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… neues Leben mit Prothese

_mojito_

Neues Mitglied
Registriert seit
6 Nov. 2022
Beiträge
22
Guten Tag zusammen, letzte Woche Donnerstag wurde meiner Mama leider das linke Bein ab Knie abgenommen (leidet an Arteriosklerose)
Meine Mama hat es echt super gut aufgefasst & hat die Op auch sofort zugestimmt & gut alles überstanden.

Seit Dienstag hat sie auch schon Physiotherapie im Krankenhaus. Plan vom Krankenhaus ist es, das sie direkt in die Reha kommt und garnicht erstnochmal nach Hause.

Meinem Papa und mir kreisen 1000 fragen im Kopf… es gibt Tage da ist meiner Mama top fit und dann wieder rum hört sie sich an wie „betrunken“. Sie nimmt extrem viele Medikamente
- Schmerzmittel
- gegen Nervenschmerzen

Sie leider extrem unter dem Phantomschmerz. Sagen wir mal so - Stimmungsschwankungen

Klar wissen wir, das sie viel die letzten Wochen durch gemacht hat & der Körper auch seine Ruhe braucht. Aber könnt ihr mir Evt etwas von euch erzählen? Wie es auch die ersten Tage / Wochen so ging?

Liebe Grüsse
 
Hallo Mojito,

da hat deine Mutter ja einen großen Schritt gemacht, es ist eine schwere Entscheidung, sich auf eine Amputation einzulassen. Wenn jedoch mehr dafür spricht, als dagegen, dann ist das der richtige Weg gewesen.

Zum Thema Stimmungsschwankungen: einmal ist da die Volldröhnung mit Medikamenten. Die Ärzte setzen anfangs eine sehr hohe Dosis ein, damit die betroffenen Nerven, die gekappt worden sind, diese Verletzungsmeldung zum Gehirn minimieren. Des weiteren sind angrenzende Nerven gereizt und funken ständig "Gefahr". Der Körper muss seine bisher ausgewogene Reaktion von Reiz - Reaktion - Schmerz - Gegenbewegung neu justieren und lernen.

Das Zweite ist die statt gehabte Vollnarkose, ein älterer Mensch reagiert oft mit Aussetzern mit minutenlangen sogar stundenlangen Aussetzern, eine Art verwirrt sein. Da öffnen sich aus der Erinnerung Türchen, die längst verschollen waren und trübt die aktuelle Situation ein. Überraschend ist immer wieder, dass ein paar Stunden später wieder ein Vernunftzustand erreicht ist. Der menschliche Körper ist da ein Wunderwerk. Gerade diese hohen Dosen an Schmerzmittel anfangs verhindern oder wenigsten vermindern die Entwicklung von Phantomschmerzen. Das sind sehr grässliche, kaum auszuhaltende, das Leben beeinträchtigende Schmerzzustände, die z.B. mein Onkel - Beinamputierter, jeden zweiten Tag erleiden musste und an jenen Tagen zu keinem Familientreffen kam.

Das Dritte ist die Trauerarbeit, diese Endgültigkeit ein Körperteil für immer verloren zu haben, nie wieder... wer weiß was ich noch kann... bin nicht mehr fähig für dies und jenes... meinen Lebensalltag steht Kopf... Wie bei Krebspatienten, die mit einer OP hofften alles hinter sich zu lassen und jetzt mit Chemo oder Bestrahlungen konfrontiert sind und nun ein langer Zeitraum des weiteren Kampfes für die eigene Gesundheit bevor steht, so braucht diese Trauer Zeit, eine gute Begleitung, die einem Mut macht und Zuspruch vergessene Fähigkeiten zu entdecken und Neues auszuprobieren.

Diese gesammelte Unsicherheiten, was geht... was geht nicht... was geht momentan... was geht nie mehr... das wirbelt die Sorgen und Nöte durcheinander. Alles braucht Kraft und diese ist so kurz nach der OP auf ein Minimum reduziert.

Soviel Ausnahmezustände - körperlich - medikamentös - psychisch - so habe ich es persönlich und im Umfeld mehrfach erlebt - braucht viel Zeit, viel Aufmerksamkeit, viel Mut macher und Unterstützung.

Also sollten die Begleitenden stets ein offenes Ohr haben, das was heute ihr wichtig ist, kann morgen schon etwas anderes sein. Zuhören und mit den Behandlern eng zusammenarbeiten, das ist ein gangbarer Weg die tiefen Momente zu überstehen. Schließlich hat sie sich überwunden und der OP zugestimmt, das war bestimmt nicht leichtfertig sondern wohl überlegt und für ihre Leidensgeschichte ein Ausweg.

Die schnelle Reha ist eine sehr gute Idee. Dort begegnet sie gleich Betroffenen und erlebt hautnah, wie andere - jüngere, ältere Patienten damit umgehen. Es wird täglich geschaut, wo sie steht, was sie vorwärts bringt, sie kann unter medizinischer Begleitung ausprobieren, wie sie in Zukunft damit umgehen kann. Auch wenn Manches heute noch nicht machbar scheint, so ist das Vorbild, welche Erleichterungen Das bringt ein großes Maß die eigene Unsicherheit zu bekämpfen und öffnet Visionen, die sie sich heute noch gar nicht vorstellen kann und mag.

LG Teddy
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Mojito,

da hat deine Mutter ja einen großen Schritt gemacht, es ist eine schwere Entscheidung, sich auf eine Amputation einzulassen. Wenn jedoch mehr dafür spricht, als dagegen, dann ist das der richtige Weg gewesen.

Zum Thema Stimmungsschwankungen: einmal ist da die Volldröhnung mit Medikamenten. Die Ärzte setzen anfangs eine sehr hohe Dosis ein, damit die betroffenen Nerven, die gekappt worden sind, diese Verletzungsmeldung zum Gehirn minimieren. Des weiteren sind angrenzende Nerven gereizt und funken ständig "Gefahr". Der Körper muss seine bisher ausgewogene Reaktion von Reiz - Reaktion - Schmerz - Gegenbewegung neu justieren und lernen.

Das Zweite ist die statt gehabte Vollnarkose, ein älterer Mensch reagiert oft mit Aussetzern mit minutenlangen sogar stundenlangen Aussetzern, eine Art verwirrt sein. Da öffnen sich aus der Erinnerung Türchen, die längst verschollen waren und trübt die aktuelle Situation ein. Überraschend ist immer wieder, dass ein paar Stunden später wieder ein Vernunftzustand erreicht ist. Der menschliche Körper ist da ein Wunderwerk. Gerade diese hohen Dosen an Schmerzmittel anfangs verhindern oder wenigsten vermindern die Entwicklung von Phantomschmerzen. Das sind sehr grässliche, kaum auszuhaltende, das Leben beeinträchtigende Schmerzzustände, die z.B. mein Onkel - Beinamputierter, jeden zweiten Tag erleiden musste und an jenen Tagen zu keinem Familientreffen kam.

Das Dritte ist die Trauerarbeit, diese Endgültigkeit ein Körperteil für immer verloren zu haben, nie wieder... wer weiß was ich noch kann... bin nicht mehr fähig für dies und jenes... meinen Lebensalltag steht Kopf... Wie bei Krebspatienten, die mit einer OP hofften alles hinter sich zu lassen und jetzt mit Chemo oder Bestrahlungen konfrontiert sind und nun ein langer Zeitraum des weiteren Kampfes für die eigene Gesundheit bevor steht, so braucht diese Trauer Zeit, eine gute Begleitung, die einem Mut macht und Zuspruch vergessene Fähigkeiten zu entdecken und Neues auszuprobieren.

Diese gesammelte Unsicherheiten, was geht... was geht nicht... was geht momentan... was geht nie mehr... das wirbelt die Sorgen und Nöte durcheinander. Alles braucht Kraft und diese ist so kurz nach der OP auf ein Minimum reduziert.

Soviel Ausnahmezustände - körperlich - medikamentös - psychisch - so habe ich es persönlich und im Umfeld mehrfach erlebt - braucht viel Zeit, viel Aufmerksamkeit, viel Mut macher und Unterstützung.

Also sollten die Begleitenden stets ein offenes Ohr haben, das was heute ihr wichtig ist, kann morgen schon etwas anderes sein. Zuhören und mit den Behandlern eng zusammenarbeiten, das ist ein gangbarer Weg die tiefen Momente zu überstehen. Schließlich hat sie sich überwunden und der OP zugestimmt, das war bestimmt nicht leichtfertig sondern wohl überlegt und für ihre Leidensgeschichte ein Ausweg.

Die schnelle Reha ist eine sehr gute Idee. Dort begegnet sie gleich Betroffenen und erlebt hautnah, wie andere - jüngere, ältere Patienten damit umgehen. Es wird täglich geschaut, wo sie steht, was sie vorwärts bringt, sie kann unter medizinischer Begleitung ausprobieren, wie sie in Zukunft damit umgehen kann. Auch wenn Manches heute noch nicht machbar scheint, so ist das Vorbild, welche Erleichterungen Das bringt ein großes Maß die eigene Unsicherheit zu bekämpfen und öffnet Visionen, die sie sich heute noch gar nicht vorstellen kann und mag.

LG Teddy
Wow Teddy, danke für deine Worte!!
Mein Papa, mein Freund & ich sind immer für die Mama da, dass weiß sie auch!

Heute ist ein Tag, wo sie nur schläft und ihre Ruhe haben will. Ungewohnt für uns, weil Mama eigentlich genau anders ist.

Thema „Medikamente“ dass denk ich mir, jedes Medikament hat ja auch so seine ne Nebenwirkungen!

Aber gut, der Körper hat viel durch gemacht die Wochen bis jetzt. Ende November fing das ganze leider an. Die Ärzte im Krankenhaus haben alles versucht das Bein zu erhalten (5 OPs & Hauttransplantation etc), doch leider hatte der Professor keinen anderen Ausweg gesehen die Mama anders von den Schmerzen zu erlösen.
Sie hat sofort zugestimmt letzte Woche & sagte „ich möchte wieder laufen“ „ich möchte wieder in Urlaub fahren“ „mit euch Karneval feiern“. Schmerzen die ich seit Wochen habe, ist kein Leben - ich kann nicht laufen - dann lieber von vorne anfangen ohne Schmerzen auch wenn es ein langer Weg wird.
Denke das ist ein sehr positives Zeichen ❤️

Mein Papa, ist sehr ungeduldig was das Ganze angeht, hat immer Angst wenn Mama sich nicht mal sofort zurück meldet oder komisch „wie besoffen“ am Telefon ist oder heute auch, sie hat alles 2-3x erzählt ‍♀️
Ich Versuch ihm immer gut zu zu reden, aber da kommt dann immer als Antwort „die siehst das alles mit ganz anderen Augen, du bist viel jünger als ich“
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, ihr werdet es wahrscheinlich wissen aber dennoch einmal erwähnt. Phantom Schmerzen mit SpiegelTherapie heilen
 
Hallo mojito,
herzlich willkommen!

Gut, daß Ihr Euch kümmert!
Meine Gedanken und Erfahrungen ( mein LG wurde vor über 10 Jahren Oberschenkel amputiert nach Unfall)
wir haben so bissle Erfahrung.

Aus meiner Erinnerung: sobald Männe Besuch von mir oder Vertrauten hatte schlief er.
Krankenschwestern und Zimmernachbarn sagten," der ist immer wach oder hat Albträume"
Es fehlte die Sicherheit!

Für den Begriff Phantom ist es eine Woche nach der Amputation zu früh.
Natürlich braucht es jetzt hochdosierte Schmerzmedis um das Schmerzcentrum zu blocken und die haben bisschen verwirrende Nebenwirkungen .
Auch die Nerven beruhigenden Medikamente machen müde.

Ruhe für Deinen Vater! Er / Ihr müßt bitte Geduld haben.
Wenn Ihr bei Mutter seid, bitte nach Essen und Hygiene schauen. Helft, wenn Ihr könnt.
Bringt ihr was leckeres mit.

Frag weiter!

VG
Aramis
 
Hallo mojito,
herzlich willkommen!

Gut, daß Ihr Euch kümmert!
Meine Gedanken und Erfahrungen ( mein LG wurde vor über 10 Jahren Oberschenkel amputiert nach Unfall)
wir haben so bissle Erfahrung.

Aus meiner Erinnerung: sobald Männe Besuch von mir oder Vertrauten hatte schlief er.
Krankenschwestern und Zimmernachbarn sagten," der ist immer wach oder hat Albträume"
Es fehlte die Sicherheit!

Für den Begriff Phantom ist es eine Woche nach der Amputation zu früh.
Natürlich braucht es jetzt hochdosierte Schmerzmedis um das Schmerzcentrum zu blocken und die haben bisschen verwirrende Nebenwirkungen .
Auch die Nerven beruhigenden Medikamente machen müde.

Ruhe für Deinen Vater! Er / Ihr müßt bitte Geduld haben.
Wenn Ihr bei Mutter seid, bitte nach Essen und Hygiene schauen. Helft, wenn Ihr könnt.
Bringt ihr was leckeres mit.

Frag weiter!

VG
Aramis
Vielen Dank für deine lieben Worte, Aramis

… meiner Mama fehlt wirklich an nix. Papa und ich Wechsel und ab und besuchen Sie täglich.
 
Hallo Mojito,

es klingt vielleicht jetzt ein bisschen egoistisch, aber mein ganz wichtiger Rat für alle Begleitende: nützt die Zeit, in der sie in der Klinik und Reha versorgt ist, um selber Kraft zu schöpfen. Sie ist momentan gut aufgehoben und versorgt. Nehme Deinen Vater macht ne halbe Stunde Spaziergänge - geht mal ne Tasse Kaffee trinken oder auf ein Bierchen. Jetzt Freundschaften pflegen Kontakte halten ins Kino, Konzert usw. alles was die letzten Jahre weggefallen war. Diese Momente solltet ihr bewusst herbeiführen, damit eure Batterien wieder gefüllt werden.

Sie wird noch eine ganze Weile auf eure helfenden Hände angewiesen sein. Jedoch mit der Zeit sich anfreunden, dass das alles jetzt besser ist, als die ständige Schmerzspirale weiter hinauf zu klettern. Ihre Aussagen: ich will wieder ... das ist der richtige Ansatz - jetzt darfst du ... jetzt kannst du wieder ... das sind Optionen und Zielvorstellungen, die ihr durch "das Tal der Tränen" hindurch helfen.

Geduld und viel Mut machen - jeden kleinen Erfolg von Tag zu Tag hervorheben - ich hatte stets ein kleines Heftchen angefangen und konnte so z.B. meiner Mutter in depressiven Phasen vorlesen was sie letztens noch gar nicht konnte. Ein paar Monate später hat sie es mit Interesse gelesen und war froh und beruhigter über ihre Fortschritte. Mentale Gedankenreisen können auch helfen, sie könnte sich deutlich und lebhaft vorstellen, wie sie wieder Karneval feiern wird, einen Urlaubsort erkundet. Ihr könnt sie dabei unterstützen indem ihr in die Planung geht: nächstes Jahr wird dein Jahr, dann machen wir Urlaub, genießen die fünfte verrückte Jahreszeit usw.

LG Teddy
 
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