arbeiten zu können entscheiden kannst usw. Auch wenn es unterirdisch klingt, rede innerlich mit dir an dieser Stelle; hundert Mal ich hatte Glück, ich habe überlebt, mir geht es heute viel besser und das immer und immer wieder.

Buddhisten haben ihr Mantra, Katholiken ihren Rosenkranz, Gläubige andere Gebete, das sind alles bewußt eingesetzte Fokussierungen, um schlechte Gedanken nicht zu zulassen. Eines ist wichtig: Gedanken machen Gefühle und Gefühle wieder Gedanken. Diese Psychohygiene, die man selber ohne Hilfe anderer anwenden kann, ist für die Zeit der Unsicherheit eine Krücke und können einem selber eine Stütze sein. Da klingt vielleicht albern, oder andere meinen man kann sich ja alles schön reden. Aber die erlebten Momente, die in Bildern gefangen sind lösen Gedankenkaskaden aus und mit diesen bewußten Unterbrechungen mit diesen kleinen Sprachformeln, die man laut oder leise ständig wiederholt, hat das Hirn weniger Zeit für die Kaskaden. Unser menschliches Hirn ist recht eindimensional man kann halt nur eins nach dem anderen, niemals zwei Gedanken gleichzeitig sondern immer hintereinander. Mit diesem kleinen Trick der ständigen Wiederholung kleiner positiver Sätze, blockierst du die negativer Gedankenkaskade. Das klappt nicht immer, ist aber ein gangbarer Weg.

Falls diese Panikmomente stärker werden und deinen Alltag in den Griff nehmen, lass dir professionell helfen. Bei Zahnschmerzen geht man auch zum Zahnarzt, bei Gedankenschmerzen zum Psychologen/Psychotherapeuten. Dort kannst du Techniken einüben, wie du mit solch Ausnahmemomenten Panikattacken umgehen kannst, und welche von den vielen, die man als Laie gar nicht kennen kann, dir zum Werkzeug werden können. Das ist eine Chance die Gefühle des ohnmächtigen Aushalten müssens und großer Verzweiflung besser zu händeln. Akute Panikattacken sind bei solchen Erfahrungen verständlich und nachvollziehbar. Aber du bist nicht alleine, du bist nicht machtlos ausgeliefert, du kannst selber Wege finden, dir zu helfen, wenn nicht dir helfen lassen.

Alles Gute
Teddy
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

Du hattest einen Unfall auf dem Weg zur Arbeit. Da ist dann die BG zuständig. Ist da schon alles in die Wege geleitet?
Frage bei Deiner BG an und lasse Dir einen Psychotherapeuten durch sie vermitteln. Es ist eigentlich sehr wichtig ein solches Trauma schnellstmöglich zu bearbeiten und deshalb jede Hilfe, die Du bekommen kannst.

Gruß von der Seenixe
 
Hallo, als aus eigener Erfahrung Betroffene, kann ich den Anmerkungen und Empfehlungen von Teddy und Seenixe nur zustimmen.
Unbedingt der Berufsgenossenschaft Besheid geben.
Dur sollteste auch zeitnah von einem sog. D-Arzt/In untersucht werden.
Ich kann mir nicht vorstellen,d ass dies nicht möglich ist.
Und auch psychotraumatologisch - alles über BG!
Schildere Deine Symptome, halte Dich bei der Schilderung nicht zurück.
Es sind NORMALE SYMPTOME auf ein unnormale schlimmes Erlebnis!
Glaub an Dich.
Viel Glück
Lizzy

PS ICh hoffe, Du hast im Krankenhaus angegeben, dass es auf dem Weg zu Arbeit passiert ist?
Dann informieren die normalerweise direkt die BG.
Wenn nicht, dann BG unbedingt einschalten.
Hattest Du die psychischen Probleme schon im Krankenhaus und das dem Personal dort gesagt?
Hast Du dort erste psychologische Hilfe erhalten?
Jedenfalls: Die BG kann das organisieren und wird es bezahlen. Diagnostik und Behandlung des Traumas.
Ob sie das bei einem Neupatienten auch per Video machen, weiß ich nicht.
Wenn medizinisch nötig, genehmigen Sie, dass Du mit Taxi zur Behandlung fährst. (Die Epidemie ist aber wahrscheinlich kein Grund,aber vielleicht has tDu doch glück)
toitoitoi
 
Hallo191lm, willkommen im Forum.

Wenn du einen Psychotherapeuten suchst, achte die Therapieform (oder wie das richtig heißen mag).
Verhaltenstherapie ist am geeignetsten.
Tiefenpsychologie eher nicht. Lass dir nix aus der Nase ziehen, was deine Kindheit und all das betrifft, was mit dem Unfall nichts zu tun hat.
Ich kannte mich nicht aus mit den verschiedenen Richtungen der Psychotherapie, letztlich hat mir der Tipp auf „Verhaltenstherapie“ zu achten, am ehesten geholfen.

LG
 
Hallo,
Ja gleich als ich ins Krankenhaus kam ist alles an die BG geleitet worden. Habe bereits eine genaue unfallschilderung an die bg schicken müssen und wurde nach Stationärer Behandlung von bg-ärzten weiter behandelt. Psychotherapie habe ich bereits angefragt, da wurde ich direkt auf die langen Wartezeiten hingewiesen, werde es aber trotzdem versuchen. Dankeschön :)
 
Hast du die BG gefragt wegen Psychotherapie. Die können direkt jemand vermitteln beauftragen. Das hat bei meinem Sohn geklappt Schildere Symptome um Dringlichkeit zu zeigen.

Hallo191lm, willkommen im Forum.

Wenn du einen Psychotherapeuten suchst, achte die Therapieform (oder wie das richtig heißen mag).
Verhaltenstherapie ist am geeignetsten.
Tiefenpsychologie eher nicht. Lass dir nix aus der Nase ziehen, was deine Kindheit und all das betrifft, was mit dem Unfall nichts zu tun hat.
Ich kannte mich nicht aus mit den verschiedenen Richtungen der Psychotherapie, letztlich hat mir der Tipp auf „Verhaltenstherapie“ zu achten, am ehesten geholfen.

LG
Genau! Und Traumatherapie. Ich kann EMDR empfehlen
 
Hallo

Ich (!) würde keinen Psychotherapeuten wählen, den die BG (evtl.) vorschlägt.

Wenn du bei den kassenärztlichen (Verhaltens)Therapeuten keinen findest, dann musst du das dokumentieren: Notiz des Datums und der Zeit des Telefonats, in dem ein Therapeut sagt, er hat keine Termine frei, oder schriftliche Ablehnung eines Therapeuten aus Zeitgründen.
Wenn du eine bestimmte Anzahl dieser Nachweise hast, ich glaube, es werden 5 benötigt (frag nach), dann ist erlaubt, einen privatärztlichen Therapeuten zu wählen.

LG
 
Bei einem einmaligen Trauma ist EMDR das Mittel der Wahl, es kann signifikant die Nachwirkungen mindern. Es gibt ambulant arbeitende Therapeuten, die dies anbieten, und es wird auch von der Krankenkasse bezahlt. Alternativ dazu könntest du stationär in der Alexianerklinik in Krefeld in der Traumaabteilung von Professor Bering vorstellig werden wegen der Behandlung. Mach nicht einfach irgendeine Form der Therapie, sondern eine Traumatherapie, bitte.
 
Hallo Meli

ich finde schwierig, aus der Ferne heraus und ohne genaue (Fach)Kenntnis zu sagen, EMDR sei der richtige Weg bzw Mittal der Wahl.
Es ist toll, wenn EMDR dich vorwärts gebracht hat und es hilft vielen und es ist ein Erfolg, dass es inzw. kassenärztlich abgerechnet werden kann.
Dennoch hilft nicht in jeden Situationen EMDR.

Bei der Wahl des (Verhaltens!)Therapeuten auf EMDR-Angebot zu achten, würde ich als Tipp sehen.

LG
 
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