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Fragwürde Abfindungserklärung nach Fahrradunfall

Hallo Kehrschaufel!

ich schließe mich den Vorredner und Schreiber auch an.
Da ich nicht weis in welchem Bundesland Du Zuhause bist und weil es jetzt nicht möglich ist Dir eine Nachricht zu schreiben,
hast Du die Möglichkeit uns alle Fragen zu stellen.

In Bayern gibt es einen Verein der Verunfallte und Berufskranke in vielem behilflich sein will.
Auf deren Webseite gib es auch viele nützliche Informationen zum runterladen.

Zum Thema HFS gibt es ein Urteil welches Isländer fachmännisch ausgeführt hat, nochmals ein Lob an Ihn.

Alles Gute und nur nicht unterkriegen lassen.
 
Hast Du eine Rechtsschutzversicherung, die den Unfall abdeckt?

Leider nicht. Aber der Anwalt meines Vertrauens meinte, bei der Faktenlage werde ich wohl keinen Cent in die Hand nehmen müssen. Schuldfrage ist halt unumstritten. Er ist auf Verkehrsrecht und Schadensersatzrecht spezialisiert, von daher hoffe ich mal auf seine Expertise, auch in Sachen Haushaltsführungsschäden.
Alles Gute und nur nicht unterkriegen lassen
Danke dafür erst mal.

Ich wohne in Dunkeldeutschland :) Mecklenburg-Vorpommern.
 
Grüß Dich, Kehrschaufel!

01
Ich rate Dir, Rückstellungen zu bilden.

(a)
Richtig ist zunächst einmal: Du hättest einen Rechtsanwalt beauftragt, wäre der Unfall nicht gewesen. Also sind die Anwaltsgebühren ein Teil des Schadens. Also muss die Gegenseite auch die Kosten dafür ersetzen.

(b)
wenn von einem Arzt ein Attest brauchst, macht der das sicher gerne. Gut – das sind die Kosten noch relativ gering. Wenn der aber irgendwann Gutachten in Auftrag gibst, dann zahlst Du zunächst einmal das, und wie Du das Geld von der Versicherung wieder bekommst (grundsätzlich besteht ein Anspruch), dass es steht auf einem anderen Blatt Papier.

(c)
Aber was ist, wenn die Gegenseite verklagt werden muss? Dann musst Du Gerichtskosten verauslagen, denn ohne Einzahlung von Gerichtskosten wird eine Klage nicht zugestellt (§ 12 GKG).

Wenn Beweis erhoben werden muss, wird dass das Gericht gerne machen. Nur: kein Gericht bleibt gerne auf den Kosten für Zeugen und Sachverständige setzen. Deshalb sieht die ZPO vor, dass die Person, die den Beweis führen muss entsprechende Zeugen- (§ 379 ZPO) und Sachverständigen-Kostenvorschüsse (§ 402 ZPO) einzahlen muss.
Nehmen wir einmal an, Du gewinnst den Prozess. Wer verliert, der zahlt, dann werden im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens diese Zeugenkosten und Sachverständigengebühren festgesetzt in einem Beschluss: dann bekommst Du das Geld, dass Du verauslagte hast von der Gegenseite zurück. Bis dahin musst Du aber sehr wohl Geld in die Hand nehmen.

(d)
Natürlich wird die gegnerische Versicherung anbieten, dass sie Dich begutachten lässt. Dafür brauchst Du nichts zu bezahlen. Das bieten Versicherungen bei größeren Schäden oft an. Das Problem besteht darin: Dann wählt auch die Versicherung dem Gutachter aus, wenn aber Begutachtungsinstitute zu über 90 % ihrer Aufträge von Versicherungen erhalten, dann kannst Du Dir vorstellen, was geschieht. Dieser Weg ist also nicht hilfreich.

Die Vorhersage Deines Anwaltes, dass sich das alles keinen einzigen Cent kosten wird, halte ich daher für sehr sonnig.


02
Derzeit ist noch völlig klar, wie es zu dem Unfall gekommen ist. Derzeit ist es auch völlig klar, dass die Gegenseite für den Unfall aufkommen muss.

(a)
Die meisten Leute glauben dann, das sei so selbstverständlich, vor allem, wenn die Versicherung schon zu bezahlen angefangen hat, dass sich daran nichts mehr ändern wird. Es ist klar und bleibt klar, so denken die, dass die Gegenseite für den Vorfall aufkommen muss.

(b)
Es ist nicht selten, dass das böse endet:

Es kommt oft vor, dass zunächst einmal teilweise jahrelang bezahlt wird, und auf einmal wird bestritten, dass es überhaupt einen Unfall gegeben hat! Oder, auch sehr beliebt: es wird ein Mitverschulden behauptet. Mit eigenen Augen gesehen habe ich einen Vorgang, in dem Schäden eines schwer verletzten Unfallopfers 34 Jahre lang reguliert worden sind, ohne, dass in den ganzen 34 Jahren jemand Zweifel gehabt hätte: die Versicherung muss bezahlen. Dann kann das 35. Jahr, und die Versicherung bestritt, dass es überhaupt etwas gegeben habe, für was er aufkommen müsse. Da Zahlungen kein Anerkenntnis enthalten dafür: wie beweist man nach 35 Jahren, wie der Unfall stattgefunden hat?
Zur Ehrenrettung der Versicherung muss man sagen, dass endete mit einer saftigen Vorstandsbeschwerde, die Versicherung hat das zurückgezogen, der Sachbearbeiter wäre beinahe rausgeflogen.

(c)
Ich will Dir keine Angst machen, aber das muss man einfach im Auge haben. Wie bekämpft man das? Jetzt, wo alles klar ist, verlangt man von der Versicherung eine schriftliche Erklärung, und zwar ausdrücklich auch „im Namen der bei der versicherungversicherten Person“, dass sie für alle materiellen und immateriellen Schäden dieses Unfalles aufkommen werde, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Das geht relativ zeitnah in der Regel problemlos. Wenn man so etwas hat, liegt ein Schuldanerkenntnis vor, dann ist die Geschichte ein für alle Mal recht sicher geklärt. Mein lieber, das muss man aber jetzt machen, nicht später.

(d)
Da war gerade etwas, das hast Du garantiert nicht verstanden. Die Verischerung soll die Erklärung über die Haftung auch „im Namen der bei der versicherungversicherten Person“ abgeben. Wozu das?

(da)
Beim Autounfall hat ein Geschädigter gegen die Versicherung selbst direkt einen Anspruch auf Schadensersatz. Das ist eine Ausnahme!

(db)
Du hast einen normalen Haftpflichtfall. Die Ausnahme des Autounfalles trifft auf Dich nicht zu.

(dba)
Da hast Du nur einen Anspruch gegenüber dem Hundehalter bzw. gegenüber der Person, die die Aufsicht über den Hund ausgeübt hat.

(dbb)
Du hast keinen Anspruch direkt gegenüber der Haftpflichtversicherung des Hundehalters. Diesen Anspruch hat nur der Hundehalter als Versicherungskunden selbst.

Also "Sprung in Dreieck": Du hast einen Anspruch gegen den Hundehalter, der Hundehalter hat einen Anspruch gegen seine Versicherung, dass der Hundehalter selbst nicht aufkommen muss, sondern dass die Versicherung im die nötigen Mittel zur Verfügung stellt.

(dbc)
Die Versicherung darf wie ein Bevollmächtigter den Hundehalter vertreten. Das steht in allen Versicherungsbedingungen von Haftpflichtversicherungen. Wenn also die Versicherung eine Erklärung abgibt, dann gibt sie die Erklärung für sich selbst ab. Das ist ja wunderschön, aber wir brauchen eine Erklärung der Person, die haftet, dass es der Hundehalter, dass es die versicherte Person. Deshalb muss sie ausdrücklich die Erklärung auch für die bei ihr versicherten Personen abgeben. Dann ist das Problem gelöst.

(dbd)
Das ist kein Spielchen für Juristen, sondern das ist gefährlich. Verhandlungen über Schadensersatz bewirken, dass die Verjährung nicht läuft, § 203 BGB. Eines Tages verhandelte jemand lange und sei mit einer Haftpflichtversicherung eines Fahrradfahrers, nach langem Hin und her erklärte die Haftpflichtversicherung, dass sie höchstens XY Euros bezahlt. Daraufhin verklagte der Geschädigte 1.) den Schädiger, 2.) dessen Haftpflichtversicherung, denn das war ihm zu wenig.

Er hat die Klage verloren. Gegen die Haftpflichtversicherung hatte er keinen Anspruch, dass er das Gericht völlig zu Recht schon in der 1. Verhandlung gesagt. Der Geschädigte hätte nie die Haftpflichtversicherung verklagen dürfen.

Gegenüber dem Schädiger aber war nach Ansicht des Gerichtes der Anspruch verjährt. Zwar haben die Verhandlungen die Wirkung, dass die Verjährung nicht läuft. Aber was war denn da? Der Geschädigte hat verhandelt – aber nicht mit dem Schädiger. Er hat verhandelt mit der Versicherung, gegenüber der er keinen Anspruch hatte. Und mit dem Schädiger hat er nicht verhandelt, so war seine Sache verjährt.

(Hier muss man aber sagen: das ist nicht die herrschende Meinung. Viele andere Gerichte haben die Verhandlungen mit der Versicherung ohne weiteres dem Schädiger zugerechnet. Trotzdem – da heißt es aufpassen!).

03
Hoffentlich habe ich nicht zu kompliziert geschrieben. Falls ich Dir das besser erklären muss, bitte sage es.

(Ich bitte um Verständnis. Aber jeder, der in einem Fach „zu Hause“ ist, kennt und nutzt die Fachsprache, die ihm dann ganz selbstverständlich wird, und dann fällt es ihm schwer, sich im normalen Deutsch so auszudrücken, dass es – hoffentlich – verstanden wird. Wenn ich meine Beiträge schreibe, sitze ich öfters eine ganze Weile vor dem Problem: „Wie erkläre ich das jetzt so, dass auf der anderen Seite ein Licht aufgeht?“.)


ISLÄNDER


Gerne gemacht Ich kenne einen Fall, da hat eine Dame im zarten Mädchen Alter von 18 Jahren einen Unfall erlitten. Sie war Beifahrerin in einem Auto, ein anderer Pkw krachte in die Beifahrertür, weil er eine Vorfahrt übersehen hatte. Jahrzehntelang regulierte die Versicherung, bis sie nach sage und schreibe 38 Jahren auf einmal vor Gericht bestritten hat, dass es einen Unfall gegeben habe, mit dem sie etwas zu tun habe. Das Problem konnte gelöst werden, dass Sachbearbeiter wäre beinah bei der Versicherung rausgeflogen, aber: mit so etwas muss man rechnen.


, und das bist Du,
Diesen muss die Gegenseite ersetzen, An Deinem Hinweis
 
Da war gerade etwas, das hast Du garantiert nicht verstanden. Die Verischerung soll die Erklärung über die Haftung auch „im Namen der bei der versicherungversicherten Person“ abgeben. Wozu das?
Hab ich ziemlich klar verstanden ;)

Und genau diesen Punkt hat mein Anwalt
, gleich mal, per Fax an die Versicherung rangetragen.

Der merkwürdigen Abfindungserklärung hat er ausdrücklich widersprochen und eine Erklärung über die Übernahme der 100 prozentigen Haftung, auch im Namen des Versicherungsnehmers, angefordert.

Und ok wenn es schon Fälle gab in denen die Versicherung nach Jahren den Vorfall bestreitet, aber wie wollen sie den offiziellen Polizeibericht etc etc bestreiten? Hab ja schwarz auf weiß hier auf einem Zettel stehen was, wann, wo passiert ist. Verliert ja nicht seine Gültigkeit nach 30 Jahren.
 
Grüß Dich, Kehrschaufel,

(a)
Das mit der Haftung hat Dein RA gut gemacht. Was hat die Verischerung geantwortet?

(b)
Der Polizeiakte ist nach 10 Jahren spätestens vernichtet. Aber sag mal: Hast Du, was der Hundehalter der Polizei gesagt hat?

(c)
Andere Frage: Hast Du der Versicherung eine Schweigepflichtsentbindungserklärung für Deine Ärzte und Therapeuten gegeben?


ISLÄNDER
 
a) noch nichts, soweit ich informiert bin. Hab nur irgendwie schon wieder Geld von denen überwiesen bekommen, hab aber auch da noch keinerlei Info weswegen überhaupt.

b) naja hab eine Kopie von dem Polizeibericht, ob der komplett ist weiß ich natürlich nicht. Darin steht dass (nicht zitiert) ich den Unfall nicht hätte vermeiden können und dem Hundehalter durch die mangelnde Sicherung des Hundes die alleinige Schuld an dem Unfall anzulasten ist.

c) Ja schon, war dies verkehrt? Hab die Arztberichte die sie angefordert haben aber als Kopie hier.
 
Grüß Dich, Kehrschaufel!

01
99 % erteilen Schweigepflichtserklärungen - mit sinkender Tendenz: Langsam schweigt sich in Deutschland herum, dass das nicht ungefährlich ist:

02
Nun, man kann diese Erklärung jederzeit widerrufen. Dann musst Du aber alle Attest und Belege beschaffen.

03
Ich würd's so machen, denn:

Wenn man das macht, kann man zugleich mitteilen, dass die medizinischen Dokumente das Haus der Versicherung nicht verlassen dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung.

Das verstopft dann der Versicherung den Weg, eines der fabelhaft "neutralen" Begutachtungsinstitute zu beauftragen: Möglichst eines, das 98 % der Aufträge von der Versicherungwirtschaft hat...! Aber gleichzeitig neutral ist, sowas von neutral aber auch, dass man sich schon fürchten muss.

"Wehret den Anfängen!"

ISLÄNDER
 
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