Grüß Euch alle,
die ihr um Haushaltsführungsschäden kämpft!
01
In diesem Artikel geht es um den Stundensatz für Haushaltsführungsschäden: Wer wegen eines Unfalles, den ein anderer verschuldet hat, seinen eigenen Haushalt nicht mehr (so) versorgen kann wie vor dem Unfall, der hat regelmäßig einen sogenannten Haushaltsführung Schaden. In den meisten Fällen wird er "auf fiktiver Basis“abgerechnet. Das ist dann, wenn der Geschädigte keine Haushaltshilfe anstellt. Tut er das nicht, bekommt er das Netto einer (fiktiven) Haushaltshilfe, die er eigentlich gebraucht hätte.
02
Dabei wird häufig der Fehler gemacht:
(a)
Man schätzt, wie viel Stunden/Woche ausfallen oder durch Mehrarbeit innerhalb der Familie aufgefangen werden.
(b)
Dann schätzt man, was eine Haushaltshilfe netto pro Stunde bekommt.
(c)
Man multipliziert die Zahl der Stunden/Woche mit dem Nettostundensatz, schon hat man den Nettobetrag pro Woche. Nimmt man das „mal 52", so hat man den Schaden pro Jahr.
So machen es fast alle. Nur ist es falsch. Es ist eine Milchmädchenrechnung.
03
Das Landgericht Köln bestellte sich einen Sachverständigen.
Der kam (für das Jahr 2019) auf 15,25 €.für das Jahr 2015 hatte er noch 13,85 € errechnet. Vergleicht man das mit den häufig gewählten Netto Stundensätzen zwischen 8,00 € und 10,00 €, selten auch einmal 12,00 €, wird die 15,25 € netto pro Stunde saftig.
Das Landgericht Köln ist seinem Gutachten trotzdem gefolgt:
Der Sachverständige sagte nämlich:
(a)
- Wer Vollzeit arbeitet, bekommt den Vollzeit-Lohn. Nehmen wir an, er bekommt jede Stunde 10,00 €. Nehmen wir einmal an, 39 Stunden pro Woche entspricht einer Vollzeitstelle. Arbeitet jetzt dieser Arbeitnehmer im Jahr 52 Wochen je 39 Std. (= 2028,00 Stunden im Jahr)?
(b)
Nein. Der Arbeitnehmer hatte auch Urlaub. Da bekommt der Geld, den Urlaub wird in Deutschland bezahlt, weil das im Bundesurlaubsgesetz steht. Aber wer im Urlaub ist, der arbeitet nicht. Der bekommt also Nettostunden bezahlt, die er nicht arbeitet. Auch diese Haushaltskraft wird einmal krank sein ("Schnupfen, Husten, Heiterkeit"), da es Lohnfortzahlung (auch im Minijob) im Übrigen: An Feiertagen wird gefeiert, nicht gearbeitet, trotzdem: Feiertage werden bezahlt. Der Sachverständige fand heraus: Wer Vollzeit berufstätig ist, der arbeitet nicht die oben ausgerichteten 2028 Stunden im Jahr, sondern nur etwa 1650 Stunden im Jahr. Nimmt man als an, dass ein Nettolohn 10,00 € netto pro Stunde ist, dann verdient so eine Kraft im Jahr netto 20.280,00 €. Das sind für jede Stunde, die dieser Arbeitnehmer wirklich arbeitet, 12,29 €. Der Sachverständige fand: ein Ausfall an Arbeit kann nur durch Leistung von Arbeit ersetzt werden. Sie kann nicht dadurch ersetzt werden, dass nur kassiert wird, aber nicht gearbeitet wird.
(c)
Damit nicht genug. Wenn der Unfallverletzte nicht mehr in Urlaub fahren kann, was macht in den 4 Wochen gesetzlichen Mindesturlaubs seiner fiktiven Haushaltshilfe? Er steht dumm da! Er braucht eine Urlaubsvertretung, während seine fiktive Haushaltskraft in Mallorca am Strand liegt. Es ist nur so, auch diese Urlaubsvertretung wird Geld haben wollen.
Der durchschnittliche Arbeitnehmer hat nicht die 4 Wochen Mindesturlaub im Jahr, sondern 6 Wochen Urlaub. Es kann ja sein, dass der Unfallverletzte seinerseits noch in Urlaub fahren kann, dass auch tut und dass es ihm gelingt, sich mit seinem fiktive Arbeitnehmer abzustimmen. Nur: fährt der durchschnittliche deutsche 4 Wochen im Jahr in Urlaub? Oder gar 6 Wochen in Urlaub? Nein: Das ist deutlich weniger. Aber selbst dann, wenn nur eine Lücke von 3 Wochen übrig bleibt, für die eine Vertretung bezahlt werden muss: 3 Wochen entspricht ungefähr 5,8 % des Jahres. Um die Urlaubsvertretung auch nur für 3 Wochen zu finanzieren, müssten 5,8 % „Umlage“ für die Urlaubsvertretung auf den Stundensatz aufgeschlagen werden.
So werden aus den (ursprünglich) 10,00 € inzwischen 13,00 € pro ausgefallener Stunde.
(d)
Dann hat der Sachverständige sich noch folgendes überlegt: Am Wochenende oder an Feiertagen muss man nicht Wäsche waschen. Mag sein. Aber:
(da)
Ein Teil der Erziehungsarbeit läuft am Wochenende und an Feiertagen, und zwar ehe überdurchschnittlich viel. Denn da sind die Kids nicht in der Schule oder im Kindergarten aufgeräumt. Dann muss man sich schon selbst bespaßen!
(db)
Übrigens fand der Sachverständige auch, dass sich der Sonntagsbraten nicht von selbst macht. Das dürfte auch stimmen. Man kann aber den Braten für den Sonntag nicht irgendwann unter der Woche machen – sonst gibt es am Sonntag bestenfalls kalten Braten: mit kalten Kartoffelbrei. Also gibt es auch am Sonntag Haushaltsarbeit.
Also schön: Da wird also auch Haushaltshilfe womöglich am Wochenende oder an Feiertagen notwendig sein. Nur, wer arbeitet da ohne einen tüchtigen Zuschlag? Das machte nur wenige %e aus, obwohl die geschädigte Person Kinder hatte (sie hat auch unter der Zeit neuen Nachwuchs bekommen). "Null" war auch das nicht. Sagen wir jetzt vereinfacht, was das noch einmal 3 % Zuschlag ausmacht, so im Durchschnitt der Haushalte, dann sind wir jetzt bei 13,39 € pro Stunde angelangt.
Was sind dann die 10,00 € pro Stunde netto? Antwort: Eine Milchmädchenrechnung!
04
Die Annahme, ein „Basislohn“ von 10,00 € netto, die stammt von mir. Diesen Basis-Lohn habe ich jetzt gewählt gewählt, damit man deutlicher sieht, wie groß die Fehler sind, wenn man die übliche Milchmädchenrechnung macht.
Der Sachverständige hatte eine etwas höhere Basis, weil der Haushalt im Großraum Köln war in einem städtischen Gebiet. Es muss auch berücksichtigt werden, dass in dem Haushalt zeitweise mehrere kleine Kinder waren, für Kinderbetreuung muss man schon etwas mehr auf den Tisch legen. Aber schon bei der Berechnung der Ausgangsbasis zeigte sich, dass es mit 8,00 € als Ausgangsbasis nicht mehr geht. Der Sachverständige hatte im statistischen Bundesamt aussagekräftige Zahlen gefunden.
05
Der Haushalt, um den es ging, lag im urbanen Bereich des Oberlandesgerichts Köln. In Städten wird mehr bezahlt als auf dem flachen Land. Eine größere Rolle spielt hier auch, dass in dem Haushalt durchgehend kleine Kinder und Schulkinder zu versorgen waren. – damit sind die 15,25 € durchaus ein hier hoher Stundensatz, verglichen mit dem Durchschnitt. Aber selbst dann, wenn man 15 % abzieht, weil man solche Faktoren im konkreten Haushalt bei Dir nicht hat: dann legt man immer noch in der Nähe von 13,00 €.
06
Beachtlich ist auch: Gerichte schätzen Stundensätzen gerne dadurch, indem sie sich auf ältere Entscheidungen berufen, ohne die Lohnentwicklung zu beachten. Das Urteil zeigt, dass das schon eine ärgerliche Fehlerquelle ist:
Das Urteil zeigt nämlich auch eine Lohnentwicklung. Dort entschiedene Zeitraum war nämlich sehr lang. Die 15,25 € pro ausgefallener beziehen sich auf das Jahr 2019. Der Wert für das Jahr 2012 (also 7 Jahre rückwärts) war noch 12,99 €. In 7 Jahren ein Plus von 17,4 %.
Das sollte sich einmal das OLG München sehr zu Herzen nehmen: Dort urteilt man nämlich ohne Rücksicht auf die zwischenzeitliche Lohnentwicklung immer noch mit 8,50 € pro Stunde: Das macht das Oberlandesgericht München seit dem Jahr 2005 so. 15 Jahre ohne Lohnanpassung. Das kann gar nicht stimmen.
07
Das Landgericht Köln hat nach dem Eingang des Gutachtens den Sachverständigen ins Gericht bestellt, damit er sein Gutachten erläutern möge. Und, damit die Parteien dazu auch Fragen stellen könne.
Das Gericht sah "besonders fundierte Spezialkenntnisse der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Schätzung von Haushaltsführungsschäden", er habe seine Feststellung in der mündlichen Verhandlung überzeugend und nachvollziehbar zu erläutern vermocht und hierbei alle an ihn gerichteten Rückfragen erschöpfend und präzise beantworten können"- so steht es im Urteil. Und es folgte dem Gutachten.
06
Das Urteil des Landgerichts Köln stammt vom 22.12.2020 und hat das Aktenzeichen 3 O 224/16. Druckfrisch!
07
Es gibt übrigens eine ähnliche Entscheidung, die schon früher einmal ganz ähnliche Kalkulationsschritte gegangen ist, weil dort ein Geschädigter ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten erholen ließ. Das war das Urteil des Landgerichtes Bamberg 2 O 173/88 vom 06.02.2008.
Dort ist es zwar um Assistenz für einen schwer Unfallverletzten gegangen, also um Hilfe dazu, dass er überhaupt in seinem Haushalt leben kann. Aber die Grundgedanken sind selbstverständlich die gleichen. Denn es ist egal, wo man hinschaut, auch in der Pflege gibt es viele Stunden, die werden zwar bezahlt – in denen wird aber nicht gearbeitet. Denn auch im Pflegeberuf gibt es Urlaub!
08
Nun kann ja jeder sagen: "Och... Das ist ja nur das Urteil eines Landgerichts", das stimmt.
Wenn man sich die Grundlagen ansieht: Was soll denn an dem Gutachten falsch sein? Urlaub gibt es eben, und Urlaubsvertretungen kosten Geld, und Wochenendarbeit kostet halt eben Zuschlag.
Das Landgericht Köln hat den Sachverständigen zur Erläuterung des Gutachtens in eine Verhandlung geladen. Es war anscheinend beeindruckt, dass er bei der Befragung auf alle Rückfragen „erschöpfend und präzise beantworten konnte", die Feststellungen habe er "überzeugend und nachvollziehbar zu erläutern vermocht".
Es wird recht spannend sein, zu sehen, welchen Einfluss dieses Urteil auf die weitere Rechtsprechung hat.
ISLÄNDER
die ihr um Haushaltsführungsschäden kämpft!
01
In diesem Artikel geht es um den Stundensatz für Haushaltsführungsschäden: Wer wegen eines Unfalles, den ein anderer verschuldet hat, seinen eigenen Haushalt nicht mehr (so) versorgen kann wie vor dem Unfall, der hat regelmäßig einen sogenannten Haushaltsführung Schaden. In den meisten Fällen wird er "auf fiktiver Basis“abgerechnet. Das ist dann, wenn der Geschädigte keine Haushaltshilfe anstellt. Tut er das nicht, bekommt er das Netto einer (fiktiven) Haushaltshilfe, die er eigentlich gebraucht hätte.
02
Dabei wird häufig der Fehler gemacht:
(a)
Man schätzt, wie viel Stunden/Woche ausfallen oder durch Mehrarbeit innerhalb der Familie aufgefangen werden.
(b)
Dann schätzt man, was eine Haushaltshilfe netto pro Stunde bekommt.
(c)
Man multipliziert die Zahl der Stunden/Woche mit dem Nettostundensatz, schon hat man den Nettobetrag pro Woche. Nimmt man das „mal 52", so hat man den Schaden pro Jahr.
So machen es fast alle. Nur ist es falsch. Es ist eine Milchmädchenrechnung.
03
Das Landgericht Köln bestellte sich einen Sachverständigen.
Der kam (für das Jahr 2019) auf 15,25 €.für das Jahr 2015 hatte er noch 13,85 € errechnet. Vergleicht man das mit den häufig gewählten Netto Stundensätzen zwischen 8,00 € und 10,00 €, selten auch einmal 12,00 €, wird die 15,25 € netto pro Stunde saftig.
Das Landgericht Köln ist seinem Gutachten trotzdem gefolgt:
Der Sachverständige sagte nämlich:
(a)
- Wer Vollzeit arbeitet, bekommt den Vollzeit-Lohn. Nehmen wir an, er bekommt jede Stunde 10,00 €. Nehmen wir einmal an, 39 Stunden pro Woche entspricht einer Vollzeitstelle. Arbeitet jetzt dieser Arbeitnehmer im Jahr 52 Wochen je 39 Std. (= 2028,00 Stunden im Jahr)?
(b)
Nein. Der Arbeitnehmer hatte auch Urlaub. Da bekommt der Geld, den Urlaub wird in Deutschland bezahlt, weil das im Bundesurlaubsgesetz steht. Aber wer im Urlaub ist, der arbeitet nicht. Der bekommt also Nettostunden bezahlt, die er nicht arbeitet. Auch diese Haushaltskraft wird einmal krank sein ("Schnupfen, Husten, Heiterkeit"), da es Lohnfortzahlung (auch im Minijob) im Übrigen: An Feiertagen wird gefeiert, nicht gearbeitet, trotzdem: Feiertage werden bezahlt. Der Sachverständige fand heraus: Wer Vollzeit berufstätig ist, der arbeitet nicht die oben ausgerichteten 2028 Stunden im Jahr, sondern nur etwa 1650 Stunden im Jahr. Nimmt man als an, dass ein Nettolohn 10,00 € netto pro Stunde ist, dann verdient so eine Kraft im Jahr netto 20.280,00 €. Das sind für jede Stunde, die dieser Arbeitnehmer wirklich arbeitet, 12,29 €. Der Sachverständige fand: ein Ausfall an Arbeit kann nur durch Leistung von Arbeit ersetzt werden. Sie kann nicht dadurch ersetzt werden, dass nur kassiert wird, aber nicht gearbeitet wird.
(c)
Damit nicht genug. Wenn der Unfallverletzte nicht mehr in Urlaub fahren kann, was macht in den 4 Wochen gesetzlichen Mindesturlaubs seiner fiktiven Haushaltshilfe? Er steht dumm da! Er braucht eine Urlaubsvertretung, während seine fiktive Haushaltskraft in Mallorca am Strand liegt. Es ist nur so, auch diese Urlaubsvertretung wird Geld haben wollen.
Der durchschnittliche Arbeitnehmer hat nicht die 4 Wochen Mindesturlaub im Jahr, sondern 6 Wochen Urlaub. Es kann ja sein, dass der Unfallverletzte seinerseits noch in Urlaub fahren kann, dass auch tut und dass es ihm gelingt, sich mit seinem fiktive Arbeitnehmer abzustimmen. Nur: fährt der durchschnittliche deutsche 4 Wochen im Jahr in Urlaub? Oder gar 6 Wochen in Urlaub? Nein: Das ist deutlich weniger. Aber selbst dann, wenn nur eine Lücke von 3 Wochen übrig bleibt, für die eine Vertretung bezahlt werden muss: 3 Wochen entspricht ungefähr 5,8 % des Jahres. Um die Urlaubsvertretung auch nur für 3 Wochen zu finanzieren, müssten 5,8 % „Umlage“ für die Urlaubsvertretung auf den Stundensatz aufgeschlagen werden.
So werden aus den (ursprünglich) 10,00 € inzwischen 13,00 € pro ausgefallener Stunde.
(d)
Dann hat der Sachverständige sich noch folgendes überlegt: Am Wochenende oder an Feiertagen muss man nicht Wäsche waschen. Mag sein. Aber:
(da)
Ein Teil der Erziehungsarbeit läuft am Wochenende und an Feiertagen, und zwar ehe überdurchschnittlich viel. Denn da sind die Kids nicht in der Schule oder im Kindergarten aufgeräumt. Dann muss man sich schon selbst bespaßen!
(db)
Übrigens fand der Sachverständige auch, dass sich der Sonntagsbraten nicht von selbst macht. Das dürfte auch stimmen. Man kann aber den Braten für den Sonntag nicht irgendwann unter der Woche machen – sonst gibt es am Sonntag bestenfalls kalten Braten: mit kalten Kartoffelbrei. Also gibt es auch am Sonntag Haushaltsarbeit.
Also schön: Da wird also auch Haushaltshilfe womöglich am Wochenende oder an Feiertagen notwendig sein. Nur, wer arbeitet da ohne einen tüchtigen Zuschlag? Das machte nur wenige %e aus, obwohl die geschädigte Person Kinder hatte (sie hat auch unter der Zeit neuen Nachwuchs bekommen). "Null" war auch das nicht. Sagen wir jetzt vereinfacht, was das noch einmal 3 % Zuschlag ausmacht, so im Durchschnitt der Haushalte, dann sind wir jetzt bei 13,39 € pro Stunde angelangt.
Was sind dann die 10,00 € pro Stunde netto? Antwort: Eine Milchmädchenrechnung!
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Die Annahme, ein „Basislohn“ von 10,00 € netto, die stammt von mir. Diesen Basis-Lohn habe ich jetzt gewählt gewählt, damit man deutlicher sieht, wie groß die Fehler sind, wenn man die übliche Milchmädchenrechnung macht.
Der Sachverständige hatte eine etwas höhere Basis, weil der Haushalt im Großraum Köln war in einem städtischen Gebiet. Es muss auch berücksichtigt werden, dass in dem Haushalt zeitweise mehrere kleine Kinder waren, für Kinderbetreuung muss man schon etwas mehr auf den Tisch legen. Aber schon bei der Berechnung der Ausgangsbasis zeigte sich, dass es mit 8,00 € als Ausgangsbasis nicht mehr geht. Der Sachverständige hatte im statistischen Bundesamt aussagekräftige Zahlen gefunden.
05
Der Haushalt, um den es ging, lag im urbanen Bereich des Oberlandesgerichts Köln. In Städten wird mehr bezahlt als auf dem flachen Land. Eine größere Rolle spielt hier auch, dass in dem Haushalt durchgehend kleine Kinder und Schulkinder zu versorgen waren. – damit sind die 15,25 € durchaus ein hier hoher Stundensatz, verglichen mit dem Durchschnitt. Aber selbst dann, wenn man 15 % abzieht, weil man solche Faktoren im konkreten Haushalt bei Dir nicht hat: dann legt man immer noch in der Nähe von 13,00 €.
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Beachtlich ist auch: Gerichte schätzen Stundensätzen gerne dadurch, indem sie sich auf ältere Entscheidungen berufen, ohne die Lohnentwicklung zu beachten. Das Urteil zeigt, dass das schon eine ärgerliche Fehlerquelle ist:
Das Urteil zeigt nämlich auch eine Lohnentwicklung. Dort entschiedene Zeitraum war nämlich sehr lang. Die 15,25 € pro ausgefallener beziehen sich auf das Jahr 2019. Der Wert für das Jahr 2012 (also 7 Jahre rückwärts) war noch 12,99 €. In 7 Jahren ein Plus von 17,4 %.
Das sollte sich einmal das OLG München sehr zu Herzen nehmen: Dort urteilt man nämlich ohne Rücksicht auf die zwischenzeitliche Lohnentwicklung immer noch mit 8,50 € pro Stunde: Das macht das Oberlandesgericht München seit dem Jahr 2005 so. 15 Jahre ohne Lohnanpassung. Das kann gar nicht stimmen.
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Das Landgericht Köln hat nach dem Eingang des Gutachtens den Sachverständigen ins Gericht bestellt, damit er sein Gutachten erläutern möge. Und, damit die Parteien dazu auch Fragen stellen könne.
Das Gericht sah "besonders fundierte Spezialkenntnisse der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Schätzung von Haushaltsführungsschäden", er habe seine Feststellung in der mündlichen Verhandlung überzeugend und nachvollziehbar zu erläutern vermocht und hierbei alle an ihn gerichteten Rückfragen erschöpfend und präzise beantworten können"- so steht es im Urteil. Und es folgte dem Gutachten.
06
Das Urteil des Landgerichts Köln stammt vom 22.12.2020 und hat das Aktenzeichen 3 O 224/16. Druckfrisch!
07
Es gibt übrigens eine ähnliche Entscheidung, die schon früher einmal ganz ähnliche Kalkulationsschritte gegangen ist, weil dort ein Geschädigter ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten erholen ließ. Das war das Urteil des Landgerichtes Bamberg 2 O 173/88 vom 06.02.2008.
Dort ist es zwar um Assistenz für einen schwer Unfallverletzten gegangen, also um Hilfe dazu, dass er überhaupt in seinem Haushalt leben kann. Aber die Grundgedanken sind selbstverständlich die gleichen. Denn es ist egal, wo man hinschaut, auch in der Pflege gibt es viele Stunden, die werden zwar bezahlt – in denen wird aber nicht gearbeitet. Denn auch im Pflegeberuf gibt es Urlaub!
08
Nun kann ja jeder sagen: "Och... Das ist ja nur das Urteil eines Landgerichts", das stimmt.
Wenn man sich die Grundlagen ansieht: Was soll denn an dem Gutachten falsch sein? Urlaub gibt es eben, und Urlaubsvertretungen kosten Geld, und Wochenendarbeit kostet halt eben Zuschlag.
Das Landgericht Köln hat den Sachverständigen zur Erläuterung des Gutachtens in eine Verhandlung geladen. Es war anscheinend beeindruckt, dass er bei der Befragung auf alle Rückfragen „erschöpfend und präzise beantworten konnte", die Feststellungen habe er "überzeugend und nachvollziehbar zu erläutern vermocht".
Es wird recht spannend sein, zu sehen, welchen Einfluss dieses Urteil auf die weitere Rechtsprechung hat.
ISLÄNDER