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Eine Gebühr für "Vielkläger"? Hessen vor!!! Bald Gerichtsgebühren im Sozialgerichtsverfahren?

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Registriert seit
31 Aug. 2006
Beiträge
8,846
Ort
Berlin
Hallo,
das Land Hessen hat eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht, mit der für bisher gerichtskostenfreie Verfahren am Sozialgericht (SG) eine Gebühr fällig werden soll.
Hier der vollständige Artikel.
Was ist der Hintergrund:
Ein eindrucksvolles und anschauliches Beispiel, um welche Personengruppe es geht, zeigt eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. v. 12.02.2015, Az. B 10 ÜG 8/14 B). In dem Fall hat ein Strafgefangener allein im Jahr 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in 138 Verfahren Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer beantragt, pro Verfahren wollte er 1.200 Euro, insgesamt also 165.600 Euro. Das LSG hatte die Klagen ohne ordentliches Verfahren als "haltlos" und "rechtsmissbräuchlich" angesehen und die Verfahren ohne weitere Bearbeitung ausgetragen. Am BSG haben wir diese Entscheidung aufheben müssen. Das zeigt auch, dass den Gerichten gerade im Umgang mit solchen Klägern leider formelle Fehler unterlaufen. Zuvor hatte es derselbe Kläger von 2005 bis 2012 geschafft, das SG Karlsruhe mit ca. 660, das LSG Baden-Württemberg mit 1240 und das Bundessozialgericht immerhin noch mit 260 Verfahren zu beschäftigten - gerichtskostenfrei.

Mal sehen, wie die Diskussion weitergeht.

Gruß von der Seenixe
 
Hessen hat eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht, mit der für bisher gerichtskostenfreie Verfahren am Sozialgericht (SG) eine Gebühr fällig werden soll.

Bisher müssen Kläger an den Sozialgerichten meist keine Prozesskosten tragen. Hessen will das für "Vielkläger" ändern, um Missbrauch zu vermeiden. BSG-Präsident Rainer Schlegel im Interview über Sinn und Unsinn der Initiative.


Jährlich wiederkehrend jammert die Justiz über angebliche Überlastung. Leider fehlt die Zeit, um sich inhaltlich näher damit zu beschäftigen, aber bevor man solche Initiativen startet, sollte man sich die justizinternen Versäumnisse ansehen, denn da wäre bei sachgerechter Entscheidung ein Großteil der Richterschaft entbehrlich.

Leider kam der Newsletter von LTO zu spät für die Anmerkung unter dem Text:

Schlegel diskutiert den Entwurf mit Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann und Expertinnen und Experten aus Politik, Praxis, Verbänden und Verwaltung am Mittwoch, 18. November 2020, 9.30 bis 11 Uhr, in einer Video-/Telefonschalte. Die Diskussion ist öffentlich. Zugangsdaten für Webex sind bei Pressestelle@hmdj.hessen.de erhältlich.

Man hätte auch gerne daran teilgenommen. Schade.


Gruß

Sekundant
 
danke für's verschieben, @seenixe - dass hierzu schon ein beitrag existiert, hatte ich übersehen.

ob es hierzu allerdings eine breite diskussion geben wird, bezweifle ich etwas. es wird sicher zutreffen, dass es fälle wie die angesprochenen gibt. aber diese von den "zulässigen" zu unterscheiden, liegt ja doch wieder in der hand des richters, der sich schon vorher dazu ein urteil gebildet hat. ausserdem sollten die bestehenden möglichkeiten genug handhabe bieten, diese missbräuchlichen klagen zu vermeiden. nein, man kann hier nur einen einstieg in eine generelle oder zumindest weitergehende einschränkung und einführung von weiteren kosten vermuten. es dürfte nach den verschärfungen der PKH-regelungen der nächste schritt sein. und wie schon geschrieben: bei weitgehend korrekter und rechtmässiger abarbeitung müssten viele klagen/berufungen gar nicht sein, aber das ist schon nicht gewollt.

was aber überhaupt nicht aufgegriffen wird und keine klage darüber geführt wird: selbst die sinnfreiesten berufungsklagen der leistungsträger werden mit keiner silbe erwähnt, geschweige denn ähnliche folgen vorgesehen! wie so oft bleibt das denken auf halbem niveau hängen.


gruss

Sekundant
 
Hallo zusammen,

man kan schnell zum Vielkläger werden, z.Bsp.:

- zwei Klagen gegen die Berufsgenossenschaft
- eine gegen das Versorgungsamt
- eine gegen den DRV Bund
- eine gegen das Arbeitsamt
- eine gegen die Krankenkasse
- und vielleicht noch ein paar Untätigkeitsklagen...

Da kann man durchaus locker und auch ganz schnell bereits auf zehn Klagen in einem Jahr kommen,
ohne dass die Absicht dahinter steht, ein Vielkläger zu werden,
und ganz schnell vom Gericht stigmatisiert wird.

Das die Betrachtungsweise zu einseitig ist,
sehe ich so wie Sekundant.

Es sollte auch darüber nachgedacht werden, inwieweit man die Beklagtenseite mit Gebühren belegt,
denn oft sind es die Institutionen die das Recht beugen, und so erst die vielen Klagen verursachen.
Also wieviel Klagen werden denn pro Jahr von einer Berufsgenossenschaft verursacht?

Die über tausenfachen Klagen sind da sicher eine ganz andere Nummer,
aber nicht 10 Klagen in zehn Jahren...

Mich beschleichen da sehr ungute Gefühle.

Gruß
nightwalker
 
Interessant was so alles im Sozialrecht veranstaltet wird,
ob das EU Konforn ist vermage ich zu bezweifeln.
Wie war noch mal Hessen regiert ?

@ nightwalker,
du hast Recht, Behördenversagen wird bei den Sozialgerichten nicht geprüft
z.B. § 40 VwVfG
 
Hallo,

würde diese Regelung (Vorschlag Hessen) mit Art. 3 GG übereinstimmen?

Rechtsprechung: Hessen und andere Bundesländer?

- Zur Verhinderung der Einzelklagen (im Feststellungverfahren von Berufskrankheiten) müssten alle Ermittlungen in einer Klage zusammengefasst werden.
- Verzerrte, zeitverzögerte BG-Ermittlungen je Berufskankheiten müssten neu betrachtet werden!

Anzeigen auf "Verdacht einer Berufskrankheit" können sich häufen. Es müsste eine Klärung des Gesundheitszustandes geben, die diese Diskriminierung ausschließt.
(Bei Schwerarbeitern zum Beispiel wird die Betrachtung einer einzelnen Bandscheibe fragwürdig (DWS I & II), weil auch die Knie, Hände und Halswirbelsäule betroffen sein können aber nicht in die Begutachtung einbezogen werden (BK 2108/2109/2110 (Wirbelsäule))
... BK 2112, (Knie), BK 2103/2104/2113/2114 (Hände),
das wären jetzt 8 mögliche Konstellationen zur Klage, zuzüglich Schwerbehinderung, Erwerbsminderung

MfG
Der Forstwirt
 
@Forstwirt
schließe mich Deiner Meinung an

@Sekundant,
habe vielleicht zu weit über den Tellerrand gedacht,
eigentlich reicht der § 1 SGB I aus um die Hessen Idee niederzuschmettern !
die Hessen haben aber nur im Ländle gedacht, so kochen die Bundesländer Ihre eigene Soße!
Zukunft des Sozialstaates ist so auch in Gefahr !
Zum EU Recht erfolgte im Jahr 2000 auf dem EU Gipfel in Nizza ist erste Proklamation (nicht Dreigestirn)
der Charta der Grundrechte, seit Dez. 2009 ist die überarbeite Charta rechtsverbindlich (Art.6 EUV).
Die sozialpolitischen Ziele "Bekämpfung sozialer Ausgrenzung" sollten somit festgeschrieben sein !
Gruß an Tante Ursula
 
das wäre ja schön, @Impf2010

da sind aber doch bedenken, denn die auslegung lässt sich stets zeitgemäss anpassen, und "Hilfe zur Selbsthilfe" ist auch weit auslegbar.

was die EUV angeht, sind die aussichten geteilt. einerseits geben EU-verordnungen häufig anderen vorausgehende regelungen, aber gerade der bereich der "unser" SGB betrifft, ist doch sehr unterschiedlich. und die erfahrung zeigt, dass - auch zeitgemäss - doch immer wieder an niedrigere anforderungen angepasst wird, um eine vereinheitlichung überhaupt so weit wie möglich zu bekommen.

aber warten wir mal ab. heute war die 2. und 3. lesuung im BT zum JVEG zur änderung des gerichtskostenrechts - angenommen und verabschiedet (als anmerkung, weil es ins bild passt).


gruss

Sekundant

ps: wer und wo bitte ist Tante Ursula? meinst du v.d.L. könnte da steuern? *zweifel*
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo zusammen,

meiner Meinung nach:

bei den meisten Fällen liegt die Ursache im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren, wenn man da korrekt
Bescheide erstellen würden usw., da käme es gar nicht zu den Klagen.

Wozu ist die Widerspruchsbehörde da,
also ich habe an meinen Fällen nicht gemerkt,
dass man tatsächlich diesen Ausgangsbescheid überprüfen will oder kann.

Lg. Rolandi
 
nein, nicht gegen das GG, aber auch da wurden schon immer passagen zeitgemäss angepasst. ob man sich dann nur zum schein oder doch aus echter sorge die frage stellt wie "Warum gibt es immer weniger Zivilverfahren?"


ist mühselig.


gruss

Sekundant
 
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