Hallo Ingeborg!
1) In dem von dir zitieren Urteil wird in Absatz 9 mit „Dem wollte der Gesetzgeber mit dem Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz <BGBl I 2004, S. 3220 bis 3230>) nachkommen“ genau das, was ich dir zur Anhörungsrüge (§178a SGG) geschrieben habe, Bezug genommen.
2) Ansprechpartner wie eine Anhörungsrüge ist immer die Instanzebene also das Gericht, in dem du dich gerade befindest und das den Bescheid erstellt hat gegen den du Anhörungsrüge erhebst. Ist die Instanzebene abgeschlossen, also gibt es ein Urteil, ist eine Anhörungsrüge und sich daraus ergebende Möglichkeiten gegen diesen Bescheid nicht mehr möglich. Auch das Urteil selber kann dann auf Basis dieses Bescheides bzw. dessen Inhalte nicht mehr mit einer Anhörungsrüge/Verletzung des rechtlichen Gehörs angegriffen werden.
Bescheid LSG – Anhörungsrüge beim LSG einzureichen
3) Formulierungen hängen davon ab, was für einen Inhalt deine Begründung enthält und wie und wie das Gericht darauf geantwortet hat – also ob du selber korrekt das Recht angewendet hast und wo das Gericht ggf. umgedeutet, ignoriert, ausgelassen, Rechtsprechung fehlerhaft angewandt, Beweise nicht oder warum fehlerhafte Beweise dazu fehlerhaft berücksichtig hat etc..
Da ich diese Inhalte nicht kenne – kann ich dir keine Formulierungshilfen geben.
Ich kann dir nur noch einmal den Rat geben, dich ins Internet zu begeben, dort nach entsprechenden Urteilen/Mustern zur Anhörungsrügen/Verfassungsbeschwerden etc. zu suchen, diese mit deinem Fall abzugleichen, vergleichbare Handlungsweisen und Argumentationbasen des Gerichts zu finden und dann dort Verwandtes an deinen Fall anzupassen.
Und ja, das ist zeitaufwendig. Alleine für die Anhörungsrüge habe ich Entwurf Nr. 15 abgeschickt. Für die Verfassungsbeschwerde war es Entwurf Nr. 28.
4) Als allgemeiner Hinweis zur Akteneinsicht – soweit mir dazu die Rechtsgrundlagen bekannt sind bzw. ich sie selber angewandt habe.
Dazu gilt zB
https://www.haufe.de/sozialwesen/sg...teneinsichtsrecht_idesk_PI434_HI2767730.html:
„Ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht besteht nur, wenn ein Verwaltungsverfahren läuft. Verwaltungsverfahren ist das Verfahren einer Behörde, das auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist.“
Bzw.
„Auch außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens kann eine Privatperson Akteneinsicht beantragen. Dann entscheidet die aktenführende Behörde aber nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie Akteneinsicht gewährt. In diesem Fall hat eine Privatperson einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einsichtsgesuch, wenn sie ein berechtigtes Interesse auf Akteneinsicht geltend macht.“
Soweit mir die Rechtslage bekannt ist, steht dir uneingeschränkt Akteneinsicht in die Verwaltungsakten zu – allerdings nur vor dem Gerichtsverfahren im Verwaltungsverfahren.
Sobald es zum Gerichtsverfahren kommt, ist diese Bestandteil der Gerichtsakte. Dann gelten die Regeln zur Akteneinsicht für ein Verfahren.
Ansonsten hast du zur Vorbereitung meines Wissens nach noch vor/zum Prozess bzw .vor jedem neuen Instanzgang (also Berufung/Revision) bzw. ggf. jedem neuen Antrag (zB Befangenheit) zum derzeitigen Verfahren an das Gericht die Möglichkeit zur Vorbereitung auf den Prozeß ohne spezifischen, sich aus dem Verfahren sonstigem ergebenden Grund Akteneinsicht zu beantragen.
Und da gilt soweit mir da die Rechtslage bekannt ist, dass du vor dem Verfahren im Verwaltungsverfahren/spätestens zum Verfahrensbeginn der 1. Instanz die Möglichkeit gehabt hättest, Einblick in die Akte zu nehmen.
Hast du dies nicht getan und entstehen dir dadurch, dass du den relevanten Inhalt schon vorliegen sollen hättest haben können so du denn den dir zustehenden Einblick genommen hättest und/oder zumal es dein RA Kopie in der Handakte hätte haben sollen/können und du damit auch da die Möglichkeit hättest auf die Dokumente zugreifen zu können
- du dies aber nicht hast, also dir in deinem Fall dieses Dokument fehlt und dir daraus Nachteile entstehen, dann ist das als dein Verschulden dir anzulasten und kann nach Beendigung einer Verfahrensebene nicht mehr geheilt werden – eine sog. Rügeobliegenheit, die nicht wahrgenommen wurde und damit dein Rügeverschulden.
Ein nachträgliches Heilen durch Stattgeben eines entsprechenden Antrags auf Heilung ist dann nicht mehr möglich.
Dazu gilt weiter nach Änderung der ZPO etwa 2004, dass in der 1. Instanzebene alle Argumente, die du hast aufgeführt werden müssen. Ein späteres Nachreichen neuer Argumente in einer weiteren Instanzebene ist grundsätzlich nicht mehr möglich, sprich diese Argumente sind nicht verfahrensrelevant. Anträge auf Amtsermittlung des Gerichts zu diesen Argumenten sind nicht zu beachten bzw. unzulässig und ihnen nicht stattzugeben.
Einzige rechtlich zulässige Ausnahme ist der Umstand, dass diese neuen Argumente sich erst durch die neue Instanz bzw. durch die Amtsermittlung dieser ergeben haben.
Vergleichbar zB dem Umstand, dass der Gutachter der Versicherung nicht der war, der er hätte sein sollen bzw. dem zugestimmt wurde, man sich trotzdem hat begutachten lassen, dann Verwaltungsbescheid ergangen ist und dies erst in der 1. Instanz oder noch viel schlimmer erst in der 2. Instanz gerügt wird.
Verfristet und damit nicht mehr relevant bzw. stillschweigende Anerkennung und das Gutachten ist rechtsgültig.
Nach meiner Interpretation ist die Rechtslage in deinem Fall dann vergleichbar durch keine Wahrnehmung des Rechts auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren/vor Gerichtsverfahren und keine Anführung dieser obwohl du die Möglichkeit dazu hattest, dann erst in der 2. Instanzebene Anbringen neuer Argumente und damit rechtlich unzulässig und vom Gericht nicht zu beachten.
Einzige Ausnahme bei dir, die ich dazu sehe wäre der Umstand, dass du diese Argumentation des fehlerhaften Bescheids schon in der 1. Instanz wenigstens allgemein angemahnt hattest und dazu auch Beweisantrag bis in die mündliche Verhandlung gestellt hast und das Gericht der 1. Instanz darauf nicht eingegangen ist. Damit wäre dann ein Verfahrensfehler ausreichend begründbar, der in der 2. Instanz dann hätte geheilt werden müssen.
Von daher befürchte ich da schon grundsätzlich ein immenses Begründungsproblem, dass die nicht gegebene Akteneinsicht in deinem Fall eine verwertbare und rechtsrelevante Begründung für einen Verfahrensfehler ist.
Im Unterschied zB zum von dir zitierten Urteil in #6 des BSG, da ging es nicht wie bei dir eben nicht um einen weit zurückliegenden Schriftsatz, der dir dazu längst durch deine zu diesem Zeitpunkt vorhandene aber nicht wahrgenommene Akteneinsicht hätte bekannt sein können und müssen und dazu aus einem anderen, längst abgeschlossenen Verfahren und dazu zur Begründung eines Antrags/Handels zur Einbringung neuer Argumente im nächsten Instanzenzug sondern um „zur Fertigung der Beschwerdeschrift Akteneinsicht beantragt“ nach Beendigung eines Instanzenzugs (Urteil) zur die Vorbereitung auf ein neues Verfahren .
Für alle Fälle habe ich dir noch einen Link zu einem Urteil beigefügt. Dies beschreibt Recht gut, was und wie hätte passieren müssen bzw. nicht passiert ist und warum dann wo ein Verfahrensfehler begangen wurde.
http://anwaltskanzlei-adam.de/index.php?id=108,786,0,0,1,0
Vllt. kann Isländer dazu ergänzen bzw. inhaltlich korrigieren sofern ich da etwas falsch wiedergegeben/verstanden habe.