Liebe Freunde!
Ich habe ein BGH-Urteil gefunden, reiner Zufall: VI ZR 316/19 vom 10.03.2020, da steht:
01
Jemand hat einen schweren Unfall und war schwer eingeschränkt. Er wollte aber trotzdem in Urlaub fahren. In Urlaub war er früher immer gefahren, also: warum jetzt nicht auch? Das wurde aber für den Rollstuhlfahrer aber teuer. Er brauchte eine Begleitperson, auch das spezialisierte Hotel war nicht gerade billig - jedenfalls sehr viel teurer als das, was der Verletzten früher einmal im Hotel ausgegeben hat, als er noch nicht verunglückt war. Um diese Mehrkosten ist es gegangen.
02
Der BGH hat entschieden: Alles, was jetzt der Urlaub deswegen teurer ist, weil es den Unfall gegeben hat, muss die gegnerische Versicherung bezahlen.
03
Was ist an dem Urteil wichtig?
Wichtig ist: Die Versicherung hat gesagt, dass Urlaub nicht notwendig ist.
(a)
Nun...das stimmt ja durchaus. Urlaubsreisen sind nicht notwendig. Damit wird keine Not abgewendet. Die Behauptung ist also zunächst einmal wahr.
(b)
Wahr schon - aber unerheblich.
Im Gesetz steht nicht, dass Schaden nur soweit ersetzt wird, als es gebraucht wird, um eine Not abzuwenden. Die Grenzen liegen woanders. Vor allem: die Grenze der Fairness darf nicht überschritten werden. Keine Schadenstreiberei, § 254 BGB!
(c)
Wir alle haben vor dem Unfall unser Leben selbst gestaltet. Es gilt nicht als grob unvernünftig, als sinnlose Verschwendung, wenn man im Urlaub verreisen will. Auch dann, wenn es in die Karibik geht. Also sind die Mehrkosten, die durch den Urlaub entstanden sind, nicht durch Unvernunft entstanden. Dann sind sie auch keine Schadenstreiberei. Also muss es bezahlt werden.
04
Ich habe einen Freund, der war gar nicht überrascht. Der hat nur gebrummelt, dass er das schon kennt, nämlich vom sogenannten "Schlossherrenurteil" des BGH. Was war da?
Da war ein Mann zum Rollstuhlfahrer geworden. Er hatte 2 Wohnungen. Die Wohnung unten in der Stadt hat er auf Kosten der Versicherung behindertengerecht umbauen lassen. DAs war schon erledigt. Bei der Wohnung oben in der Burg hat sich die Versicherung gesperrt: „Das ist nicht notwendig...!". Der BGH hat gesagt: Der Mann hatte vorher 2 Wohnungen, dann hat er nachher auch 2 Wohnungen. Es gilt nicht in Deutschland als grob unvernünftig, 2 Wohnungen haben zu wollen. Das haben viele Leute! Also hat der BGH die Versicherung verurteilt, auch die Kosten für den Umbau der 2. Wohnung zu übernehmen
(BGH VI ZR 83/04, Urteil vom 12.07.2005). Das ist die "Schlossherrenentscheidung".
05
Trotzdem ist das neue Urteil wertvoll. Denn es ist zu herrlich deutlich. Und so nah am Leben. „Urlaub“, den wollen wir alle! Es ist offensichtlich, dass Urlaubsreisen nicht zwingend erforderlich sind: Aber dass man gerne in Urlaub fahren will, das besteht jeder.
Also, Freunde: Kommt der Einwand "nicht notwendig", muss man fragen, ob es darauf ankommt!
(Übrigens: Nicht überall, auf was die Versicherung "Schadensminderungspflicht verletzt!" draufschreibt, war auch eien Pflichtverletzung drin!)
Noch Fragen?
ISLÄNDER
Ich habe ein BGH-Urteil gefunden, reiner Zufall: VI ZR 316/19 vom 10.03.2020, da steht:
01
Jemand hat einen schweren Unfall und war schwer eingeschränkt. Er wollte aber trotzdem in Urlaub fahren. In Urlaub war er früher immer gefahren, also: warum jetzt nicht auch? Das wurde aber für den Rollstuhlfahrer aber teuer. Er brauchte eine Begleitperson, auch das spezialisierte Hotel war nicht gerade billig - jedenfalls sehr viel teurer als das, was der Verletzten früher einmal im Hotel ausgegeben hat, als er noch nicht verunglückt war. Um diese Mehrkosten ist es gegangen.
02
Der BGH hat entschieden: Alles, was jetzt der Urlaub deswegen teurer ist, weil es den Unfall gegeben hat, muss die gegnerische Versicherung bezahlen.
03
Was ist an dem Urteil wichtig?
Wichtig ist: Die Versicherung hat gesagt, dass Urlaub nicht notwendig ist.
(a)
Nun...das stimmt ja durchaus. Urlaubsreisen sind nicht notwendig. Damit wird keine Not abgewendet. Die Behauptung ist also zunächst einmal wahr.
(b)
Wahr schon - aber unerheblich.
Im Gesetz steht nicht, dass Schaden nur soweit ersetzt wird, als es gebraucht wird, um eine Not abzuwenden. Die Grenzen liegen woanders. Vor allem: die Grenze der Fairness darf nicht überschritten werden. Keine Schadenstreiberei, § 254 BGB!
(c)
Wir alle haben vor dem Unfall unser Leben selbst gestaltet. Es gilt nicht als grob unvernünftig, als sinnlose Verschwendung, wenn man im Urlaub verreisen will. Auch dann, wenn es in die Karibik geht. Also sind die Mehrkosten, die durch den Urlaub entstanden sind, nicht durch Unvernunft entstanden. Dann sind sie auch keine Schadenstreiberei. Also muss es bezahlt werden.
04
Ich habe einen Freund, der war gar nicht überrascht. Der hat nur gebrummelt, dass er das schon kennt, nämlich vom sogenannten "Schlossherrenurteil" des BGH. Was war da?
Da war ein Mann zum Rollstuhlfahrer geworden. Er hatte 2 Wohnungen. Die Wohnung unten in der Stadt hat er auf Kosten der Versicherung behindertengerecht umbauen lassen. DAs war schon erledigt. Bei der Wohnung oben in der Burg hat sich die Versicherung gesperrt: „Das ist nicht notwendig...!". Der BGH hat gesagt: Der Mann hatte vorher 2 Wohnungen, dann hat er nachher auch 2 Wohnungen. Es gilt nicht in Deutschland als grob unvernünftig, 2 Wohnungen haben zu wollen. Das haben viele Leute! Also hat der BGH die Versicherung verurteilt, auch die Kosten für den Umbau der 2. Wohnung zu übernehmen
(BGH VI ZR 83/04, Urteil vom 12.07.2005). Das ist die "Schlossherrenentscheidung".
05
Trotzdem ist das neue Urteil wertvoll. Denn es ist zu herrlich deutlich. Und so nah am Leben. „Urlaub“, den wollen wir alle! Es ist offensichtlich, dass Urlaubsreisen nicht zwingend erforderlich sind: Aber dass man gerne in Urlaub fahren will, das besteht jeder.
Also, Freunde: Kommt der Einwand "nicht notwendig", muss man fragen, ob es darauf ankommt!
(Übrigens: Nicht überall, auf was die Versicherung "Schadensminderungspflicht verletzt!" draufschreibt, war auch eien Pflichtverletzung drin!)
Noch Fragen?
ISLÄNDER