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Berufsunfähigkeitsvericherung: Vergleichsberechnung

oohpss

Erfahrenes Mitglied
Registriert seit
23 Juli 2007
Beiträge
1,237
Ort
Hamburg
Hallo,

bei uns naht das Gerichtsverfahren gegen die BU.

Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass wir gewinnen.
Aber es ist eine zusammengelegtes Verfahren, da wir auch gegen die Unfallversicherung geklagt haben.

Unser Anwalt erläuterte, dass es üblicherweise, außer bei eindeutiger Rechtslage, dazu kommt, dass der Richter den Parteien einen Vergleich empfiehlt, wobei er dies auch üblicherweise begründet. Z.B. damit, dass der Sachverhalt zwar nicht eindeutig ist, aber die Indizien für die Beklagte sprechen oder umgekehrt. Es könne auch sein, dass die Begründung 50/50 ausgeht.

Dadurch ergeben sich folgend möglicher Ergebnisse:

0 % für den einen - 100 % für den anderen
33 % für den einen - 66 % für den anderen
50 % für den einen - 50 % für den anderen

Mit dem Anwalt haben wir besprochen, dass er eine kurze Pause zur Beratung beantragt, soweit es zu einer "Vergleichsempfehlung" kommen würde,

Nun möchten wir ausrechnen bei welchen Beträgen wir zustimmen würden.
Dazu müssten wir aber errechnen können, wie sich die Summen für Vergleichsangebote bei BUs berechnen lassen.

Ich weiß dass die Berechnung "Monatlicher BU-Betrag x Restlaufzeit des Vertrages seit Unfall" nicht richtig ist, weil die Versicherungen auch so etwas wie die Verzinsung des ausgezahlten Vergleichsbetrages berechnen. Da die Versicherung aber garantiert ausgerechnet hat, welche Beträge für sie interessant sind, möchte ich das auch machen.

Hat jemand Ahnung oder Quellen oder die richtigen Suchbegriffe für Google?

Bin für jede Hilfe dankbar.

Mit besten Grüßen
oohpss
 
Hallo oohpss,
ich kann Dir da nicht folgen. Wenn BU besteht, dann ist die Rente zu zahlen. Eine Abfindung dafür sollte auch nicht berechenbar sein, da die BU-Rente entzogen werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung wegfallen.
Ich habe gerade mal geschaut, was die "Versicherungslehre" dazu sagt. Dort ist keine Möglichkeit zur Kapitalisierung vorgesehen. Ich habe auch in den Urteilsdatenbanken nichts zu dieser Möglichkeit gefunden.
Ich bin auch der Meinung, dass bei dieser Frage auch nur ein entweder/oder Entscheidung herauskommen kann.

Gruß von der Seenixe
 
Danke für die raschen Antwort und Stellungnahme, Seenixe.

Es geht zunächst nicht darum ob die Berufsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen vorliegt oder nicht.

Es geht primär darum, dass beide Versicherungen die Auffassung vertreten, dass das Unfallereignis kein Unfall war, sondern das die Herbeiführung der Gesundheitsschäden willentlich geschah.

Und da es keinen Augenzeugen gibt und da es nun um die Schlussfolgerung aus der Beurteilung von Indizien geht, kann sich ergeben, dass der Vergleich empfohlen wird, weil eben mehr Indizien für die eine oder die andere Variante sprechen.

Und daraus ergibt sich wieder, dass die BU ein Vergleichsangebot machen könnte bzw. nach meinem Dafürhalten machen wird.

Ist das plausibel dargestellt?

Grüße
oohpss

PS: Dennoch Danke für Dein Engagement und Deine Recherchen, dann kann ich auch aufhören die tausenden von PDFs zu öffnen, die mir Google gezeigt hat.
 
Hallo oohps,

mir liegt hier ein 42-seitiger Kommentar von Ahlborg zur BU-Versicherung vor. Wenn ich mich recht entsinne hatte ich ihn beim Unfallreporter gefunden. Auf der letzten Seite heißt es unter der Überschrift "Vergleich":
c) Vergleich

186 Gerade unter Berücksichtigung der Regelungen in der ZPO, wonach das Gericht in jedem Stand des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken hat, werden die Gerichte oft eine vergleichsweise Lösung, auch unter wirtschaftlichen Aspekten, vorschlagen.

187 Zur vergleichsweisen Erledigung eines auf Leistungen aus einer BU-Versicherung gerichteten Verfahrens sind mehrere Möglichkeiten denkbar.

Die Parteien können sich entweder darauf einigen, dass der Versicherer von der zu gewährenden BU-Rente und der Beitragsbefreiung bis zum Laufzeitende der Versicherung einen bestimmten Prozentsatz zahlt, der sich nach den Erfolgsaussichten
der Parteien richtet. Dabei sollte auch vereinbart werden, dass auf Seiten des Versicherten eine Erhöhung2 1 7 ausgeschlossen ist, der Versicherer dagegen auf sein Recht zur Nachuntersuchung aus § 7 AVB-BUZ verzichtet.

Die Parteien können sich auch auf die Zahlung einer einmaligen Abfindung und der damit verbundenen Beendigung der BUZ einigen. Die Hauptversicherung läuft in diesem Fall unverändert weiter und der Versicherte bliebe auch zur Zahlung der entsprechenden Prämien verpflichtet. Die Abfindungssumme kann sich zusammensetzen aus den bis zum Vergleichsschluss aufgelaufenen Leistungen und den Leistungen bis zum Laufzeitende der Versicherung, wobei dieser Betrag auf den Zeitpunkt des Vergleichsschlusses abzuzinsen wäre und von dem verbleibenden Betrag ein bestimmter Prozentsatz unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Parteien errechnet wird.

Der Wert eines solchen Vergleiches soll dem Verfahrensstreitwert entsprechen, auch wenn der Vergleichsbetrag hiervon abweicht.

Hilft dir das weiter?

Gruß
Joker
 
Hallo Joker,

im Prinzip ist es dass, was ich wusste und es bestätigt das was mir der Anwalt sagte.

Das tatsächliche Problem ist aber, dass ich der Versicherung nicht traue und deshalb gerne wüsste wie der Vergleichsbetrag errechnet wird.

Beispiel:
BU Laufzeit seit Unfall bis Vertragsende noch 300 Monate.
BU Leistung pro Monat 100 Euro.
Wäre ja eigentlich einfach zu rechnen: 300 * 100 Euro = 30.000 Euro.

ABER: Es gibt eben diese Formulierung der "Abzinsung".
Es wird, weil das Geld ja angelegt werden könnte und dieser Zinsertrag dem Versicherten zugerechnet wird, noch etwas abgezogen werden. Auf Wikipedia steht die Formel für eine Abzinsung.
Ich weiß nun aber nicht wie das bei diesen Versicherungen funktioniert und welcher Zinssatz herangezogen wird.
Aber nur wenn ich diese Info habe, könnte ich die Versicherung kontrollieren.

Da die garantiert wieder zu ihren Gunsten rechnen werden, möchte ich etwas dagegen halten können.

Grüße
oohpss
 
Hallo oohpss,

bei der Heranziehung des Zinssatzes gibt es verschiedene Auffassungen. Manche nehmen den Basiszins der EZB + z.B. 5% Aufschlag, manche den Durchschnittszins der letzten 7 Jahre. Vielleicht findest du etwas in den Versicherungsbedingungen, oder frag bei der Versicherung einfach nach.

Viele Grüße

Abendsonne
 
Danke Abendsonne,

die 5 % + Basiszins haben wir selbst bei der Verzinsung seit Klageerhebung bzw. Leistungspflicht in der Klageschrift angegeben.

Bei der Versicherung kann ich für so einen speziellen Fall schlecht anfragen, weil ja die Klagen laufen.
Meinen richtigen Namen kann ich ohnehin nicht nennen und eine Versicherungsnummer kann ich auch nicht angeben.
Also müsste ich als Neukunde anrufen. Und dazu fragen wie die Leistung errechnet wird, wenn ich eine BU abschließe und wir uns dann vor Gericht vergleichen, kommt schon seltsam.

Ich werde dann wohl doch auf den Termin nächsten Monat warten müssen.

Aber Danke für Deine Erläuterungen.

Grüße
oohpss
 
Hallo oohps,

wenn es dir rein um den Kapitalisierungszinssatz geht, so kann ich dir die Auskunft geben, dass Versicherungen gerne mit 5% rechnen. Du siehst schon: ein Zinssatz von dem man nur träumen kann und mit dem die Versicherungen billigst davon kommen. Zum Thema Kapitalisierung (nebst Kapitalisierungstabellen) hat auch Küppersbusch einiges in seinem Buch "Ersatz von Personenschäden" geschrieben, ist übrigens ebenfalls auf den Seiten des Unfallreporters zu finden ;) Aber Achtung: Küppersbusch steht der Versicherungswirtschaft sehr nahe, dementsprechend sind seine Aussagen zu werten!

Eher verbraucherorientiert ist da Pardey. War es bei ihm, wo ich von einem Urteil des LG Köln gelesen habe, dass "lediglich" einen Zinssatz von 3 % festgesetzt hat? Sorry, ich weiß es nicht mehr. Einen Aufsatz, wo auch die Kapitalisierungszinsen nebst - in aktuellen Zeiten nicht haltbaren - versicherungsfreundlichen Theorien thematisiert werden, findest du übrigens hier.

Also ich würde einfach mal Kalkulationen mit 3-4% machen, Argumentationshilfen hast du jetzt ja ;)

Gruß
Joker
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Joker,

es geht mir um den Zinssatz der für die "Abzinsung" herangezogen wird.

Bei der Berechnung der Zinsen, die die Versicherung seit Leistungspflicht leisten muss haben wir auch mit den 5 % über dem Basiszinsatz gerechnet. Teilweise sind das effektiv über 8 % und seit 1.1.09 5.12 %. Also für diesen Teil, bei dem die Versicherung die Zinsen bezahlen muss, habe ich nichts für die 5 % über Basiszinssatz.

Aber nun soll ja das "abzinsen" errechnet werden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass da auch die 5 % über Basiszinssatz herangezogen werden.

Mal sehen was der Richter sagt.

Danke und Grüße
oohpss
 
Hallo oohps,

so frustran es sich jetzt auch für dich anhören mag: die von mir genannten Literaturstellen bezogen sich allesamt ausschließlich auf die Abzinsung :( Die genannten Zinssätze bezogen sich auch nicht auf [x% + Basiszinssatz], sondern rein auf die abzuzinsenden Zinssätze, also x%!
Ja, du hast es richtig erkannt: ein weiterer Punkt, wo man die Geschädigten am ausgestreckten Arm verhungern lässt, und das ganze noch durch die Justiz (oder ist es doch eher die Politik (?)) unterstützt :mad:

Mich verwundert der erst letzte Woche gemeldete Milliarden-Gewinn der Allianz nicht. MIR ist klar auf wessen Kosten...

Gruß
Joker

P.S. der von mir gepostete Link beschäftigt sich mit Gründen, warum 5% als Abzinsungssatz zu hoch sein dürfte, also eine Argumentation FÜR dich; hab mich mit der Formulierung "versicherungsfreundliche Theorien" vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt. Und schwupps, ändere es gleich ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Joker,
für die Aufklärung.

Somit muss also bei einem Vergleich auch über den anzusetzenden "Kapitalisierungszinsfuß" eine Einigung hergestellt werden.

Ich hätte nie gedacht, dass das alle so kompliziert sein könnte.
Die Versicherungen haben sich tatsächlich hunderte von Hebel eingebaut, wo sie wahlweise triggern können.

Denn die absolute Abszinsung (in Euro) einer Abfindung für eine BU, die an sich monatlich gezahlt wird, ist ja von der Zeit abhängig, die bei der Bezahlung der Rate zu beachten wäre. Und dazu kommt dann noch der Zinzeszinseffekt.

Dann muss ich wohl mal die Tabellenkalkulation aufmachen ...

Übrigens: Im Online-Handelsblatt erschien gestern ein Bericht zu den größten Problemen Allianz.
Der erste Text:
"Die Allianz ist gemessen am Börsenwert die größte Versicherung der Welt. Knapp 100 Mrd. Umsatz macht der Riese aus München pro Jahr. Jahrelang liefen die Geschäfte im Zeichen des weißen Adlers auf blauem Grund wie von selbst. Doch längst werden die Probleme immer offensichtlicher: Die Allianz hat generell ein Kostenproblem: Ihr Apparat ist zu teuer, die Schaden-Kostenquote muss daher deutlich runter. "

Danke für die Unterstützung!

Grüße
oohpss
 
Hallo oohps,

kurzer Nachtrag: ich habe das Urteil des LG Köln wiedergefunden, in dem ein Zinsfuß von 4% abzüglich eines Dynamisierungsfaktors von 1,5% (also insgesamt 2,5%) ausgeurteilt wurde. Hier der Volltext:
Landgericht Köln, 25 O 649/03
Datum: 09.02.2005
Gericht: Landgericht Köln
Spruchkörper: 25. Zivilkammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 25 O 649/03

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.613,78 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 7.338,79 € seit dem 28.01.2002 und aus 5.274,99 € seit dem 23.01.2004 zu zahlen, sowie als Ausgleich für die von der Klägerin an Herrn M 2004 gezahlte und noch zu zahlende Verletztenrente einen Kapitalisierungsbetrag von 38.026,94 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2004 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägen die Klägerin zu 37 % und die Beklagte zu 63 %.

Das Urteil ist für jede Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, der auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden kann, vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d:


1
Die Klägerin zahlt als zuständige Berufsgenossenschaft infolge von zwei Arbeitsunfällen dem Arbeitnehmer M, geboren am 15.06.1939, monatlich zwei Renten, und zwar wegen einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit von 15 % (1. Unfall vom 02.12.1993) plus 10 % (2. Unfall vom 09.02.1999), also insgesamt 25 %.

2
Hinsichtlich des ersten Unfalls bei der Firma E GmbH & Co. KG, die inzwischen durch Verschmelzungsvertrag von der Beklagten übernommen wurde, wurden gegenüber dem damaligen Arbeitgeber des Herrn M bzw. dessen Haftpflichtversicherer Regressansprüche geltend gemacht. Im Rahmen des Regulierungsgesprächs vom 24.4.1995 einigten sich die Klägerin und die Haftpflichtversicherung in einem Vergleich dahingehend, dass letztere 70 % aller Aufwendungen der Klägerin, die aus diesem ersten Schadensfall entstanden sind und noch entstehen werden, tragen sollte, was dann in der Folgezeit auch geschah. Sie übernahm in den Jahren 1994 und 1995 70 % der dem Arbeitnehmer M gezahlten Verletztenrente. Nach dem 31.10.1995 bestand dann bei diesem nach Heilbehandlungen nur noch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 15 %. Da dieser Minderungsgrad nicht ausreicht, um einen Rentenanspruch zu begründen, endete die Rentenzahlung und damit auch die anteiligen Ausgleichszahlungen der Haftpflichtversicherung. Mit Schreiben vom 11.11.1998 verzichtete die Haftpflichtversicherung gegenüber der Klägerin bis zum 31.12.2003 auf die Erhebung der Verjährungseinrede betreffend Ansprüche aus dem Schadensfall vom 02.12.1992.

3
Durch den zweiten Arbeitsunfall des Herrn M am 09.02.1999 und das Hinzutreten der daraus resultierenden weiteren Minderung der Erwerbsfähigkeit von zunächst 20 % und dann nur noch 10 % (ab 01.02.2002) erhielt der Arbeitnehmer M auch wieder Rente aufgrund der Folgen des ersten Arbeitsunfalls, weil die Vomhundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zusammen mehr als 20 betrugen (§ 56 Abs. 1, S. 2 und 3 SGB VII). Hinsichtlich dieser nunmehr wieder zu zahlenden Rente aufgrund des ersten Arbeitsunfalls lehnte die Haftpflichtversicherung der Beklagten einen dem damaligen Vergleich entsprechenden Ausgleich mit Schreiben vom 28.01.2002 ab.

4
Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage 70 % der bis zum 31.12.2003 an Herrn M aufgrund des ersten Unfalls erbrachten Rentenzahlungen, also bezogen auf die daraus fortbestehende Erwerbsminderung in Höhe von 15 %. Insgesamt wurden bezüglich des 1. Unfalls 18.019,69 € gezahlt, so dass 12.613,78 € begehrt werden. Daneben wurde und wird eine weitere Rente wegen des zweiten Unfalls in Höhe von 10 % gezahlt. Diesbezüglich wird kein Ausgleich verlangt.

5
Zudem verlangt die Klägerin unter Berufung auf § 110 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bzw. § 640 Abs. 1 RVO in der 1993 geltenden Fassung die Kapitalisierung des zukünftigen Regressanspruchs unter Berücksichtigung der restlichen Lebenserwartung und der Dynamisierung, jedoch ohne Kapitalisierung, weil Abfindungen nach den gesetzlichen Vorgaben nicht der Rücklage und nicht den Betriebsmitteln der Sozialversicherungsträger zugeführt werden dürften. So errechnet sie einen Betrag von 67.156,44 €

6
Der Kläger beantragt,


7
die Beklagten zu verurteilen, an sie 12.612,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 7.338,79 € seit 28.01.2002 und im übrigen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,


8
sowie als Ausgleich für die von ihr gezahlte Verletztenrente einen angemessenen Kapitalisierungsbetrag, mindestens aber 67.156,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


9
Die Beklagte beantragt,


10
die Klage abzuweisen.


11
Sie ist der Ansicht, ein Regressanspruch bestehe trotz der Vergleichsregelung nicht. Dies ergäbe sich aus dem Regelungsgefüge der RVO, die eine Privilegierung des Unternehmers vorsehe. Die Regelung, dass eine Rentenpflicht nicht bestehe, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit unter 20 % liege, gelte mittelbar auch für den Unternehmer. Eine durch ein nicht mit dem ersten im Zusammenhang stehendes weiteres Schadensereignis herbeigeführte Erhöhung des Prozentsatzes könne keine Haftung des Erstschädigers auslösen, vielmehr hafte dann der Zweitschädiger, weil erst sein Verhalten die Rentenverpflichtung ausgelöst habe.


12
Eine Kapitalisierung könne die Klägerin nicht verlangen, da eine solche in der Vergleichsregelung nicht vorgesehen sei.


13
Äußerst hilfsweise werden die von der Klägerin der Kapitaisierungsberechnung zugrunde gelegten Voraussetzungen bestritten.


14
Zudem erhebt sie die Einrede der Verjährung.


15
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


16
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:


17
Die Klage ist im wesentlichen begründet.


18
1.

19
Die Klägerin kann von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des früheren Arbeitgebers des Herrn M, der E GmbH & Co. KG, aufgrund des am 24.04.1995 mit deren Haftpflichtversicherung geschlossenen Vergleich Ersatz von 70 % der ab dem 09.02.1999 wieder an Herrn M gezahlten Rente betreffend den ersten Arbeitsunfall (15 % MdE) verlangen. Die Höhe ist in der Klageschrift richtig berechnet und entspricht der im Rentenbescheid der Klägerin vom 06.11.2001 angegebenen Rentenberechnung betreffend 15 % MdE als Folge des Arbeitsunfalls vom 02.12.1993 und den Angaben zu den Rentenerhöhungen in 2002 und 2003. Hinsichtlich der insoweit geleisteten Zahlungen der Klägerin in Höhe von 18.019,69 € kann sie aufgrund der Vergleichsregelung 70 % verlangen, also 12.613,78 €.


20
Auch wenn die beiden Arbeitsunfälle jeder für sich keine Rentenzahlungspflicht mehr ergeben würden, folgt die Pflicht zur Zahlung einer Rente aus § 56 Abs. 1, S. 2 und 3 SGB VII, weil die jeweiligen Grade der Erwerbsminderung zusammen 20 % sogar übersteigen. In der Zusammenschau mit den Absätzen 1 und 3 ergibt sich, dass bei einer MdE von 10 % bis 19% als Unfallfolge zwar kein Rentenanspruch besteht, jedoch bei einem weiteren Unfall dieser Grad der MdE zu einer Stützrente führen kann mit der Folge der Rentenzahlungspflicht auch für die erste Unfallfolge. Der für eine solche Unfallfolge Haftende ist daher durch die Vorschriften nur insoweit privilegiert, als keine weitere MdE durch ein weiteres Ereignis hinzukommt und der Stützrenteneffekt ausgelöst wird. Es ist daher nicht zutreffend nur die Privilegierung des Absatzes 1 losgelöst von der Bestimmung des Absatzes 3 zu sehen. Vielmehr ist bei einer MdE in dem o.a. Bereich als latenter Schaden die Möglichkeit einer Rentenzahlungspflicht vorhanden, die sich jederzeit realisieren kann. Dass bei Vorhandensein von unterschiedlichen Verantwortlichen für die verschiedenen Unfälle jeder nur bezogen auf die von ihm zu verantwortenden Unfallfolgen haftet und weder der Erstschädiger noch der Zweitschädiger bei einer Fallkonstellation, wie sie hier vorliegt, allein haftet, ist höchstrichterlich entschieden (vgl. BSGE 63, 58 ff). Insoweit ergibt sich auch aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten nichts anderes (vgl. BSG a.a.O.) Für den Erstunfall im vorliegenden Fall ist daher auch nach Wiederaufleben der Rentenverpflichtung infolge des Zweitunfalls eine Haftung der Beklagten zu bejahen, da sie als Rechtsnachfolgerin durch den Vergleich verpflichtet ist, 70 % der Aufwendungen der Klägerin tragen, die diese aufgrund des ersten Arbeitsunfalls des Herrn M zu erbringen hat. Eine Begrenzung der Haftung ergibt sich daher auch nicht aus § 110 SBG VII.


21
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen, weil die vorliegende Klage Ende 2003 erhoben worden ist und die hinter der Beklagten stehende Haftplichtversicherung ausweislich ihres Schreibens vom 11.11.1998 bis Ende 2003 auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet hat, was die Beklagte sich zurechnen lassen muss, weil sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Klägerin zwecks Schadensregulierung an diese Versicherung verwiesen hat.


22
Da mit Schreiben vom 28.01.2002 gegenüber der Klägerin jegliche Zahlung auch in Bezug auf die von ihr bereits geleisteten Renten für den Zeitraum ab dem 09.02.1999 abgelehnt worden sind, ist hinsichtlich der Summe von 7.338,79 € Verzug seit Ablehnung gegeben. Der Zinsanspruch ergibt sich daher aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 und 2 Nr.3 BGB sowie im übrigen aus § 291 BGB.


23
2.

24
Die Klägerin hat auch gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bzw. § 640 Abs. 1 RVO einen Anspruch auf Kapitalisierung des weiteren Regressanspruchs. Ein solcher ist durch die Vergleichsregelung vom 24.04.1995 nicht ausgeschlossen, da diese sich auch auf zukünftige Aufwendungen der Klägerin bezieht. Wie und in welcher Weise diese zu tragen sind, ist nicht geregelt worden. Es sollte vielmehr in erster Linie die Quote festgelegt werden. Daher kann die Klägerin wie in anderen Fällen des Regresses auch entsprechend den o.a. Vorschriften unter Berücksichtigung der vereinbarten Quote eine Kapitalabfindung verlangen.


25
Diese beläuft sich nach der Berechnung der Kammer auf 38.026,94 €.


26
Ausgehend von der angegebenen letzten Rentenhöhe mit 318,11 € ergibt sich ein Jahresrentenbetrag von 3.817,32 €, von dem die Beklagte 70 % gleich 2.672,12 € zu tragen hat.


27

Angesichts des jetzigen Alters des Herrn M von 65 Jahren und 8 Monaten und unter Berücksichtigung aktueller Sterbetafeln legt die Kammer eine durchschnittliche weitere Lebenserwartung von 16 Jahren zugrunde.


28
Des weiteren ist die voraussichtliche Rentenentwicklung der nächsten 16 Jahre zu berücksichtigten. Die Klägerin hat eine jährliche Steigerungsrate in den Jahren 1999 bis 2003 von 1,8 % dargelegt. Diesen Wert als Dynamisierungsfaktor zugrunde zu legen, begegnet im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung der Einkommens- und Rentenverhältnisse indes Bedenken. Auch wegen der allgemeinen Finanzlage, insbesondere der öffentlichen Kassen, und der sich daraus ergebenden Folgen für die Rentenentwicklung erscheint es der Kammer angebracht, bei ihrer Berechnung die Dynamisierung nur mit 1,5 % zu berücksichtigen.


29
Auch erachtet die Kammer die Beachtung eine Kapitalisierung in Höhe von 4% für sachgerecht. Trotz des Vortrags der Klägerin zu den gesetzlich vorgegebenen Verwendungsmöglichkeiten von Abfindungsbeträgen ist einzuwenden, dass auch Sozialversicherungsträger und gesetzliche Unfallversicherer bei vorzeitig gezahlten Schadensausgleich und der Verwendung dieser Beträge zur Bestreitung laufender Aufwendungen insoweit finanzielle Vorteile haben, als sie andere an sich zur Verfügung zu haltenden Mittel dann anlegen können bzw. selbst bei ansonsten zu finanzierenden Mittel zur Bestreitung der laufenden Kosten in Höhe der Abfindungssummen einen geringer aufzunehmenden Finanzbedarf haben und dann entsprechend Kosten für Zinsen einsparen. Angesichts der Zinsentwicklung der letzten Jahre und der sich für die nahe Zukunft abzeichnenden hält die Kammer 4 % als Kapitalisierungwert für angemessen.


30
Demzufolge ergibt sich der Wert vom minus 2,5 % (1,5 % minus 4 %) und unter Berücksichtigung der Barwerttabelle und der Zeit von 16 Jahren ein Faktor von 13,231 mit dem der oben errechnete Jahresregresswert von 2.672,12 € zu multiplizieren ist. Das ergibt 35.354,82 €, was die Klägerin für ihre zukünftigen Ansprüche auf Erstattung der anteiligen Herrn M für den ersten Arbeitsunfall zu zahlenden Rente verlangen kann.


31
Dem hinzuzurechnen ist allerdings der bei der oben dargelegten Berechnung nicht berücksichtigte Betrag für das Jahr 2004 in Höhe von 2.672,12 €, so dass sich ein Gesamtbetrag von 38.026,94 € ergibt. Soweit die Klägerin einen darüber hinausgehenden Kapitalisierungsbetrag begehrt, war die Klage aus den dargestellten Gründen abzuweisen.


32
Der diesbezügliche Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.


33
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1 , 709 S. 1, 2 ZPO.


34
Streitwert: 79.778,22 €

Ansonsten findest du hier noch einen interessanten Vortragstext von Lothar Jaeger, ehemaliger Richter des OLG Köln, der sich ebenfalls für niedrigere Zinsfüße einsetzt.

Ach so, auch wenn sich die ganzen Artikel immer nur auf Haftpflichtversicherungen beziehen, mutmaße ich mal, dass die BU-Versicherer mit gleichen Methoden agieren.

Gruß
Joker
 
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