Moin moin!
ger.kaiser ich habe mich inzwischen zu Vielem fortgebildet aber vorallem auf dem sozialgerichtlichem Gebeit.
Die PUV kommt erst dann dran, im Moment macht mein RA da jedes Jahr das Murmeltier. Jährliche Verlängerung der Verjährungsfrist.
Hat den Vorteil, ich muß mich nicht in diversen Gerichtsverfahren durchquälen. Und ich habe für die PUV schon einen Stapel Gutachten. Und vllt. so denn das LSG und irgendwelche Götter ein Einsehen haben, einen ausdiskutierten und ausargumentierten, für mich positiven Gerichtsbescheid.
VG ist zwar grundsätzlich andere Baustelle.
Aber ich denke auf der Schiene, dem Richter Arbeit machen mit den Gutachten, den Argumenten und der drohenden Arbeit, die auf den Richter zukommt, wenn er meint, den Stapel Gutachten und Literatur und und und zum Einen durcharbeiten zu müssen und zum Anderen sich dann im Rahmen einer erneuten Gutachtenschlacht noch mehr ARbeit zu verschaffen.
Statt sich den SG-Gerichtsbeschluß durchzuschauen und zu beschließen "Ist gut begründet und wird zuviel Arbeit dagegen zu Arbeiten. Schließe mich dem Urteil".
Und nein, ich glaube nicht an den Weihnachtsmann
.
Zu deinen Fragen Boma, zumindest zu denen, die ich beantworten kann:
Das Thema jeder Gutachter oder nur ein bestimmter ist ein recht kontroverses Thema.
Grundsätzlich kannst du, solange du/deine Versicherung diesen bezahlt, jeden Gutachter nehmen, den du möchtest.
Das Problem ist, wie fähig ist er auf dem benötigten Gebiet?
Beispielhaft, ich bin kein Facharzt für Schmerztherapie.
Trotzdem kann ich dir inzwischen die Gutachten auf diesem Gebiet nachweisbar und nachprüfbar auseinandernehmen.
Weil ich mich, verfahrensbedingt, auf diesem Gebiet auf Facharzt-Niveau weiterbilden mußte um gegen die Gutachter angehen zu können.
Dazu kommt, daß ich einem "normalen" Gutachter gegenüber durch die Informationen hier im Forum als auch durch eigene Weiterbildung im Netz voraus habe, daß ich die juristischen Begriffen und der juristischen Argumentation besser anweden kann. Bzw. dem Gutachter durch das Wissen um diese Spezifität entsprechende Fehler nachweisen kann.
Solange ich nachweisen kann - und dazu reicht der korrekte Nachweis über die Literatur -, daß das was ich behauptete korrekt ist und dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht.
Dieses gilt übrigens auch für die Gutachten der Gegenseite. Wenn der Gutachter keine Literaturnachweise aufführt, die seine Aussagen bestätigen ist der Inhalt seiner Aussagen nicht nachweisbar und damit sein Gutachten nicht nachprüfbar.
Falls ein Literaturnachweis nicht vorhanden ist, immer schon darauf herumhacken! Dies kann zu einem Nachweis in Rahmen der Verletzung der Amtsermittlungspflicht oder des rechtlichen Gehörs werden.
[FONT="]OLG Düsseldorf 21.08.95 - 10 W 66/95:
"Ein Gutachten ist mangelhaft, wenn der Sachverständige in nicht nachprüfbarer Weise nur das Ergebnis seiner Untersuchungen mitteilt." bzw.
[/FONT][FONT="]BVerwG, 2010-06-30,2 B 72/09
: "Weicht der Sachverständige von einer solchen Stellungnahme ab, so muss er im Gutachten auf diese fachkundige Äußerung eingehen und den Grund für seine abweichenden Feststellungen nachvollziehbar darlegen. Andernfalls ist das Gutachten unvollständig und deshalb fehlerhaft und nicht verwertbar ".[/FONT]
Andererseits ist deine Argumenationsschiene bei Gutachtern der Gegenseite genau die fehlenden Fachkompetenz. Sprich falsches Fachgebiet.
[FONT="]BGH NJW 1982, 1094:
"[...] wenn sich ein Facharzt auf ein anderes Fachgebiet begibt, so muß er regelmäßig dessen aktuellen Standard in allen Ausprägungen gewährleisten.[...]";
[/FONT][FONT="]Ergebnisniederschrift der 1. Sitzung der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" (Wahlperiode 2003/2007) am 25. Juni 2003 bei der BÄK in Köln zu TOP 4:
"[...] gebietsfremde Gutachten sind prinzipiell abzulehnen mit Ausnahme der aus Orthopädie und Unfallchirurgie wegen der Nähe und Gemeinsamkeiten der Fachgebiete.[...]";
BSG-Urteil vom 29.09.1999 – B6 KA 38/98 R zur Einhaltung der Fachgebietsgrenzen. „
Die Gründe, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats unter verfassungsrechtlichen Aspekten für die Aufgliederung der ärztlichen Tätigkeit in verschiedene Fachdisziplinen und die Notwendigkeit der Beschränkung des für ein Fachgebiet zugelassenen Arztes auf die Tätigkeit in diesem Fachgebiet angeführt worden sind, haben weiterhin Gültigkeit.“.[/FONT]
Das nächste Problem zum Thema Gutachter ist die freie Beweiswürdigung des Gerichtes. Dem Gericht steht es grundsätzlich frei, welchem Gutachter es glaubt. Egal wieviel Schwachsinn er so schreibt.
Das Gericht muß allerdings begründen, warum es welchem Gutachter folgt.
Und dazu reicht es nicht, wenn es Sätze schreibt wie "überzeugende Darstellung" oder "nachvollziehbare Argumentation".
Will das Tatsachengericht von den medizinischen Feststellungen und Einschätzungen eines Sachverständigen abweichen, bedarf es jedoch einer eindeutigen Aussage darüber, aus welchem Grund die Abweichung erfolgt, welche Kompetenz dem LSG für seine auf medizinischem Gebiet liegende Beurteilung zukommt und worauf diese medizinische Sachkunde beruht (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl nur Urteil vom 9. März 1988 -
9/9a RVs 14/86, JURIS)(
BSG, Urteil vom 11. 11. 2004 - B 9 SB 1/03 R).
Dieser Erkenntnisstand ist aber auch die Basis für die Beurteilung des Sachverständigen, von der er nur wissenschaftlich begründet abweichen kann, und macht sein Gutachten für die Beteiligten und das Gericht transparent und nachvollziehbar. Denn auch für die Beurteilung des Einzelfalles kommt es nicht auf die allgemeine wissenschaftliche Auffassung des einzelnen Sachverständigen an, sondern den aktuellen medizinischen Erkenntnisstand.
Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind (vgl
BSGE 18, 173, 176 = SozR Nr 61 zu §
542 RVO.
Und dazu gibt es auch einige BSG-Urteile (wer diese zur Hnad hat, kann sie bitte ergänzend posten), die dazu sagen, das Gericht muß begründen. Ansonsten ist es ein Verfahrensfehler.
Sprich, was ich dir dazu raten kann, wenn du dir deinen Gutachter ausgesucht hast, telefoniere mit ihm.
Bespreche mit ihm die Probleme, auf die du hingewiesen worden bist. Frage ihn nach seiner diesbezüglichen Haltung. Sage ihm, was dir beim Gutachten wichtig ist. Erkläre ihm, wo deiner Meinung nach der Fehler im Gutachten der Gegenseite liegt. Ggf. zeige ihm deine Literaturnachweise dazu.
Formuliere dieses ggf. im Rahmen einer email-Bestätigung schriftlich. Damit kann die Gegenseite nicht sagen, habe ich nix von gewußt.
Ich z. B. habe es so mit meinem algesiologischen Gutachter gemacht. Und zwar ohne Probleme von seiner Seite. Und da der Gutachter korrekt und ehrenhaft gearbeitet hat, war es überhaupt kein Problem.
Und meine Hinsweise auf ggf. noch fehlende Argumente wurden bewertet, erklärt warum der Gutachter ggf. Dinge nicht so formulieren konnte, wie ich es gerne hätte. Denn manchmal kann der Gutachter es mangels Beweisen nicht. Weil er sonst selbst ungllaubwürdig wird.
Ich kann mir vorstellen, daß dir jetzt der Kopf raucht.
Und es ist dir sicher auch kein Trost, daß du nicht alleine bist. Sondern hier in guter Gesellschaft.
Das Wichtigste und Schwierigste wurde dir schon geraten.
Du brauchst einen guten Fachanwalt. Daß heißt, ein Anwalt mit Biß und fundiertem Rechtswissen auf dein Rechtsgebiet spezialisiert.
Ein Anwalt, der sich in medizinische Texte wie Gutachten einlesen und diese auch im Wesentlichen Verstehen kann. Einen Anwalt, der mit dir auch Vorschläge vor dir zum Weiteren vorgehen durchdiskutiert. Respektive Denkansätze hier aus dem Forum.
Du fragst uns, welchen Anwalt? Das ist etwas, was dir keiner sagen kann. Du wirst feststellen, hier im Forum hat der Eine mit Anwalt XY gute Erfahrungen gemacht der Andere schlechte. Jeder wird dir also etwas anderes raten.
Deswegen wirst du von mir diesbezüglich keinen Rat bekommen. Weil ich weder deinen Fall noch dich noch sonst etwas von dir gut genug dafür kenne. Und damit kann ich dir keinen Rat geben.
Und du brauchst dich. Denn es wird deine Aufgabe werden, deinem Anwalt zuzuarbeiten. Sich mit den Gutachten auseinanderzusetzen und ihre inhaltlichen und auch fachlichen Fehler auszuklamüsern. Diese Arbeit kann dir dein Anwalt nicht abnehmen. Dazu hat er gar nicht die Zeit und auch den Überblick über deine Akte.
Gruß