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Auch das ist deutsches Recht

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Registriert seit
31 Aug. 2006
Beiträge
8,846
Ort
Berlin
Verliert ein mobiles Halteverbotsschild seine Gültigkeit, wenn es nicht zur Straßenseite zeigt sondern zum Bürgersteig?

Verdrehtes Halteverbot
Solange sie eindeutig einem bestimmten Straßenabschnitt zugeordnet werden können, verlieren mobile Halte- und Parkverbotsschilder ihre Wirksamkeit auch dann nicht, wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – nicht zur Fahrbahn hin ausgerichtet sind.

Das hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 16. Januar 2008 entschieden (Az.: VG 11 A 720/07).

Nicht zur Fahrbahn hin ausgerichtet
Der Kläger hatte sein Fahrzeug im Bereich einer Berliner Stadtstraße geparkt, in dem in der Zeit vom 22. bis 24. Juni 2006 Rohrverlegungsarbeiten durchgeführt werden sollten. Für diesen Zeitraum bestand ein absolutes Halteverbot.

Darauf wurde durch mobile Halteverbotsschilder hingewiesen, welche der Kläger allerdings nicht beachtete. Denn die Schilder waren nicht zur Fahrbahn, sondern zum Bürgersteig hin ausgerichtet.

Die Polizei ließ das Fahrzeug des Klägers abschleppen und forderte ihn dazu auf, die Umsetzungsgebühren in Höhe von 149 Euro zu zahlen.

Keine Gültigkeit?
In seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Autofahrer unter anderem geltend, dass er die nachweislich bereits sechs Tage vor Beginn der Bauarbeiten aufgestellten Schilder nicht beachtet habe. Denn schließlich seien diese nicht zur Fahrbahn hin ausgerichtet gewesen. Er sei daher davon ausgegangen, dass sie keine Gültigkeit hatten.

Doch mit dieser Argumentation hatte er keinen Erfolg. Das Gericht wies seine Klage als unbegründet zurück.

Die Wirksamkeit eines ordnungsgemäß aufgestellten oder angebrachten Verkehrszeichens hängt nicht von der subjektiven Kenntnisnahme des davon betroffenen Verkehrsteilnehmers ab. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob sie wahrgenommen werden können.

Dabei sind an die Sichtbarkeit von Zeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, geringere Anforderungen zu stellen als an Verkehrszeichen für den fließenden Verkehr, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.

Ausschau nach Verkehrszeichen
Ein Autofahrer, der sein Fahrzeug abstellen will, muss sich grundsätzlich vergewissern, ob der von ihm gewählte Parkplatz einer Parkbeschränkung unterliegt. Dabei ist ihm zuzumuten, gegebenenfalls auch eine gewisse Strecke in beide Richtungen abzuschreiten und nach Verkehrszeichen Ausschau zu halten.

Dabei ist auch auf mobile Halte- und Parkverbotsschilder zu achten. Denn diese verlieren ihre Wirksamkeit auch dann nicht, wenn sie umgedreht sind. Das gilt zumindest dann, wenn sie eindeutig einem bestimmten Straßenabschnitt zugeordnet werden können.

Ist ein Verkehrszeichen wie im zu entscheidenden Fall mit einem Zusatzschild über seine zeitliche Wirksamkeit versehen, so muss es unter allen Umständen beachtet werden. Nach Ansicht des Gerichts entspricht es der Lebenserfahrung, dass mobile Schilder häufig von Unbekannten umgedreht werden. Das aber ist kein Indiz dafür, dass sie nicht gültig sind.
Oh was treibt unser deutsches Recht vorran.


Gruß von der Seenixe
 
Hallo Seenixe,

darf ich annehmen, dass das Urteil Dir nicht gefällt?

Hast Du Dir mal Gedanken über die Konsequenzen eines anderslautenden Urteils gemacht?

Wie wäre Deine Beurteilung bei einem anders lautenden Urteil, wenn ein medizinischer Sachverständiger seinen Porsche dort abgestellt hätte?

Gruß
Luise
 
Demnach dürfte man sich auch nicht abstellen, wenn ein Verkehrsschild mit einen Müllsack verhüllt wird. Aufgrund der Lebenserfahrung hat man ja dann davon auszugehen, das irgend ein Spassvogel dieses Schild verhüllt haben kann.

Manche Urteile sind doch einfach faszinierend!;)
 
Hallo Luise,

nein, dieses Urteil gefällt mir überhaupt nicht. Ich wohne in dieser Stadt und bei der Verkehrszeichendichte, Anzahl von Ampelanlagen, in zweiter Reihe stehender Fahrzeuge, mit Radfahrern, die als Kamikaze aktiv sind, fehlenden Parkmöglichkeiten und Parkraumbewirtschaftung; bei Straßen die den Namen eigentlich wegen ihrer Qualität nicht verdienen, sondern eher in Panzerteststrecken umgetauft werden sollten, erwarte ich von Aufstellern von Verkehrszeichen, wo für je Aufstellung jeweils mind. 52 Euro fällig werden schon Maßnahmen, die die Gültigkeit eines Parkzeichen sicherstellen. Wir reden von mobilen Verkehrszeichen, die gegen verstellen geschützt werden sollen. Wenn ich dort eine entsprechende Beschwerung (Unfallschutz gegen umstürzen des Verkehrszeichens) anbringe, dann habe sollte auch ein Schutz gegen Verdrehung möglich sein.
In seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Autofahrer unter anderem geltend, dass er die nachweislich bereits sechs Tage vor Beginn der Bauarbeiten aufgestellten Schilder nicht beachtet habe. Denn schließlich seien diese nicht zur Fahrbahn hin ausgerichtet gewesen. Er sei daher davon ausgegangen, dass sie keine Gültigkeit hatten.
Wenn die Schilder nie zur Fahrbahn gestanden haben, dann ist die ganze Geschichte sicher auf ein Versäumnis des Aufstellers zurückzuführen, der die Schilder angeliefert hat, aber nie direkt zum Einsatz gebracht hat.

Mobile Verkehrszeichen und Abschleppen in Berlin

In Berlin kennt sie jeder - die beweglichen Halteverbotschilder mit einem, im besten Fall lesbaren Zettel, wo für einen gewissen Zeitraum eine Halteverbotszone angeordnet wird. Was aber, wenn man sein Kfz ordnungsgemäß abstellt, in den Urlaub fährt und erst kurz darauf eine solche Zone eingerichtet wird? Wie soll man davon Kenntnis erlangen und vor allem, wieso soll man die Umsetzungskosten übernehmen?

Bei dem Vorgang handelt es sich um das Einrichten einer kurzfristigen Halteverbotszone durch sogenannte "mobile Verkehrszeichen". In einer Großstadt wie Berlin ist es erforderlich, flexibel auf Verkehrserfordernisse reagieren zu können. Die Einrichtung kurzfristiger Halteverbotszonen dient zur Vorbereitung von Bauarbeiten, Umzügen oder auch Großveranstaltungen. Die mobilen Verkehrszeichen werden rechtzeitig drei Tage vorher aufgestellt, damit zum fraglichen Zeitpunkt das Halteverbot als bekannt anzusehen ist.

Nach Ablauf der dreitägigen Frist werden die in der Halteverbotszone parkenden Fahrzeuge umgesetzt, wenn das Fahrzeug den Verkehr derart behindert, daß zur Wiederherstellung der Straßenverkehrssicherheit das Abschleppen des Fahrzeugs erforderlich ist.

In Berlin findet sich die Rechtsgrundlage für das Umsetzen von Kfz in § 15 Abs.1 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG). Demnach werden Kfz auf Anordnung der Polizei umgesetzt, indem das dem Halter obliegende Gebot des Halteverbotsschildes, nämlich sein Kfz zu entfernen, unmittelbar durch die Beamten selbst ausführt wird. Dabei entstehende Kosten sind in Berlin gemäß §§ 1 Abs.1, 3 Abs.1, 10 Abs.2 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge (GebG) in Verbindung mit der aufgrund des § 6 Abs.1 dieses Gesetzes erlassenen Gebührenordnung für die Benutzung polizeilicher Einrichtungen (PolBenGebO) entweder vom Veranlasser der Verkehrszeichenaufstellung, dem sogenannten Nutznießer dieser Umsetzung, oder aber vom Halter des Kfz zu erstatten.

Bislang wurde in Berlin so verfahren, daß bei Aufstellung der mobilen Halteverbotsschilder eine Liste der bereits in der eingerichteten Parkverbotszone parkenden Fahrzeuge angefertigt wurde. Nach drei Tagen wurden alle dort parkenden Fahrzeuge soweit erforderlich umgesetzt. Die Kosten der in der Liste aufgeführten Kfz wurden dem Nutznießer der Umsetzung auferlegt. Die Fahrzeughalter der nach der Verkehrzeichenaufstellung geparkten Kfz mußten selbst die Kosten tragen.

Diese Vorgehensweise wurde durch das Berliner Verwaltungsgericht für unzulässig erklärt.

Nach Auffassung des Gerichts waren auch die Fahrzeuge verkehrswidrig abgestellt, die sich vor Einrichtung der Halteverbotszone dort befanden, da sich in der Aufstellung der Halteverbotsschilder für jeden Fahrzeughalter die Verkehrswidrigkeit des Abstellens manifestiere. Ein durchschnittlicher Kraftfahrer hätte bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem beiläufigen Blick die Verkehrszeichen erfassen können. Deshalb entfalten Verkehrszeichen ihre Wirkung gegenüber jeden von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er die Verkehrszeichen wahrgenommen hat oder nicht. Es kommt lediglich auf die objektive Möglichkeit der Kenntnisnahme und nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Fahrzeugführer an. Unerheblich sind die Gründe, wegen derer eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht möglich war. Bei ordnungsgemäßer Aufstellung äußere das Verkehrszeichen seine Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, wobei Verkehrsteilnehmer auch derjenige sei, der sich nicht im Straßenverkehr bewegt, sondern sein Fahrzeug am Straßenrand parkt. Demzufolge kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen, wie z.B. Krankheit oder Auslandsaufenthalt, der Fahrzeughalter keine Kenntnis von der Verkehrsänderung erlangt hat. Nicht anderes gilt nach Auffassung des Gerichts für die Verkehrsteilnehmer, die ihr Fahrzeug vor Aufstellung der Schilder abgestellt haben.

Aus der Grundregel des § 1 StVO, die gleichermaßen für den fließenden wie auch für den ruhenden Verkehr gilt, folgt die Pflicht jedes Verkehrsteilnehmers, sich in zumutbaren Zeiträumen davon zu überzeugen, daß sein Fahrzeug nicht verkehrsbehindernd abgestellt ist. Angesichts der in einer Großstadt wie Berlin üblichen Verkehrssituation hat der Fahrzeughalter dies in Abständen von mindestens 72 Stunden zu tun. Diese Vorlaufzeit sollte ausreichen, auch einem Verkehrsteilnehmer der sein Fahrzeug nur "sporadisch" nutzt, diese Pflicht aufzuerlegen. Unterläßt ein Verkehrsteilnehmer diese Sorgfalt, so muß er sich zurechnen lassen, wenn sein zunächst ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug durch Anordnung entsprechender Verkehrszeichen zum verkehrswidrig abgestellten Fahrzeug wird und somit ein Umsetzen erforderlich macht.

Diese Entscheidung ist zurückzuführen auf ein Urteil des Bundesverwaltunggerichts vom vom 11.12.1996 - Aktenzeichen: 11 C 15/95. Das Urteil wurde in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1997 Seite 1021 veröffentlicht.

Die Praxis des Polizeipräsidenten von Berlin, die Kosten der Umsetzung, zumindest für die Verkehrsteilnehmer die ihr Fahrzeug zunächst ordnungsgemäß parkten dem Nutznießer aufzuerlegen wurde nunmehr dahingehend für unrechtmäßig erklärt, als er von den ihm zur Verfügung stehenden Gebührenschuldnern ausgerechnet den Nutznießer heranzog, der den verkehrswidrigen Zustand nicht herbeigeführt hatte. Dem Polizeipräsidenten sei bei der Auswahl seiner Gebührenschuldner ein Ermessen eröffnet, von dem er ermessensfehlerhaft keinen Gebrauch gemacht habe.

Und wenn Du dann das nächste mal in den Urlaub fliegst, dann nimm dein auto am besten mit in die Wohnung, denn auch dafür bezahlst Du, wenn eine Halteverbotszone kurzfristig eingerichtet wird.

Bei solchen Entscheidungen kann man sich dann nur noch an den Kopf fassen und sagen..."Richter, ihr habt sie nicht alle beisammen"

Gruß von der Seenixe
 
Für den Betroffenen ist es ja teuer, aber es wirft die Frage auf, wie doof, absurd dürfen Richter urteilen?
Gibt es ausser der Berufungsinstanz Möglichkeiten Urteile zu kontrollieren bzw. sie zu korrigieren?
Jeder Laden hat heute ein "Qualitätsmanagment", unter unseren unteren Richter auch?
Die Schöffen oder Beisitzer kann man vergessen; denn sie lassen sich von dem Mann im schwarzen Mantel beeindrucken.
Nun, wer kontrolliert unsere Richter? Die Berufungsinstanz? Und es gehen Jahre ins Land und die Kante des Grabes rückt näher und die Entscheidung?
 
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