Zulässige Organisations- und Kooperationsformen für Ärzte
Das Spektrum erweitert sich. Während früher die Einzelpraxis die klassische Art der Niederlassung war, eröffnen die Rahmenbedingungen immer mehr Kooperationsmöglichkeiten für Ärzte. So erlaubten die alten aber noch immer gültigen Landesberufsordnungen den Ärzten nur die Rechtsform Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die Partnergesellschaft für die Bildung einer Gemeinschaftspraxis. Mit der Einführung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) durch den Bundesgesetzgeber ist jetzt Bewegung in das Standesrecht gekommen. Die Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) erlaubt jetzt:
• Die Tätigkeit des Arztes an bis zu 3 Orten
• Die Zugehörigkeit zu mehreren Gemeinschaftspraxen
• Die Bildung einer Gemeinschaftspraxis auch beschränkt auf einzelne Leistungen
• Die Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis an mehreren Orten, wenn an jedem Praxissitz mindestens ein Partner hauptberuflich tätig ist
• Die Anstellung von Ärzten anderer Fachgebiete
• Mehr ärztliche Tätigkeit in der Rechtsform der Ärztegesellschaft Ziel dieser Erneuerungen ist es, die Wettbewerbschancen niedergelassener Ärzte, gerade im Verhältnis zum MVZ, zu verbessern. Darüber hinaus profitieren Ärzte durch die Bildung von Kooperationen durch:
• Entlastung durch mögliche Abstimmung der Arbeits- respektive Sprechstundenzeiten
• Kostensenkung durch Nutzung von Synergieeffekten
• Verbesserte Marketingchancen durch:
o optimiertes Unter-einem-Dach-Angebot
o an Patientenwünschen orientierte Öffnungszeiten
Zurzeit steht Ärzten nach wie vor nur die Möglichkeit der Bildung von:
• Praxisnetzen
• Apparategemeinschaften
• Praxisgemeinschaften
• Gemeinschaftspraxen
und jetzt neu:
• MVZs
Diese können in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder in der Partnergesellschaft gegründet werden. Dabei gelten zurzeit noch die Einschränkungen der alten Landesberufsordnung. So kann ein Arzt nur an einem Ort ambulant tätig werden oder einer Berufsausübungsgemeinschaft angehören (die ebenfalls nur an einem Ort tätig werden darf). Ärzte dürfen zurzeit nur Ärzte der gleichen Fachrichtung anstellen. Gleichwohl kann bereits jetzt die Gründung eines MVZ´s Vorteile bieten. Gelten für MVZ´s auch im Wesentlichen die Vorgaben für fachübergreifende Gemeinschaftspraxen, so können doch die niedergelassenen Ärzte Ihre Zulassung auf das MVZ übertragen und sich von diesem anstellen lassen. Scheidet ein solcher angestellter Arzt nach 5 Jahren aus dem MVZ aus, so hat er einen Anspruch auf Neuerteilung einer Zulassung, während das MVZ seine Stelle nachbesetzen darf.
Da die Neuregelungen der MBO-Ä noch nicht von allen Landesärztekammern umgesetzt wurden (und teilweise auch die Landeskammergesetze noch nicht angepasst wurden), stehen den Gründern eines MVZ´s zurzeit nur die auch für Gemeinschaftspraxen zulässigen Rechtsformen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Partnergesellschaft offen. Nach der Umsetzung der Neuregelungen der MBO-Ä wäre beispielsweise auch die Bildung von Ärztegesellschaften (z. B. Ärzte-GmbH) zulässig. Die nachstehend aufgeführten Detailvorgaben der Berufsordnung müssten natürlich eingehalten werden:
• Gesellschafter können nur Ärzte und Kooperationspartner nach § 23 b MBOÄ (akademische Fachberufe im Gesundheitswesen) sein.
• Sie müssen in der Gesellschaft beruflich tätig sein.
• Geschäftsführer müssen mehrheitlich Ärzte sein.
• Gesellschaftsanteile und Stimmrechte müssen mehrheitlich Ärzten zustehen.
• Die Gewinnbeteiligung Dritter muss ausgeschlossen sein.
• Es müssen ausreichende Berufshaftpflichtversicherungen abgeschlossen sein.
• Der Name der Gesellschaft darf nur die Namen der dort tätigen ärztlichen
Gesellschafter enthalten.
Um die Neuregelungen der Berufsordnung auch für den Bereich der gesetzlich Krankenversicherten zugänglich zu machen, müssten auch noch die Vorgaben im SGB V und in der Ärzte-ZV hinsichtlich der Vorgaben zum Vertragsarztsitz zur Anstellung von Ärzten und ähnliches angepasst werden. Wenn dies alles geschehen ist, wäre es beispielsweise möglich, mehreren Gemeinschaftspraxen an mehreren Orten und auch teilweise nur für die Erbringung einzelner Leistungen anzugehören. Ein Orthopäde könnte beispielsweise eine Gemeinschaftspraxis für einen Tag in der Woche
mit einem Neurologen bilden.
Niedergelassene könnten regelmäßig mit Krankenhäusern in deren Räumen kooperieren.
Operativ tätige Ärzte könnten Anästhesisten anstellen. u.s.w. Damit wäre ein deutlich weiterer Gestaltungsspielraum eröffnet, der es zuließe, auf die konkreten Wünsche und Bedürfnisse von Ärzten erheblich gezielter einzugehen.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet...
Der BGH hat im März 2004 entschieden, dass die Ärzte einer bestehenden Gemeinschaftspraxis einen neuen Kollegen zunächst einmal „probehalber“ aufnehmen können. Grundsätzlich kann niemand ohne sachlichen Grund aus einer Gemeinschaftspraxis-Gesellschaft ausgeschlossen werden. Ein solcher sachlicher Grund kann nach Auffassung des BGH auch das Bedürfnis der aufnehmenden Ärzte sein, zunächst einmal zu prüfen, ob der neue Kollege ins Team passt, vor allem dann, wenn die Praxis schon sehr lange besteht und die Altgesellschafter alleinige Träger des Gesellschaftsvermögens sind. Denn allzu häufig stellt sich erst nach einiger Zeit der Zusammenarbeit heraus, ob die Vorstellungen über die Zusammenarbeit und insbesondere bei Ärzten auch die ethischen Anforderungen an ihre Berufsauffassung harmonieren. Nun ist also durch die Rechtsprechung gesichert, dass im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden kann, dass der Neue nach einer Probezeit auch wieder ausgeschlossen werden kann, obwohl die weitere Zusammenarbeit nicht unzumutbar wäre. Innerhalb dieser Zeit kann geprüft werden, ob das notwendige Vertrauen für eine langfristige Partnerschaft besteht und ob ein harmonisches Zusammenarbeiten möglich ist. Leider hat der BGH offen gelassen, wie lange diese Probezeit sein darf. Dazu hat der BGH lediglich festgestellt, dass eine Probezeit von zehn Jahren zu lang ist.