Hallo Trus,
hier spuken verschiedene Begriffe durcheinander. Vor Gericht stellen beide Seiten ihre Ansicht vor und ein Richter überprüft deren Beweise. Im Fall von Unfallschäden findet häufig dieser Gerichtstag erst Jahre nach dem Unfall statt. Da sitzt der Richter vor einem Berg von Akten mit den jeweiligen Aussagen des Unfallopfers und der Nichtzahlenwollenden.
Dabei gibt es dann häufig einen "Vorschlag", wie man das lange Verfahren abkürzen könnte. Der Richter macht einen Vergleichsvorschlag, wobei jede Seite Federn lassen muss. Es wäre ein Kompromiss. Das heißt die Nichtzahlenwollenden müssen was zahlen, was sie eigentlich nicht wollen und das Unfallopfer erhält nur einen Teil seiner Forderungen.
Ausgenommen ist hierbei die Frage nach der Zuordnung der Folgeschäden nach dem Urteil, die kann man auch in diesen Vergleichsvorschlag einarbeiten und zwar dass diese von den Nichtzahlenwollenden übernommen werden müssen. Man kann sich also über Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, Schadensersatz, der bisher entstanden ist etc. erst Mal einigen und abschließen.
Das ist und bleibt aber ein VORSCHLAG des Richters. Über diesen Vorschlag eines Vergleichs hast du vier Wochen Zeit nachzudenken und ihn anzunehmen oder abzulehnen. Das gilt auch für die Gegenseite, die häufig ihn natürlich annehmen, weil das für die wohl wesentlich Geld spart, als ein Urteil. Außerdem ist dagegen ein gesprochenes Urteil festgeschrieben und kann als Beispielsfall - Präzedenzfall für anderer Verfahren herangezogen werden. Vergleiche tauchen in den Veröffentlichungen über Rechtssprechung offiziell nicht auf.
Ein Vergleich ist ein Kompromiss, der eine Abfindung enthalten kann. Bist du zufrieden mit dem Vergleichsvorschlag, stimme ihm zu und das Verfahren vor dem Gericht ist beendet. Bist du nicht zufrieden und lehnst den Vorschlag des Richters ab wird die Verhandlung vor Gericht weitergeführt. Die Gefahr, dass du damit einen Richter ärgerst und du wegen der Ablehnung Ärger bekommst, ist dabei gering, denn das Angebot für einen Vergleich ist von Rechts wegen eine Verhandlungsoption, denen er nachkommen muss, sobald eine Chance darauf besteht.
Der Richter, der auch bei mir im Haftpflichtverfahren 3 Jahre nach dem Unfall einen Vergleichsvorschlag mit Abfindungen machte, meinte nur, er würde bei Fortsetzung des Verfahrens eine aktuelles Gutachten benötigen, das hieße drei Monate für die Suche nach einem geeigneten Gutachter, weitere drei Monate bis der Gutachter Zeit dafür hat, die nächsten drei Monate bis das Gutachten erstellt wird und weiter drei Monate, die beide Parteien zur Stellungnahme hätten und ein neuer Termin vor Gericht fällig würde. Also ein Wiedersehen mindestens ein Jahr später mit Gefahr noch weniger zugestanden zu bekommen, als der Vergleich beinhaltet.
Für dich wichtig: macht ein Richter einen Vergleichsvorschlag hat die Gegenseite die Kenntnis, dass sie mit allen ihre Abwiegelungen und Negierungen bei dem Richter auf Granit beißen und du tatsächlich Ansprüche hast und die dir auch zustehen.
Es kann auch sein, dass die Gegenseite ein Abfindungsangebot an dich richtet, aufgrund der Äußerung, dass der Richter die Absicht hat für einen Vergleichsvorschlag, besonders, wenn sie sich daraus einen finanziellen Vorteil versprechen. Das muss der Richter so nicht übernehmen, sondern er schlägt von sich aus eine Summe vor, die er als Kompromiss für angemessen hält. Das musst du nicht annehmen, du kannst weiter verhandeln lassen.
Dein Anwalt ist hierbei der in deinem Namen der Verhandlungsführer und so absurd es klingt, es kommt einem vor, wie auf dem orientalischen Basar, wo um jedes Quäntchen herum geschachert wird.
Mein Vorschlag, höre dir mal die Ansicht des Richters und dessen Kompromiss, dann kannst du immer noch entscheiden. Falls du den Vergleich ungerecht findest und du nicht damit leben kannst, mache weiter im Verfahren. Wenn das dann ausgesprochene Urteil nicht "dem Recht" entspricht, ist der Gang zur höheren Instanz möglich.
LG Teddy