Ilona Ihme
Öffentlicher Brief
Herrn
Olaf Scholz MdB
c/o Sozialdemokratische Partei Deutschland
(SPD)
Max-Brauer-Allee 20
22765 Hamburg
21. Januar 2007
Internetseite – Abgeordnetenwatch.de und Gesundheit
Sehr geehrter Herr Scholz,
mit diesem Schreiben wende ich mich noch einmal direkt an Sie, da die o. a. Internetseite dem Bürger nur eingeschränkt ein Äußerungsrecht einräumt (max. 2000 Zeichen).
Gabi Thiess hat gerade einmal 409 Zeichen benötigt für Ihre Frage, zu der Sie mit mehr als das 10-fache an Zeichen (4.777 lt. Wordprogramm) Stellung bezogen haben.
Nachstehend meine Sichtweise zu Ihrer Stellungnahme, die ich auf der Internetseite „abgeordnetenwatch“ nur verkürzt, wenn überhaupt, dargestellt werden kann.
Die Besorgnis von Frau Thiess (04.1.) teile ich voll und ganz, wie viele Bürger auch. Seit mehr als einem Jahrzehnt assoziiere ich und nicht nur ich “ Gesundheitsreformen“ mit
wird teuer
Verschlechterung der medizinischen Versorgung
mehr staatlicher Einfluss
wachsende Bürokratie
„Die wahren Kosten werden phantasievoll verschleiert“ Der Staat präsentiert seine Sozialleistungen als Geschenk. Dabei zahlt der Bürger längst mehr ein, als er herausbekommt, meinen Experten wie Wissenschaftler Meinhard Miegel. Die Undurchschaubarkeit des Sozialstaats ist für Miegel nicht mehr mit demokratischen Prinzipien vereinbar.
(Quelle: Die Welt 25.7.06)
Dem vorgenannten kann ich nur aus vollem Herzen zustimmen.
Zurück zu Ihrem Antwortschreiben an Frau Thiess.
Immer wenn Sie von „Verbesserungen“ schreiben verwenden Sie häufig den Konjunktiv (wie sollen, möglichst, können usw.)
Im Klartext:
Kann so sein, muss aber nicht tatsächlich passieren.
Auch in der Vergangenheit gab es eine Reihe dieser „Sollversprechen“, sogar ein eindeutiges Urteil vom Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 347/98).
Genützt hat es Julia Längsfeld nichts. Sie starb qualvoll im Alter von 37 Jahren.
Auch Eckhard Zubke musste mit 56 Jahren sterben.
Beide waren in einer gesetzlichen Krankenversicherung, beiden wurden Therapien verweigert.
(Quelle: Sendung ARD 12.7.06 „Todkrank und abgeschrieben)
Julia Rasche und Reinhold Nowak müssen ums Überleben kämpfen, wie viele, zu viele Menschen.
Auch Ihnen werden Therapien verweigert. Trotz „Sollversprechen“ und Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.
(Quellen: Sendung ARD 12.7.06 „Todkrank und abgeschrieben“ und 18. Oktober „Zu Tode gespart?)
Die Aussagen von Dr. Reinhard Hess, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, in diesen Sendungen verdeutlichen dem Betrachter auf erschreckende Weise „Der einzelne Bürger zählt nicht“, auch wenn es um sein Überleben geht.
Kein Geld für Privatbehandlung – Pech gehabt.
Die von Ihnen, sehr geehrter Herr Scholz, angesprochenen Belastungsgrenzen treiben jedem Bürger die Zornesröte ins Gesicht.
Hört sich gut an, doch die Realität ist eine andere.
Einem Bürger steht in der Regel sein Bruttoeinkommen nicht zur Verfügung.
Darüber hinaus gilt die Belastungsgrenze nur für bestimmte, eingeschränkte medizinische Versorgung.
Kranke, insbesondere chronisch Kranke werden häufig um mehr als das Hundertfache belastet.
Ohne Erspartes ist dies aber nicht möglich.
Folge:
“Wer arm ist lebt kürzer!“
(siehe Jutta Längsfeld etc.)
Wer sich mit der geplanten, anstehende „Gesundheitsreform“ auseinander setzt, weiß, dass diese Reform dafür Sorge tragen wird, dass die Belastungen für den einzelnen Bürger massiv weiter steigen werden. Weit hinaus über die hypothetischen Belastungsgrenzen von 1- und 2 Prozent.
Auch wahrgenommene, sinnvolle Vorsorgeuntersuchungen, die vom Gesetzgeber im Rahmen der „Gesundheitsreformen“ schlicht und einfach gestrichen wurden, tragen dazu bei.
Gestrichen wurden bei den Vorsorgeuntersuchungen u. a.:
Glaukomvorsorge
Krebsvorsorge – Haut, Prostata, Ultraschalluntersuchungen,
*Früherkennung von Brustkrebs etc.
“nur eine kleine Auswahl“
Wenn dann festgestellt wird, der Patient ist tatsächlich erkrankt, dann kann es sein, dass der Patient weitere „Vorsorgeuntersuchungen“ nicht mehr selbst als gesetzlich Versicherter bezahlen muss, aber
erst dann.
All dies habe ich „hautnah“ persönlich erfahren müssen und nicht nur ich, viele, zu viele Mitbürger ebenfalls.
Es gibt Hunderttausende (Millionen?) dieser Einzelfälle, die, (Dass da Einzelne durch den Rost fallen können und dass Sie immer Einzelne finden können, wo das der Fall ist, das mag ja so sein." so Rainer Hess), durch das „soziale Netz“ fallen.
Das Sozialnetz ist grob gestrickt und hat immer mehr Löcher.
Dass, Menschen Individuen sind und keine Maschinen, wird völlig außer Acht gelassen, ebenso die Menschlichkeit und häufig auch die Würde eines jeden Einzelnen.
*Hier bestimmt jetzt der Staat unter Missachtung von Datenschutzbestimmungen, wie ich dem Schreiben des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW“ entnehme.
Cirka 80.000 Bürgerinnen zwischen 50 und 69 Jahren leben in meiner Stadt.
1 Arzt ist für dieses Programm (Früherkennung von Brustkrebs) ausgewählt worden.
Nicht einmal 10 % der Bürgerinnen wurden bis zum Sommer 2006, lt. mündlicher Auskunft der KV, angeschrieben. Viele Bürger fallen schon Ende 2006, wegen Altersüberschreitung, aus dem Programm heraus, ohne dass sie in 2006 berücksichtigt wurden.
Auch dieses Programm lässt eine freie Arztwahl nicht zu, eine Arztbesprechung ist nicht vorgesehen.
Entweder man beugt diesem staatlichen Ein-/Übergriff oder zahlt selbst die Vorsorgeuntersuchung oder verzichtet auf Vorsorge.
Sie sehr geehrter Herr Scholz weisen in dem Schreiben an Gabi Thiess darauf schon vorsorglich hin, mit welchen Konsequenzen diejenigen zu rechnen haben, die sich dieser „Staatsmedizin“ verweigern.
Der Staat sammelt unaufhörlich Daten seiner Bürger, ohne, dass der einzelne Bürger darauf Einfluss hat, wie die Realität zeigt.
Hierzu eignen sich in hervorragender Weise schon heute die bestehenden DMP.
Herr Scholz dies ist keine bürgernahe Politik!
Entscheiden Sie sich für die Menschen, die Sie gewählt haben und nicht weiterhin gegen Sie, wie Sie mir mit Ihrem Schreiben an Frau Thiess suggeriert haben.
Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Mehrheit gegen diese Reform ist.
Fürsprecher dieser Gesundheitsreform ist die Politik und dieWirtschaft – sie sind die einzigen „Gewinner“.
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass ich es als verwerflich empfinde, wenn sich Politiker und der VdK“ der Initiative D21 mit dem „Leuchtturmprojekt „eCard „ hinter den verständlichen Interessen der Wirtschaft stellt und die Bedenken seiner Bürger/Mitglieder unbeachtet lässt.
Mit dieser Reform werden den Bürger Milliarden an Kosten aufgebürdet, ohne Nutzen, ohne das sich etwas zum Besseren wenden wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ilona Ihme