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Die Zehn populärsten Rechtsirrtümer

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Registriert seit
31 Aug. 2006
Beiträge
8,846
Ort
Berlin
Hallo, habe ich auf einer sehr interessanten Ärzteseite gefunden...will ich niemanden vorenthalten ;-)

Die Zehn populärsten Rechtsirrtümer, die in Arztpraxen vorkommen:

Der Arzt entscheidet über die Behandlung
Falsch! "Ärzte müssen ihre Patienten über alle Behandlungsmöglichkeiten aufklären", sagt Ingrid Jonas. Grundsätzlich müsse die Aufklärung so erfolgen, dass der Patient in der Lage sei, eigenständig zu entscheiden, ob er in die Behandlung einwillige oder nicht. "Denn die Behandlung ist nur dann rechtmäßig, wenn eine wirksame Einwilligung vorliegt. Klärt der Arzt zum Beispiel nicht vollständig über etwaige Risiken auf, ist der Eingriff nicht mehr von der Einwilligung des Patienten gedeckt", so Jonas. "Der Arzt macht sich in diesem Fall möglicherweise wegen Körperverletzung strafbar" (BGH, Az.: VI ZR 266/02).

Patient verpasst Termin? Macht nichts!
Falsch! "Im Gegenteil", so Jonas. "Das kann teuer für den Patienten werden. Denn der Arzt hat im Prinzip auch einen Anspruch auf Vergütung, wenn der Patient nicht zum vereinbarten Termin erscheint." Entgeht dem Mediziner durch den verpassten Termin Honorar, könnte er das beim Patienten einklagen. Allerdings: "Der Arzt muss nachweisen können, dass er in diesem Zeitraum keine anderen Praxisaufgaben erledigen konnte." Ein Zahnarzt, der dreieinhalb Stunden vergebens auf eine Patientin wartete, bekam 350 Euro Ausfallhonorar zugesprochen (AG Meldorf, Az.: 83 C 1404/02). Entscheidend, so die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ist allerdings auch, warum der Termin nicht wahrgenommen wird. Hat der Patient den Termin vergessen oder erscheint er mit mehr als einer halben Stunde Verspätung beim Arzt, könnte ihn ein Verschulden treffen. Sagt der Patient 24 Stunden vorher ab, treffe ihn kein Verschulden.

Angestellte haften nicht für Fehler
Falsch! "Wenn Angestellte eines Unternehmens Fehler machen, haftet das Unternehmen", so Jonas. "Doch das stimmt nur bedingt." Denn wenn ein Mitarbeiter in seinem Job grob fahrlässig handelt, haftet er selbst, so die Juristin (BAG, Az.: 8 AZR 95/01). Ob und in welcher Höhe ein Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig sei, hänge davon ab, ob er leicht, mittel oder grob fahrlässig beziehungsweise vorsätzlich gehandelt hat. "Grob fahrlässig kann zum Beispiel der Fall sein, wenn jemand gegen ausdrückliche Anweisung oder unter Alkoholeinfluss einen Fehler begeht", sagt die Rechtsanwältin. Die Frage, ob und wie fahrlässig ein Arbeitnehmer gehandelt hat, wird im jeweiligen Einzelfall entschieden.

Auf dem Weg zur Arbeit ist man versichert
Falsch! "Schon der kleinste Umweg auf dem Weg ins Büro kostet den Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung", sagt Jonas. So erging es einem Arbeitnehmer, der noch kurz Geld holte. Für die Folgen seines Sturzes kam die Versicherung nicht auf. Übrigens: "Unter privat fällt auch der Spaziergang im Park während der Mittagspause", sagt die Juristin (BSG, Az.: B 2 U 40/02). Grundsätzlich gilt: Der direkte Weg zur Arbeit und zurück - ohne Umweg und Unterbrechung - ist versichert. Nur unter bestimmten Umständen seien Umwege versichert: Wenn man zum Beispiel Kinder in den Kindergarten oder die Kindertagesstätte bringt oder sie von dort wieder abholt, sagt Jonas.

Die Helferin darf ihre Urlaubszeit wählen
Falsch! "Der Urlaub wird vom Arbeitgeber erteilt, das heißt, der Arbeitgeber bestimmt auch den Zeitpunkt des Urlaubs", sagt Jonas. Aber: "Der Arbeitgeber muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen" (§ 7 I 1 BUrlG). Arbeitnehmer, die sich zusätzliche Urlaubstage verschaffen wollen, riskieren ihren Job. "Die Rechtsprechung zeigt sich in diesen Fällen gnadenlos", so Jonas. "In der Regel dürfen die Schummler sofort ihren Hut nehmen. Gleiches gilt, wenn die Mitarbeiter auf eigene Faust ihren Urlaubswunsch - entgegen dem Okay ihres Chefs - durchsetzen wollen." So hatte eine Angestellte einen vierwöchigen Urlaub angetreten, um am Ende telefonisch eine weitere Woche dranzuhängen. Die Bitte schlug ihr der Chef ab, sie blieb dennoch zu Hause und war ihren Job zu Recht los, urteilte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Az.: 15 Ca 7998/02).

Ärzte haften immer für Diagnosefehler
Falsch! "Wenn Ärzte Krankheiten nicht erkennen oder nicht die richtige Diagnose stellen, können Patienten nicht in jedem Fall Anspruch auf Entschädigung geltend machen", sagt die Juristin. Das bestätigt unter anderem auch ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (Az.: 5 U 1494/05): Solange ein Arzt die erforderlichen Untersuchungen nach den "Regeln der ärztlichen Kunst" vornehme, sei ihm eine falsche Diagnose rechtlich nicht vorzuwerfen, so die Richter.
Ein fundamentaler, zur Haftung des Arztes führender Diagnose-Irrtum liegt nach der Rechtsprechung hingegen in folgenden Fällen vor: Trotz eindeutiger Anzeichen wird eine bakterielle Infektion nicht erkannt. Eine Hüftgelenkentzündung wird nicht erkannt und stattdessen auf "Hexenschuss" behandelt. Ein Orthopäde behandelt auf eine Venenentzündung hin und verkennt, dass ein akuter embolischer Gefäßverschluss vorliegt. Trotz des eindeutigen Ergebnisses einer histologischen Untersuchung wird eine Krebstherapie nicht oder nicht zeitnah eingeleitet.

Ärzte dürfen Patienten nicht ablehnen
Falsch! "Ärzte dürfen Patienten aus Budgetgründen oder wegen Arbeitsüberlastung ablehnen", sagt Jonas. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf im Falle eines niedergelassenen Augenarztes entschieden (Az.: S 14 KA 260/02). Solange der Vertragsarzt seine Berufspflichten achte, dürfe er seine Praxis nach Leistungsvermögen und Budgetkapazität organisieren, entschied das Gericht. Aber: "Notfälle müssen immer behandelt werden", mahnt die Rechtsanwältin. Egal, ob es sich um eigene Patienten handelt oder um fremde.
Allerdings verstößt ein Arzt eindeutig gegen seine Berufspflichten, wenn er versucht, gesetzlich Versicherte durch Terminverzögerungen dazu zu drängen, privat für Behandlungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu zahlen, urteilten die Düsseldorfer Richter.

Ärzte müssen sich nicht in Schönschrift üben
Falsch! "Ärzte müssen leserlich schreiben", sagt Jonas. Wenn ein Patient Einblick in seine Behandlungsunterlagen fordert, dann hat er das Recht, das dort Geschriebene auch lesen zu können. Das stellte das Amtsgericht Hagen fest (Az.: 10 C 33/97). Der Richter verurteilte einen Arzt dazu, seine Bemerkungen noch einmal in Schönschrift zu verfassen. Auf Nachfrage eines Patienten hatte sich der Mediziner geweigert, seine Notizen noch einmal leserlich zu schreiben. Daraufhin brachte der Patient die Sache vor Gericht.

Ernährungsberatung in der Praxis ist erlaubt
Falsch! Ein niedergelassener Arzt darf in seinen Praxisräumen nicht eine gewerbliche Diät- und Ernährungsberatung einschließlich des Vertriebs dazugehöriger Produkte betreiben. Der Arzt handelt damit zudem entgegen der Berufspflicht und damit wettbewerbswidrig (OLG Frankfurt a.M., Az.: 6 U 111/04).
Sämtliche Urteile stimmen in der Bewertung überein, dass der Heilauftrag des Arztes von merkantilen Gesichtspunkten zu trennen ist und getrennt bleiben muss. Unzulässig ist es auch, wenn das Produkt in der Arztpraxis lediglich beworben wird. Mit dem Berufsrecht unvereinbar ist es überdies, wenn ein Arzt in seiner Praxis - selbst dann, wenn der Patient darum bittet - Bestellungen für Dritte tätigt, zum Beispiel über die Arzthelferin "Geschäfte" vermittelt, so ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: 1 ZR 317/02).

"Auf Kasse" gehen nur zugelassene Arzneien
Falsch! "Kassen müssen bei lebensbedrohlichen Krankheiten auch nicht anerkannte Alternativmethoden bezahlen", sagt Jonas. Dann nämlich, wenn eine begründete, "nicht ganz fern liegende Aussicht" auf Heilung oder zumindest Linderung besteht, eine anerkannte Standardtherapie aber nicht verfügbar ist. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden (Az.: B 1 KR 12/06 R). Mit dem Urteil machten die Richter auch deutlich, dass es dabei nicht nur auf die Schwere, sondern auch auf den Verlauf der Krankheit und einen "gewissen Zeitdruck" ankommt. Lasse dagegen auch eine schwere Krankheit stabile Symptome ohne Verschlimmerung erwarten, so sei es den Betroffenen zuzumuten, "auf die Chancen des stetig voranschreitenden medizinischen Fortschritts" zu warten.

Falls wir es schon mal gehabt haben...sorry.

Gruß von der Seenixe
 
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