Hallo Nine-1,
Du bist gemäß den AUB verpflichtet, durch einen von Deiner PUV. beauftragten GA. ein Gutachten über die Höhe der verbleibenden Invalidität erstellen zu lassen und dabei mitzuwirken.
Dem hast Du Folge geleistet und das GA. bescheinigt Dir eine Invalidität in Höhe von 3/7 Armwert. Der Gutachter hat in seinem GA. für Deine PUV. darauf hingewiesen, dass die abschließend Bemessung der Höhe der Invalidität z.Z. noch nicht möglich ist. Dieses GA. zweifelt scheinbar Dein PUV. an und möchte Dich erneut zu einem von ihr bestimmten GA."zwingen". Du bist nach einem Beschluss des BGH. (BGH vom 2.12.2009 Az: IV ZR 181/07) nicht verpflichtet, Dich erneut durch einen Gutachter der von Deiner PUV. erneut bestimmt und bezahlt wird, begutachten zu lassen, wenn Deinem Versicherungsvertrag z.B. die AUB 88 zu Grunde liegen! Deine PUV. hat gemäß Ihren Versicherungsbedingungen § 11 IV AUB 88 von ihrem Bestimmungsrecht gebrauch gemacht.
siehe dazu die Begründung des BGH.
Beide Stufen der Invaliditätsbemessung sind zwar dadurch verknüpft, dass die Erstbemessung unter dem Vorbehalt einer Änderung steht, soweit sich eine oder beide Vertragsparteien die Neubemessung der Invalidität vorbehalten haben und es tatsächlich zu einer Neubemessung gemäß § 11 IV AUB 88 kommt. Unbeschadet dessen sind die Stufen der Invaliditätsbemessung jeweils rechtlich eigenständig zu betrachten.
2. Im vorliegenden Falle hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 11. August 2001 zum einen eine Abänderung der Erstbemessung bezogen auf den für diese maßgeblichen Zeitpunkt begehrt, denn er hat geltend gemacht, bereits zu dieser Zeit an weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten zu haben, die bei der Bemessung durch die Beklagte unberücksichtigt geblieben seien. Er hat schließlich, darauf gestützt, nach Ablauf der Frist des § 11 IV AUB 88 Klage erhoben und auch mit dieser eine ihm günstigere Erstbemessung begehrt.
Daneben hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 11. August 2001 sein Recht auf Neubemessung des Invaliditätsgrades (§ 11 IV AUB 88) ausgeübt, während die Beklagte davon abgesehen hat. Daraus ergibt sich zunächst: Der Streit der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit betrifft allein die Erstbemessung der Invalidität gemäß § 11 I AUB 88. Das Recht des Klägers, im Klagewege eine seiner Ansicht nach zutreffende höhere Erstbemessung der Invalidität durchzusetzen, lässt sein - ausgeübtes - Recht, eine Neubemessung der Invalidität zu verlangen, unberührt und besteht unabhängig davon fort. Die Beklagte dagegen hat ihr Recht auf Neubemessung der Invalidität verloren, weil sie es nicht i.S. von § 11 IV AUB 88 ausgeübt hat.
3. Mit Blick auf die Erstbemessung der Invalidität besteht danach eine Obliegenheit des Klägers, sich auf Verlangen der Beklagten ärztlich untersuchen zu lassen (§ 9 IV AUB 88), nicht mehr. Die Beklagte hat ihre Entscheidung über die Erstbemessung mit ihrem Schreiben vom 7. August 2001 getroffen (§ 11 I AUB 88). Daraus folgt zugleich, dass ein weiterer Aufklärungsbedarf insoweit nicht bestand. Es fehlt damit an einem berechtigten Interesse der Beklagten, den Versicherungsnehmer - zumal mit der Sanktion der Leistungsfreiheit - weiterhin an die Obliegenheit zu binden. Aus Sicht des Versicherers bestand keine Veranlassung mehr zu weiteren Untersuchungen durch von ihm beauftragte Ärzte (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2003 - IV ZR 310/02 - VersR 2003, 1165 unter B I 1 a).
Auf den Streit um die Erstbemessung konnte die Beklagte ihr Untersuchungsverlangen mithin nicht stützen. Der Kläger hat insoweit keine Obliegenheit verletzt.
Zu diesem Ergebnis führt es auch, wenn man die bloße Verweisung des Klägers auf die begehrte Neubemessung im Schreiben der Beklagten vom 15. August 2001 als Ablehnung weiterer Überprüfungen der Erstbemessung versteht. Denn auch unter diesem Blickwinkel träfen den Kläger Aufklärungs- oder Mitwirkungsobliegenheiten hinsichtlich der Erstbemessung nicht mehr (vgl. dazu BGHZ 107, 368, 371 f.).
4. Aber auch mit Blick auf eine Neubemessung der Invalidität (§ 11 IV AUB 88) hat der Kläger die Obliegenheit aus § 9 IV AUB 88 nicht verletzt. Aus dem vom Kläger vorbehaltenen Recht, die Invalidität längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall ärztlich neu bemessen zu lassen, folgt keine Pflicht des Klägers, eine Neubemessung tatsächlich herbeizuführen. Die Regelung in § 9 IV AUB 88 gibt dafür keinen Anhalt. Erst recht kann die Beklagte eine Untersuchung zum Zwecke der Neubemessung nicht verlangen, denn sie hat ihr Recht darauf - weil sie es mit der Erstbemessung nicht ausgeübt hat - verloren. Der Kläger kann mithin auf eine ärztliche Neubemessung verzichten, ohne dass ihn die Beklagte - noch dazu mit der Androhung von Leistungsfreiheit - dazu zwingen könnte. Die Weigerung des Klägers, sich von den von der Beklagten benannten Ärzten untersuchen zu lassen, bleibt damit sanktionslos. Sie steht einem Verzicht auf die Neubemessung gleich.
Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 16. Juli 2003 (a.a.O.) angedeutet hat, dass auch im Rahmen der Neubemessung von Invalidität eine Bindung des Versicherungsnehmers an die Obliegenheit in § 9 IV AUB 88 eintreten könnte, stand das unter der Voraussetzung, dass der Versicherungsnehmer das Recht auf ärztliche Neubemessung ausübt, insbesondere eine solche auch herbeiführt und darauf gestützt eine höhere Entschädigung verlangt. Der Senat kann weiterhin offen lassen, ob der Versicherungsnehmer unter dieser Voraussetzung der Untersuchungsobliegenheit zu genügen hat. Dafür spricht allerdings, dass nach einer vom Versicherungsnehmer herbeigeführten Neubemessung auch für den Versicherer neuerlicher Prüfungsbedarf entsteht, eine Untersuchung durch von ihm beauftragte Ärzte mithin seinem berechtigten Interesse an weiterer Aufklärung entsprechen könnte. Offen bleiben kann insoweit auch, ob - eine Obliegenheitsbindung unterstellt - deren Verletzung zu vollständiger Leistungsfreiheit des Versicherers führen könnte oder ob sich diese auf das Verlangen des Versicherungsnehmers nach gegenüber der Erstbemessung höherer Invaliditätsleistung zu beschränken hätte.
Das Berufungsgericht wird deshalb die gebotene Aufklärung hinsichtlich des Grades der unfallbedingten Invalidität vorzunehmen und dabei zu prüfen haben, inwieweit es angesichts der unterschiedlichen, vom Kläger geltend gemachten Beschwerden geboten ist, dazu Gutachten von Medizinern verschiedener Fachrichtungen einzuholen. Da der Streit die Erstbemessung betrifft, ist insoweit maßgeblich der Gesundheitszustand, wie er sich zu diesem Zeitpunkt - und nicht nach Ablauf der Dreijahresfrist - dargestellt hat.
Hier ein weiterer wichtiger Beschluss des BGH. vom 24.05. 2011 Az: IV ZR 203/03
MfG.
Pit