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Aufklärungsfehler

Santafee

Erfahrenes Mitglied
Registriert seit
11 Okt. 2007
Beiträge
1,591
Hallo,

kennt sich hier jemand vllt. mit Aufklärungsfehlern aus? Wenn dieser eindeutig nachgewiesen ist, wie verhält es sich dabei mit der Beweislast? Ich habe gelesen, dass sie umgekehrt werden kann - je nachdem, wie es der Richter sieht, aber wonach entscheidet das der jeweilige Richter?

In einem Urteil hier im Forum habe ich demgegenüber gelesen, dass sie dann aufgeteilt wird... Aber wie soll das denn dann gehen?

Muss ich also trotz Aufklärungsfehler, wenn ich in die jeweilige OP bei richtigen Kenntnisstand nicht eingewilligt hätte, beweisen, dass ein und v.a. welcher Schaden daraus resultiert (Vollbeweis)?

Und darf ein Richter einen med. GA fragen, ob er den jeweiligen Fehler als "grob" bezeichnen würde? Ist das nicht eine juristische Frage, die ein GA gar nicht beantworten dürfte?:confused:

VG Santafee
 
Hallo Santafee,

über Aufklärungsfehler und groben Behandlungsfehler kannst Du hier etwas nachlesen:

http://www.ratgeber-arzthaftung.de/Aufklaerungsfehler_Haftung_050820/index.htm

Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass auch eindeutige Sachverhalte nicht unbedingt zum gewünschten Erfolg führen. So wurde bei mir eine ärztliche Diagnose lediglich auf einer handschriftlich ausgestellten Verordnung vermerkt, jedoch ohne mir etwas davon zu sagen oder diese in der Patietenakte zu vermerken. Zu der Zeit wäre noch ein operativer Eingriff möglich gewesen. Das alles hat dann später aber nicht mehr interessiert wie ein Prof. Blümlein oder Prof. Refior oder man ist geflissentlich darüber hinweg gegangen wie ein Prof. Spring u.a. wie die Kliniken in Erlangen, Regensburg oder auch einer Außenstelle von Ulm.

Zur Beurteilung eines groben Fehlers aus dem Leitwort eines Urteils:
Die dem Tatrichter obliegende Beurteilung, ob ein ärztlicher Behandlungsfehler grob ist, erfordert eine Gesamtbetrachtung des Behandlungsgeschehens, bei der die Würdigung des medizinischen Sachverständigen nicht außer acht gelassen werden kann.
(BGH 6. Zivilsenat, VI ZR 339/96, 27.01.1998)



Gruss

Sekundant
 
Hallo Sekundant,

vielen Dank für Deine Antwort und den Link! Der war ziemlich aufschlussreich!:)

Jedoch schien der Richter diese Betrachtungsweise nicht zu kennen und die beisitzende Richterin (?) meinte trotzdem, dass wir den "Vollbeweis" führen müssten. Jedoch widerspricht sich das ja nun gerade:confused:.
Mein RA war nach der Verhandlung der Meinung, dass so ein Verhalten typisch für das LG sei und wir wohl um das OLG nicht vorbei kommen...:eek:

VG Santafee
 
Ja,

wie ich schon über meine Erfahrung schrieb

Jedoch schien der Richter diese Betrachtungsweise nicht zu kennen und die beisitzende Richterin (?) meinte trotzdem, dass wir den "Vollbeweis" führen müssten. Jedoch widerspricht sich das ja nun gerade:confused:.

Vielfach können die Anwälte einfach nichts ausrichten. Aber in solch eindeutigen Fällen, die bereits zu Genüge anders entschieden wurden, zeigt sich der Wille oder eben Unwille.

Mein RA war nach der Verhandlung der Meinung, dass so ein Verhalten typisch für das LG sei und wir wohl um das OLG nicht vorbei kommen...:eek:
Mit welchen Gründen sollte man sich sonst über die Überlastung der Gerichte beschweren, wenn nicht so. Man muss ja seine Beschwerdegründe gut pflegen!


Gruss

Sekundant
 
Hallo Santafee,

zu Deinen Fragen, "Muss ich also trotz Aufklärungsfehler, wenn ich in die jeweilige OP bei richtigen Kenntnisstand nicht eingewilligt hätte, beweisen, dass ein und v.a. welcher Schaden daraus resultiert (Vollbeweis)?" meine ich gelesen zu haben, dass Du Beweiserleichterung hast, denn Du bist medizinischer Laie und kannst nur auf die Empfehlung und dem Sachverstand des Arztes vertrauen.

"Und darf ein Richter einen med. GA fragen, ob er den jeweiligen Fehler als "grob" bezeichnen würde? Ist das nicht eine juristische Frage, die ein GA gar nicht beantworten dürfte?" Hier dürfte es sich nur um eine Meinungsäußerung handeln, denn der GA. soll als Sachverständiger dem Gericht Hilfestellung und Aufklärung über medizinische Fachfragen und Praktiken geben und dem Gericht obliegt es dann, zu beurteilen, ob hier Anhaltspunkte für ein Versagen/Fehler vorliegen.

MfG.
Pit
 
Hallo,

zu der Frage

"Und darf ein Richter einen med. GA fragen, ob er den jeweiligen Fehler als "grob" bezeichnen würde? Ist das nicht eine juristische Frage, die ein GA gar nicht beantworten dürfte?"

ist doch Tatsache, dass eine nicht adäquate medizinische Behandlung auch durch einen Mediziner beurteilt wird (ob dann richtig, das lasse ich mal offen). Dabei hat er sich an die herrschende Lehrmeinung, Fachliteratur und wenn vorhanden an die veröffentlichten Leitlinien zu halten. Anderes muss hinreichend begründet werden.

Dazu gehört auch, welchen Ausmaßes eine fehlerhafte Behandlung ist und dabei wird der GA festststellen, dass sie als "grober" Behandlungsfehler einzustufen ist, wenn er einem Arzt schlichtweg nicht unterlaufen darf.
Das kann nur durch einen Mediziner zu bejahen sein und ist keine juristische Aussage. Er wird auch explizit danach gefragt werden. Dies war auch in der Fragestellung in meiner Sache der Fall, allerdings ohne Antwort hierauf :(.


Gruss

Sekundant
 
Herrschende Auffassung ist meiner Meinung nach so:

Der Kausalitätsbeweis obliegt dem Geschädigten. D.h. meines Wissens, er muss beweisen, dass er sich anders entschieden hätte bei richtiger Aufklärung und was das für Folgen hätte. Es reicht aber überwiegende Wahrscheinlichkeit aus, da sich der Beweis nach § 287 ZPO und nicht 286 richtet, ist also kein "Vollbeweis".
 
+ Darlegung, was für Folgen es gehabt hätte, wenn man sich so entschlossen hätte. Und das muss alles mit überwiegender Wahrscheinlichkeit so passiert sein, wenn auch keine nahezu absolute Sicherheit wie beim Vollbeweise verlangt wird.

Ganz so einfach ist das nicht. Viele Prozesse scheitern an diesem letzten Punkt und dann stellt sich noch die Frage nach dem wirklichen Schadensausmaß, da man bedenken muss, dass der Geschädigte ja schon krank zum Arzt gekommen ist. Man kann da nicht einfach ansetzen, dass er ohne den Fehler des Arztes wieder gesund wäre. Der Geschädigte soll ja an der Sache nicht "verdienen".
D.h. er muss im Ergebnis schlechter dastehen als vor der Behandlung, um überhaupt nen Schaden zu haben.

Gruß
 
Hallo Ihr Zwei,

also ich habe durch einen Unfall eine Prothese bekommen, die die Beklagten eingesetzt haben, dabei haben sie meine angegeben und dokumentierten Allergien nicht beachtet, bzw. mir vorgeschwindelt, ich bekäme eine TEP aus Titan (meine TEP gabs tatsächlich auch als Voll-Titan-Variante)... Das Ende vom Lied: TEP ist nun doch nicht vollständig aus Titan, Allergien und Probleme daraus sind bestätigt... Allerdings könnte auch ein Low grade infekt vorliegen, was man aber erst durch eine Wechsel-OP feststellen könnte.

Weiterhin ist die TEP nicht richtig eingebaut, d.h. es liegt ein Überstand von ca. 7mm vor... Letzteres wird weder von dem GA noch vom Gericht aufgegriffen, obwohl andere Ärzte dies sehr bemängelt haben. Der GA meinte sogar, die TEP muss größer sein und vllt. gabs keine kleineren auf Lager:eek:, schließlich hätte ich ein sehr kleines Knie, was nat. bei einer geplanten OP absoluter Schwachsinn ist!
Die beklagten Ärzte haben zur Sache nichts gesagt - konnten sich nicht mehr erinnern:rolleyes:.

Der GA bestätigt nun, dass ich falsch aufgeklärt wurde und mir durchaus eine Titan-TEP eingebaut hätte werden sollen... bezeichnet dies aber nicht als "Grob", da die Allergiegeschichten eh nicht bewiesen sind.
Nun kann man aber in der Zahnmedizin ganz andere Dinge darüber lesen, auch dass Infekte und Knochenschäden aus Allergien resultieren können... Es gibt da auch entsprechende Urteile zu, wenn Zahnärzte Allergien übergehen!

Ist es wirklich so, dass OLG in solchen Dingen besser agieren, als LG?

Eurer Meinung also, dürfte bei einem Aufklärungsfehler die Beweislast umgekehrt werden und der Arzt muss beweisen, dass ich die beklagten Schäden nicht durch den Fehler habe? !

Wird bei der höhe des Schmerzensgeld eigentlich auch die Leidensdauer berücksichtiget und eventuelle Folge-OPs?

VG Santafee
 
Unterschied LG / OLG:

Tendeziell ja, die sind bei den Beweislastfragen sorgfältiger.

Schmerzensgeld:
Natürlich wird die Leidensdauer berücksichtigt. Das sollte man nur auch alles strukturiert vortragen und sich nicht irgendwie drauf verlassen, dass das Gericht es schon erraten wird.
 
Hallo nochmal,

wenn ich die einschlägigen Veröffentlichungen richtig lese, so kommt es bei einem Aufklärungsfehler nicht in erster Linie darauf an, dass ein Fehler als grob einzuschätzen ist, sondern ein behaupteter Aufklärungsfehler muss vom Arzt widerlegt werden.

Wenn Du also einen solchen Fehler behauptest, dann musst Du eben nicht "beweisen, dass ein und v.a. welcher Schaden daraus resultiert". In diesem Fall liegt zudem auch noch (wegen mangelnder Einwilligung in die Behandlung) eine Körperverletzung vor.


Gruss

Sekundant
 
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