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Endlich kürzere Verfahren in Sicht?

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Registriert seit
31 Aug. 2006
Beiträge
8,875
Ort
Berlin
Hallo,
mit Interesse habe ich das Interview mit der ausgeschiedenen deutschen Richterin am Gerichtshof für Menschenrechte gelesen. Darin beschwert sie sich ein weiteres Mal über die lange Verfahrensdauer in Deutschland. Bis zum August dieses Jahres hat die Bundesregierung Zeit, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und dann entsprechende Maßnahmen zu beschließen.
Vielleicht ist es dann möglich, dass wir uns als Bürger endlich wehren können gegen lahme Gerichte.
Hier ein Ausschnitt aus einem Beitrag aus der TAZ.
Zum Abschied wurde Europarichterin Renate Jaeger noch einmal deutlich. "In Deutschland gibt es noch immer kein Gesetz, das Entschädigungen bei überlanger Prozessdauer festlegt", so Jaeger in ihrem Abschiedsinterview. Es gebe "Nachbesserungsbedarf", mahnte die Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), die zum Jahreswechsel ausgeschieden ist.
Jaegers Unmut ist verständlich. Immer wieder wird Deutschland in Straßburg wegen überlanger Gerichtsverfahren verurteilt. 2006 forderte der EGMR erstmals strukturelle Abhilfe von Deutschland. Geklagt hatte damals ein Mofa-Fahrer aus Stade, der nach einem Unfall 24 Jahre lang auf ein Urteil über die Höhe des Schadenersatzes warten musste. Im September 2010 wurde der Gerichtshof noch deutlicher. In einem sogenannten Pilotverfahren wurde Deutschland eine Frist gesetzt: Binnen eines Jahres müsse endlich ein innerstaatliches Rechtsmittel eingeführt werden, mit dem Bürger eine Beschleunigung überlanger Prozesse erreichen können. Geklagt hatte diesmal der Inhaber einer Sicherheitsfirma, der erfolglos um einen Waffenschein prozessierte und elf Jahre auf ein Urteil warten musste.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist der Druck aus Straßburg bewusst. Im August hat die Bundesregierung deshalb einen Gesetzentwurf "über den Rechtschutz bei überlangen Gerichtsverfahren" beschlossen. Künftig soll ein Betroffener beim zuständigen Gericht zunächst eine Verzögerungsrüge erheben können, wenn er das Gefühl hat, sein Verfahren kommt nicht voran. Frühestens nach weiteren sechs Monaten kann er eine Entschädigungsklage einreichen. Bei unangemessen langen Prozesse soll es dann in der Regel 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung geben. Bei Strafverfahren wirkt die überlange Verfahrensdauer (wie bisher) strafmildernd.
Mit dieser Entschädigungslösung wird zwar ein lahmer Prozess nicht direkt beschleunigt. Allerdings, so die Hoffnung der Ministerin, soll bereits die Verzögerungsrüge als Warnschuss dienen. Über die Rüge selbst wird kein Beschluss gefasst - damit ein ohnehin überlastetes Gericht nicht noch mehr Arbeit bekommt. Die Entschädigungsklage muss dann ein anderes Gericht aus der gleichen Gerichtsbarkeit behandeln. So muss etwa das Landessozialgericht nach einem überlangen Prozess bei einem Sozialgericht entscheiden. Wann ein Verfahren als "unangemessen lang" gilt, soll nach Einzelfall entschieden werden.

Der Richterbund und die Anwaltsvertretung sind damit schon einverstanden, aber man sollte schon wissen, dass Deutschland schon heute eine ungewöhnlich hohe Richterdichte hat. Es sollen kaum überlange Gerichtsverfahren geben. Die Statistik sagt: Wer zum Beispiel in einer Mietsache beim Amtsgericht klagte, bekam 2009 im Bundesschnitt schon nach 4,5 Monaten ein Urteil, ein Strafverfahren dauerte beim Amtsgericht im Schnitt 4 Monate. Allerdings wurde Deutschland auch schon 54-mal in Straßburg wegen einzelner exzessiv langer Prozesse verurteilt. Mein Verfahren vor dem SG dauerte 5 Jahre und das Berufungsverfahren dauert auch schon wieder eine ganze weile, ohne das das geringste passiert.
Im Zivilgerichtsverfahren sind wir erst im 4.Jahr. Allerdings hebe ich den Durchschnitt für viele andere Verfahren.
Das ausführliche Interview kann man hier nachlesen.


Gruß von der Seenixe
 
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