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Gerichtsgutachten

IngLag

Gesperrtes Mitglied
Registriert seit
11 Nov. 2006
Beiträge
896
Hallo,

wie schon des öfteren geschrieben, war ich bei einem durch das SG bestellten Gutachter (Dr. Visé), der in seinem Gutachten bei mir eine berufliche Verursachung der LWS-Schädigungen sah und eine MDE von 20 % vorschlug. Unter der Voraussetzung, dass ich die geforderte Lebensbelastungsdosis annähernd erreiche.

Dieses Gutachten ist bei Gericht sicherlich mehr wert, als ein von mir oder der BG beauftragtes Gutachten. Es ist das bisher einzige Gutachten. Und bisher hat die BG gegen das bestehende Gutachten keine Einwände gehabt. Nun meine Frage:

Sollte ich bei einer erneuten Berechnung die nun niedrigere (nach BSG) geforderte Lebensbelastungsdosis erreichen, ist es dann möglich, dass die BG das Gerichtsgutachten anzweifelt und ein erneutes Med. Gutachten in Auftrag gibt? Oder ist das ausgeschlossen?

Grüsse von
IngLag
 
Hallo IngLag,

eine erneute Begutachtung ist nicht ausgeschlossen. Nach der neuesten Rechtsprechung des BSG ist die BG allerdings verpflichtet, Dir in der Regel mindestens drei Gutachter vorzuschlagen (§ 200 SGB VII). Du hast auch ein Vorschlagsrecht.

Gruß
Taischi
 
Hallo Taischi,

bringt man den BG´lern überhaupt nichts mehr bei?
Sind wir hier jetzt für die Weiterbildung der BG´ler zuständig?
Aber wir tun dies gerne, selbst auf die Gefahr hin, dass es jetzt Erstaunen gibt.

Die oft diskutierte Frage bezüglich der Zulässigkeit der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch die Berufsgenossenschaft im laufenden Klageverfahren scheint beantwortet zu sein: Das Sozialgericht Duisburg hat mit Urteil vom 25.10.2007, Az. S 6 U 275/06 die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft verurteilt, ein entsprechendes Sachverständigengutachten nach Aktenlage zu löschen, dass heißt zu vernichten. Ebener & Siebold vertraten den Kläger im Verfahren.

Die BG hatte im Klageverfahren, in dem lediglich für den Kläger günstige Sachverständigengutachten vorhanden waren, nach Erhalt eines Richterbriefes, welcher sie zur Abgabe eines Anerkenntnisses aufforderte, angekündigt, eine beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage einholen zu wollen. Stattdessen hat die BG allerdings ein 28-seitiges Aktengutachten eingeholt. Im Anschluss daran wurde vom Kläger, der von Rechtsanwälten Ebener und Siebold vertreten wurde, sowohl durch anwaltlichen Schriftsatz als auch persönlich die Löschung und Vernichtung dieses Sachverständigengutachtens beantragt.

Die BG entsprach dem nicht und wurde nunmehr vom Sozialgericht Duisburg mit überzeugenden Gründen hierzu verurteilt: Es sei kein Grund für den Kläger dafür zu erkennen bei einer Begutachtung durch eine Freigabe seiner Sozialdaten mitzuwirken. Der Kläger hätte der Weitergabe seiner Daten widersprechen können, wenn er denn gewusst hätte, dass die Beklagte statt einer möglicherweise zulässigen Einholung einer Stellungnahme nach Aktenlage ein volles sozialmedizinisches Gutachten einholt. Dieses Recht habe die BG dem Kläger genommen.

Das Sozialgericht Duisburg trägt daher der Situation Rechnung, dass medizinische Daten auch innerhalb einer Verwaltungsakte nicht dem unbegrenzten Zugriff der Berufsgenossenschaft unterliegen. Durch das Urteil wird klargestellt, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens ohne oder gar entgegen den Willen des Klägers durch eine Berufsgenossenschaft als Beteiligte/Partei eines sozialgerichtlichen Verfahrens nicht zulässig ist.

Ob auch noch zusätzlich gegen § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen worden ist, lässt das Sozialgericht in seiner Entscheidung allerdings offen. Nach Ansicht von Rechtsanwälten Ebener und Siebold ist jedoch ein entsprechender Verstoß anzunehmen.

Das Urteil steht im Volltext unter dem folgenden Link zur Verfügung:

Wenn Inglag dies nicht möchte, dann darf die BG abtreten.
Allerdings verstehe ich meinen speziellen Freund Inglag nicht. Er liest seit Jahren hier die Threads und müßte doch schon mal drüber gestolpert sein oder hätte er nicht seinen besten Freund Maik fragen können?
Ich verstehe das nicht....tztztztz.

Gruß von der Seenixe
 
Hallo Seenixe,

es wird immer wieder von Gutachten und Gegengutachten geschrieben, was mich verunsichert hat. Da ich nicht alle Beiträge lesen kann, wollte mich nochmal durch meine Fragen im Forum vergewissern. Wenn ich Dich also richtig verstehe, kann die BG ohne meine Zustimmung kein weiteres Gutachten erstellen lassen. So dass allein das Gerichtsgutachten für die medizinische Seite ausschlaggebend sein wird. Ist das so?

Grüsse von
IngLag
 
Hallo Inglag,
aber so steht es doch in dem Urteil...oder?
Das Dir ein BG´ler eine andere Antwort gibt....Normal.
Was sie dürfen, ist eine Stellungnahme von ihrem beratenden Arzt einholen, aber eben nur eine Stellungnahme ...kein Gutachten...das ist aber so, wie wenn Du einen weiteren Brief eines befreundeten Arztes einreichst.

Gruß von der Seenixe
 
Hallo Seenixe,

ich habe Maik nicht danach gefragt, oder ist Taischi mit BG`ler gemeint? Ist jetzt auch egal, mit Deiner Antwort bin ich jedenfalls zufrieden und sie beruhigt mich im Hinblick auf mein laufendes Verfahren vor dem LSG. Ist doch mal was Positives!

Grüße von
IngLag
 
Hallo Seenixe,

über Deine mail war ich sehr überrascht. Selbstverständlich kann einer Begutachtung widersprochen werden. Das gilt nicht nur im SG- sonder auch im Verwaltungsverfahren. Ich wollte nur auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG zu § 200 SGB VII hinweisen. Ich bleibe bei meiner Aussage, dass eine Begutachtung nicht ausgeschlossen ist. In dem von Dir zitierten Urteil wurden die Rechte des Klägers nicht beachtet. Sollte der beratende Arzt allerdings Angestellter der BG sein, hätte das Urteil sicherlich keinen Bestand. Von daher solltest Du Dich mit der Rechtslage auseinandersetzen, bevor Du andere belehrst.

Gruß
Taischi
 
Hallo Taischi,


nun als BG Fachmann mußt Du ja wissen was Du schreibst.

Allerdings sind Deine Ausführungen nicht aktueller Stand.
Auch ein BG angestellter Arzt darf im laufenden Verfahren kein Gutachten schreiben, eine Stellungnahme kann er abgeben.

Bei einem Gutachten eines BG-angstellten Arztes ist auch §200 zu beachten.
 
Halli Taischi,
um es auch für Dich verständlich zu machen:
Während des Verwaltungsverfahrens (Zuständigkeit der BG) ist die BG "Herr des Verfahrens" - jede Weigerung wird als fehlende Mitwirkung ausgelegt - über die Folgen brauchen wir nicht sprechen.
Während des Sozialgerichtsverfahrens ist das Gericht "Herr des Verfahrens" und die BG ist Verfahrensbeteiligter wie der Kläger selbst auch.

@ Taischi: Sollte der beratende Arzt allerdings Angestellter der BG sein, hätte das Urteil sicherlich keinen Bestand. Von daher solltest Du Dich mit der Rechtslage auseinandersetzen, bevor Du andere belehrst.

Was dieser Satz soll, ist mir leider verschlossen. Auch stelle ich nicht in Frage, dass eine beratungsärztliche Stellungnahme erstellt werden darf, aber ein Gutachten ist an die Mitwirkung des Klägers gebunden
@SG Duisburg Der Kläger ist der Auffassung, daß fragliche Gutachten sei unter Verletzung seiner Verfahrensrechte zustandegekommen. Im wesentlichen beruft sich der Kläger auf sein informelles Selbstbestimmungsrecht und auf die darauf fußenden datenrechtlichen Vorschriften.

Antwort des Gerichts: Kläger hat recht.
@SG Duisburg Dieses Recht ergibt sich aus dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf informelle Selbstbestimmung in Verbindung mit der einfach gesetzlichen sozialrechtlichen Ausgestaltung gemäß §§ 35 Sozialgesetzbuch 1 (SGB 1), 67 ff. SGB X.

@SG Duisburg Bezüglich der Frage, ob auch ein Verstoß gegen § 200 SGB VII vorliegt, hält sich das erkennende Gericht zurück. Soweit es um beratungsärztliche Stellungnahmen geht, wurde bisher nicht angenommen, daß § 200 SGB VII einschlägig ist.

Problematisch ist hier auch, daß es sich bei § 200 Absatz 2 SGB VII um eine Sollvorschrift handelt.


Aber gerades deshalb verstehe ich nicht, was Du als BG´ler mir damit sagen möchtest:
@ Taischi: Ich wollte nur auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG zu § 200 SGB VII hinweisen
Vielleicht kannst Du dies ja noch einmal präzisieren.

Gruß von der Seenixe
 
Hallo,

egal wie die genaue Rechtslage nun ist, ich habe auch noch eine andere Frage zu meinem Gerichtsgutachten.

Das Gutachten von Dr. Visé, der bekanntermassen der BG zugeneigt ist, ist nun 2 Jahre alt. In diesen 2 Jahren hat die BG anscheinend dieses Gutachten akzeptiert.

Hätte es für die BG überhaupt Sinn, oder hat sie unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch die Möglichkeit, dieses Gerichtsgutachten anzuzweifeln? Auf welche Weise auch immer.

Grüße von
IngLag
 
Hallo Oerni,

ärztliche Stellungnahmen in SG-Verfahren stellen in der Regel immer Gutachten dar. Insoweit verstehe ich Deine Ausführungen nicht.

Gruß
Taischi
 
Hallo seenixe,

bisher wurde die überwiegende Auffassung vertreten, dass der § 200 SGB VII nur im Verwaltungsverfahren gilt. Dieser Auffassung ist das BSG nicht gefolgt. Vielmehr ist der § 200 SGB VII auch in SG-Verfahren zwingend zu beachten. Schon daraus ergibt sich, dass Gutachten in SG-Verfahren nicht von vornherein ausgeschlossen sind. Ansonsten hätte sich das BSG nicht mit der Problematik des § 200 SGB VII beschäftigen müssen. Ich halte diese Rechtsprechung im Interesse der Versicherten auch für richtig.

Gruß
Taischi
 
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