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Stationäre Therapie wegen PTBS - Erfahrungen

ibsfmk

Neues Mitglied
Registriert seit
29 Jan. 2017
Beiträge
5
Hallo,

vor zwei Jahren hat es mich ziemlich übel erwischt. Nahtoderfahrung nach 4l Blutverlust, diverse Organe kaputt bzw. entfernt usw.

Diagnose u. a. posttraumatische Belastungsstörung

Ich habe sofort mit einer ambulanten Traumatherapie bei einem sehr umsichtigen Therapeuten begonnen. Dadurch könnte ich etwas stabilisiert werden. Leider habe ich einen schweren Rückfall erlitten. Mein Therapeut schlug nun vor, ich solle eine stationäre Traumatherapie machen.

Daraufhin habe ich mir verschiedene Kliniken angesehen und angesprochen und ich muss sagen, dass mich allein der Gedanke an solch eine "Anstalt" schon fertig macht.

Ich wollte deshalb hier nach Erfahrungen fragen. Wer hat schon einmal eine solche Therapie gemacht? Wie war das Ergebnis? Kann man das empfehlen?

Ich habe aufgrund meines Traumas das Problem, dass ich schon "krankenhausähnliche Gebäude" nicht betreten kann. Ich möchte nicht um 22 Uhr eingeschlossen werden und fragen müssen, wenn ich mal spazieren gehe (außerhalb des Therapieplans). Außerdem habe ich erfahren, dass man immer auch in einer Gruppe untergebracht wird. Ich habe aber die Befürchtung, dass mich andere Menschen mit ihrem Schicksalzu stark belasten, anstatt mir zu helfen (liegt in meiner Persönlichkeit begründet, da ich eine sehr feine Wahrnehmung habe - war schon immer so). Wovor ich noch Angst habe ist, dass man seinen Verstand am Empfang abgeben muss und andere einem vorschreiben, was man zu tun hat. Ein Beispiel wäre die legendäre Kunsttherapie. Kann mir jemand aus Erfahrung sagen, was passiert, wenn man diese z. B. nicht machen will (nein, nicht weil ich mich gegen die Therapie sträuben will, sondern weil ich schon seit frühester Kindheit noch nicht gerne gemalt habe). Gehen Kliniken auf solche Einwände ein, oder bekommt man dann noch mehr Diagnosen aufgedrückt?

Ich möchte auf keinen Fall pathologischerer werden. Ich habe ein Trauma erlitten, das mich verletzt hat, aber ich habe meinen Verstand nicht verloren und bin auch nicht krank.

Es wäre schön, wenn hier jemand seine Erfahrungen mitteilen könnte! Auch im Bezug auf "Kontrolliert werden", Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse und Dynamik von Therapiegruppen.

Vielen Dank
 
Hallo ibsfmk,

wenngleich ich schwerste Verletzungsfolgen erlitten hab, hat meine Psyche erfreulicherweise nicht gelitten. Insofern kann ich Dir aus eigenem Erleben keinen Rat geben. Dennoch: Wer zwingt Dich denn in eine stationäre Therapie? Wenn Du derartiges nicht wünschst, dann bleib doch einfach zu Hause. Wo ist das Problem?

Zu Deiner Erkrankung selbst werden Dir sicher einige Betroffene weiterhelfen können. Zu Therapien kann man jedoch in unserem Lande nur unter außergewöhnlichen Umständen (Selbst- bzw. Fremdgefährdung ) gezwungen werden. Alles Gute wünscht Rehaschreck
 
Hallo ibsfmk,
Willkommen im Forum!
Ich bin selbst nach einem sehr schweren Unfall an PTBS erkrankt und befinde mich in ambulanter Therapie.
Ich kann deine Sorgen vor einer stationären Behandlung total nachvollziehen, denn mir geht es - was Krankenhäuser betrifft - ähnlich.
Mich bekommen da keine 10 Pferde mehr freiwillig rein, ich mag meine Identität und Selbstbestimmung nicht mehr an irgendeiner Pforte abgeben etc. Das alles ist für mich auch Horror! Ich habe so gelitten, fast 2 Jahre lang immer und immer wieder zu OPs, Nachsorgen o.ä. weg zu müssen...
Deshalb bin ich mit meiner Therapeutin da ganz klar, dass ich eine stationäre Behandlung derzeit nicht machen könnte.
Hast du das mit deinem Therapeuten besprochen? Warum meint er, dass das trotzdem gerade jetzt richtig für dich sei? Und kannst du seine Argumente verstehen?
Ich denke mir schon, dass ich eine spezielle Traumaklinik - wo es hier im Form einige Empfehlungen gibt - anders zugeht, wie in einem Krankenhaus. Und das die Mitarbeiter dort es schon gewohnt sind, dass die meisten Patienten mit PTBS so ihren ganz eigenen Spleen haben und damit umgehen können.
Aber es kann dich keiner zwingen, du musst es nicht stationär machen!
Rede da dich nochmal mit deinem Therapeuten drüber, versuche ihm zu erklären, was du dabei denkst und versuche zu verstehen, warum er das als sinnvoll betrachtet.
Alles Gute für Dich!
LG Ellen
 
Erstmal tut es gut zu hören, dass ich nicht alleine damit bin.

Nein, mich zwingt niemand.
Ich erhoffe mir Hilfe. Aber ich weiß halt auch, was ich brauche und was ich gar nicht möchte. Ich fürchte, dass in einer institutionellen Einrichtung darauf keine Rücksicht genommen werden kann und es mir anschließend noch schlechter geht.

Das würde ich gerne vermeiden. Deshalb frage ich nach Erfahrungen.

Mein Therapeut weiß von meinen Grenzen und meint, ich solle es mir überlegen. Er meint, ich würde von einer intensiven Betreuung profitieren. Ich fürchte allerdings, dass das auf die Umstände ankommt.
 
Hallo ibsfmk,
Dann würde ich mal gucken, was für Kliniken dein Therapeut empfiehlt und was du im Netz oder hier im Forums so findest. Viele Traumakliniken beschreiben ihr Programm und ihr Vorgehen sehr genau, damit man weiß, was auf einen zukommt.
Und wenn du dann eine gefunden hast, die sich für dich gut und passen anhört, dann kannst du dort vorab doch die Punkte nachfragen, die dir so wichtig sind.
Ich glaube, die meisten versuchen eher nicht wie ein Krankenhaus daherkommen uns auch das Personal ist geschulter.
Unsere eigenen Empfindungen können aber nur wir selbst beeinflussen. Da es mit so einem stationären Aufenthalt nicht so schnell geht, könntest du dich aber mit deinem Therapeuten gut drauf vorbereiten...
Wichtig ist deine Einstellung! Ja, ich möchte dorthin und möchte, das mir geholfen wird. Ich möchte diese Knebelung loswerden. Ich möchte wieder mein Leben leben!
Und dann kann dir bestimmt auch geholfen werden, zumindest das es leichter wird.
Oh man, ich hab gut reden...Entschuldige bitte! Ich bin selbst ja noch nicht ganz so weit. Aber mir reicht meine ambulante Therapie auch gerade gut aus, ich mache Vorschritte, dissoziiere nicht mehr bei jeder Kleinigkeit - auch wenn ich den Mist gern schon längst los wäre... Ich lerne, mich über kleine Verbesserungen zu freuen, schaffe es, mich bewusst mit dem Thema auseinander zu setzen und nicht immer davonzulaufenund nur zu vermeiden.

Ich wünsche dir viel Kraft, dass du deinen Weg findest!
LG Ellen

P.S. Ein kleiner Hinweis: hier im Forum wird Wert auf einen guten Umgangston gelegt, d.h. das Beiträge bitte mit Abrede und Schlussgruß geschrieben werden.
 
Hallo ibsfmk,

ich habe gute Erfahrungen mit einer Traumatherapie in einer Tagesklinik gemacht. Bei mir war irgendwann klar, dass die ambulante Therapie nicht ausreicht, weil es zu viele Themen gab, die zu bearbeiten waren. Ursprünglich war der Vorschlag auch, eine stationäre Therapie zu machen. Die Klinik, die das hier anbietet und in der ich zur Diagnostik war (eine große Uni-Klinik), wollte mich aber nicht haben. Wegen sehr unangenehmer Erfahrungen mit der einen Assistenzärztin, die eine Retraumatisierung verursacht haben, wollte ich dann auch nicht mehr dort hin. Ich hatte kurz nach der Diagnostik das Vorgespräch in der Tagesklinik, die den Bedarf für eine stationäre oder teilstationäre Therapie gesehen haben, und durfte 7 Monate später die Therapie anfangen. Die Klinik arbeitet mit einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Konzept, die Therapie ist auf 8 Wochen ausgelegt, kann aber in Absprache mit dem Therapeutenteam auch verlängert werden. Es gab relativ viel Einzeltherapie (2x 50 min mit dem/der Bezugstherapeut*in, 2x 50 min mit dem/der Co-Therapeut*in pro Woche), keine Kunsttherapie, dafür Bewegungstherapie (1x pro Woche) und verschiedene Gruppentherapien. Es war bei allen Therapien Anwesenheitspflicht, allerdings konnte man in Absprache mit dem Therapeutenteam wegen dringender Termine auch mal später kommen oder früher gehen.

Die Therapieräume befanden sich in einem Altbau und hatten überhaupt keine Krankenhausatmosphäre, eher wie Seminarräume. Das Therapeuten-Team trug auch keine Kittel, selbst der Oberarzt als einziger Mediziner nicht. In den ersten drei Wochen wurden die Therapieziele erarbeitet, an deren Erreichung in den folgenden Wochen gearbeitet wurde. Es gab keinen Druck, dass diese Ziele am Ende zu 100 % erreicht sein mussten.

Ich habe von dem Aufenthalt sehr profitiert, weil mir sehr viele negative Glaubenssätze bewusst geworden sind, mit denen ich mir permanent selber im Weg stehe. Ich kann mittlerweile gut unterscheiden, ob sich alte Gefühle melden oder ob die Gefühle zur aktuellen Situation passen. Ich gerate nicht mehr in ganz so intensive Gefühlsüberflutungen.

Ich hatte vorher die Befürchtung, dass eine teilstationäre Therapie zu anstrengend für mich ist, weil ich ja weiterhin verschiedene Alltagsbelastungen am Hals hatte. Diese Befürchtung hat sich nicht bestätigt, ich würde eine Tagesklinik einem vollstationären Aufenthalt auch in Zukunft vorziehen.

VG Drahtesel
 
Halloli!
Ich habe mal mit dem gleichen Gedanken gespielt und mich für ambulant entschieden.
Ich würde so viele Menschen an einem Ort um mich herum nicht ertragen. Und nach zwei schlechtenTherapieerfahrungen ist meine Angst noch heute riesig, so etwas könnte sich wiederholen und dann noch in einem Setting, dass mich eh überfordert. Also war ich gegen Klinik und mach bei meiner dritten Therapeutin ambulant weiter. Die ist ziemlich gut. Wenn ich jemals gehen würde, würde ich eine kleine Klinik wählen. Da ist es einfach persönlicher. Und alles übersichtlicher. Und ich würde vorher entscheiden, mit welchem Verfahren ich behandelt werden möchte. Nicht jedes Verfahren ist für jeden geeignet. Damit hatte ich mich im Vorfeld sehr beschäftigt. Auch weil ich diese schlechten Erfahrungen gemacht habe. Das würde ich dir auch empfehlen.
Mir ist noch etwas aufgefallen. Du betonst so überdeutlich, dass du nicht krank wärst. Als wäre es irgendwie peinlich. Und es stimmt ja auch nicht. So ein dieses Trauma ist eine psychische ERKRANKUNG und paart sich auch noch zu gern mit einer Depression oder Dissoziation. Und ganz ehrlich mal, manchmal wirken wir mit unseren Reaktionen und Vermeidungen für andere echt bizarr. Muss man mit Augenzwinkern sehen. Das ist so. Hat sich keiner ausgesucht. Will auch keiner haben, der da klugscheißernd mit Sprüchen um die Ecke kommt, man solle sich halt zusammen reißen.
Übrigens sprach auch gegen Klinik, dass ich ein Tagesprogramm nicht mehr schaffe. Und halbtags macht man das nicht. Also nicht mal Tagesklinik ging halbtags.
Ich wünsche dir eine gute Entscheidung mit gutem Bauchgefühl.
Viele Grüße Hella
 
Ich stimme Hella in vielen Punkten zu. Die Gruppe in der Tagesklinik lag bei maximal 8 Patienten, das fand ich aushaltbar. Phasenweise waren wir auch mal nur 5 oder 6 Patienten. In der Reha, in der ich vor 3 Jahren war, lag die Gruppengröße bei 12 bis 14 Patienten, das waren mir auch zu viele Menschen.

Ich hatte nach den schlechten Erfahrungen in der der Diagnostik auch Angst, dass sich das wiederholen könnte. Ich habe es angesprochen und thematisiert, nach zwei Wochen war klar, dass das therapeutische Konzept der Tagesklinik gut für mich passt und sich die Erfahrungen aus der anderen klinik nicht wiederholen werden.

Mir war bereits vorab wichtig, in eine Klinik zu gehen, die verhaltenstherapeutisch arbeitet, weil meine ambulante Therapeutin Verhaltenstherapeutin ist und ich damit gute Erfahrungen gemacht hatte. Die Klinik, in der ich zur Diagnostik war, arbeitet auch verhaltenstherapeutisch, aber für das Konzept war ich zu autonom (DBT-PTBS). Das Konzept in der Tagesklinik orientiert sich an Resick und Ehlers, das war für mich passender.

In der Tagesklinik war es so, dass es Zeiten gab, in denen man eigenständig gearbeitet hat, und Zeiten, in denen man Einzel- oder Gruppentherapie hatte. Außerdem gab es eine einstündige Mittagspause. Da ich noch arbeitsfähig war und bin, hatte ich die Hoffnung, dass ich einen ganzen Tag durchhalten kann. Es gab ein paar Tage, an denen es grenzwertig war und ich mir in der Tagesklinik einen Raum zum Ausruhen gewünscht hätte (der ist in Planung, wenn sie ihre neuen Räume beziehen).

VG Drahtesel
 
Hallo ibsfmk,

willkommen hier im Forum!
ob es eine Tagesklinik oder eine vollstationäre Klinik oder ambulante Klinik für dich wird, hängt von vielen Faktoren ab!
Du selber kannst es aber nicht wirklich einschätzen, es fehlen dir die Vergleiche!
Jede Klinik ist für sich wieder speziell und hat unterschiedliche Schwerpunkte!
Deine Frage, ob die auf deine Wünsche eingehen, kann die keiner im Voraus beantworten, da diese auch unterschiedlich festgelegt wird!
Es soll dir ja auch geholfen werden, das geht dann eben auch nur, wenn du deine eingefahrenen Strukturen etwas verlässt!
Aber jede Einrichtung hat ihre Grundregeln an die man sich mehr oder weniger halten Mus, denn sonst funktioniert der Ablauf nicht!
Es geht ja auch nicht darum, um 22:00 Uhr eingesperrt zu werden, es geht wohl mehr darum eine Nachtruhe herbei zu führen!
Regelmäßigkeit ist für den Schlaf sehr wichtig, das kann eben nur über Schlafenszeiten geregelt werden!
So gibt es noch viele Beispiele warum manche Dinge geregelt werden müssen!
Aber alles in allem wollen diese Einrichtungen einem ja nur Helfen und nur darauf kommt es doch drauf an!
 
Hallo,
vielen Dank für die vielen Hinweise und Erfahrungen.

ptpspmb:
Alle Kliniken, die ich mir angesehen habe, fahren ein ähnliches Programm. Und da gibt es eben einige Dinge, die ich so nicht möchte. Deshalb habe ich nach Erfahrungen anderer gefragt, wie sie diese Punkte erlebt haben.

Natürlich verstehe ich das aus organisatorischer Sicht. Aber es gibt einfach Dinge, die möchte ich nicht machen. Das hat auch nichts mit eingefahrenen Strukturen zu tun, wie du schreibst. Sondern das sind einfach Dinge, die in meiner Persönlichkeit begründet liegen und nicht mit der Tatsache, dass ich traumatisiert bin. Ich habe auch vor meinem Trauma Malen gehasst und nur weil ich ein wenig Pech hatte, muss ich jetzt nicht alles mitmachen, nur weil es das Konzept einer Klinik ist (und sicherlich einigen hilft). Ich habe mir das nicht ausgesucht und deshalb möchte ich mir das bisschen Integrität, das mir geblieben ist bewahren. Das ist mir einfach wichtig. Ich habe deshalb nach Erfahrungen gefragt, weil ich nach einer Therapie suche, die mir hilft - und da ich meinen Verstand nicht verloren habe - möchte ich gerne selbst entscheiden, was gut für mich ist. Ich suche nach einer Therapie, die sich nach meinen Bedürfnissen ausrichtet und nicht ich mich verbiegen muss, damit ich mich der Therapie anpasse.

Hella und Drahtesel
Danke für den Tipp mit der kleinen Klinik bzw. Tagesklinik. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen.
Hella, ich bevorzuge einfach das Wort psychische Verletzung. Man würde ja auch nicht sagen, er ist an einem gebrochenen Arm erkrankt. Nein, peinlich ist mir das nicht. Und letztendlich, wie man es nun nennt, die Folgen sind die gleichen. Dass wir manchmal bizarr wirken, hast du schön beschrieben. Da stimme ich dir voll und ganz zu!

elster999
Danke für deine ehrlichen Worte. Den Willen habe ich. Den Wunsch auch. Aber eben auch klare Grenzen, was möglich ist und was nicht.

Würde mich über mehr Input freuen! Vielen Dank an alle, die sich die Mühe gemacht haben, zu antworten. Viele Grüße
 
hallo ibsfmk,

antworten gerne, Erfahrungen austauschen gerne, dazu ist das Forum ja da:

Stationär, ambulant, alles hat sein Für und Wider. Gerade wenn man durch seine Erkrankung auf Notaggregat läuft und man alles nur gerade so auf Schmalspur irgendwie und doch ganz wenig auf die Reihe bekommt, ist so ein eigentlich richtiger und notwendiger Schritt "stationär" eine riesen Bedrohung. Es schwirren auch genug Horrornachrichten herum, andereseits hat sowas auch schon vielen geholfen. Dabei gibt dabei eines zu bedenken, nicht umsonst hat das dein vertrauter Therapeut "stationär"mal in den Ring geworfen.

Deine Umschreibung: ich will nicht in solch einen Kasten, ich will nicht um 22Uhr eingesperrt sein, ich will nicht dort was machen, was ich eh schon lange gehaßt habe z. B. malen, das ist alles verständlich und nachvollziehbar. Es gibt bestimmt die eine oder andere engstirnige Einrichtungen oder eher mal gesagt Abteilungen eines Hauses, wo das vorkommen kann, wobei es in einem anderen Stock schon wieder ganz anders aussieht. Bei manchen kann man sich für abends einen Schlüssel aushändigen lassen.

Andererseits bieten stationäre Einrichtungen die Möglichkeit aus dem eingefahrenen, belastenden Alltag mal auszusteigen, den man, ehrlich gesagt von außen betrachtet, doch wirklich nur mit Ach und Krach bewältigt und sich dabei selber ständig zusammenreißt und unendlich Kraft aufbringen muss.

Dazu gibt es diese stationären Möglichkeiten - man wird den Alltagslasten enthoben, wie einkaufen-kochen-waschen-sauber machen- usw. denn man wird voll versorgt. Dadurch hat man die Chance sich mal ganz und gar auf sich selber zu hören und der Tapetenwechsel hilft dabei.

Man wird ermuntert mal was Neues auszuprobieren. Ob Therapien oder irgendeine sportliche Aktivität - Bewegung im Freien, Schwimmen, Bogenschießen, oder handwerklich Holz, Metall, Ton oder eben auch mal Künstlerisch. Ich selber und jene Betroffene in meinem Umfeld, die in den letzten Jahren in versch. Einrichtungen an Psychorehas erlebt haben, aufgrund verschiedener psych. Symptome, burn-out, Trauma, etc. bei keinem gab es den Zwang: sie müssen malen - das habe ich selber nie erlebt. Wir hatten alle die Chance auszuprobieren, was einem gut tut und natürlich auch wovon wir nach dem Austesten Abstand nehmen wollten, wie auch einen festen Stundenplan einen geregelten Tagesablauf.

Bei einer ambulanten Reha hat man die Last des Alltags weiter selber zu tragen und noch zusätzlich die Anfahrt, die verschiedenen Termine, die Rückfahrt zu meistern und sitzt dann abends erschöpft alleine in seinen 4 Wänden und fragt sich wozu der Stress.

Nicht zu verachten ist in der stationären Reha der Kontakt zu Mitbetroffenen. Aus der Beobachtung, wie andere damit umgehen, kann man sich das für sich selber herausgreifen und abwägen, ob es was für einen selber ist. Natürlich gibt es auch einzelne nervige Zeitgenossen, aber auch die sind wichtig, gerade als Beispiel: so nicht.

Wenn wir nach der Bewegungstherapie gemeinsam unser Gläschen Wasser in netter Runde einnahmen oder abends mit Karten oder Tischspielen oder nur im Gespräch den Tag ausklingen ließen, das war Balsam für die Seele. Ah, anderen geht es ja auch so, ich bin nicht alleine, nicht verrückt, kein psychisch instabiles Wrack, sondern das ist eine Krankheit, für die es Behandlungsmöglichkeiten gibt. Leider keinen goldenen Weg, der für alle gleich ist, sondern Lebenshilfestellungen, damit besser umgehen und zurecht zu kommen.

Mir ging es immer so, dass geistig in meinem Alltag durch das Trauma immer mehr früher offene Türchen zugeschlagen worden sind und ich verzweifelt versuchte sie wieder zu öffen. Früher gingen sie wie automatische Türen selber auf heute muss ich mit viel Kraft darum kämpfen und manche blieben zu. In der Reha bei den Therapien mit Ärzten Physios, bei den Aktivitäten, in den Begegnungen mit Mitbetroffenen kamen nach und nach andere Türchen ins Blickfeld, die für mich sogar offen standen.

Ich musste lernen meine Blick schweifen zu lassen und diese neuen fremden Wege auszuprobieren. Immer wieder gab es den Moment: ach was soll das, was bringt das und ein halbes Jahr später ging mir ein Licht auf, ach so, aha...

Meinem Liebsten ging es so in der Reha mit Bogenschießen, was soll das, na ja probiere ich... mache ich bestimmt nicht mehr danach. Nein er hat es nicht mehr gemacht, aber die Anleitung einen festen Stand, Bewegung und Atem kontrollieren, sich zu fokussieren, zielen und dann loslassen, hat ihm dann in Ausnahmesituationen geholfen. Ob in einer brenzligen Verkehrslage, ob Ärger mit Behörden, wo stehe ich, was kann ich tun, wo will ich hin, wie gelange ich dort hin. Oder aber war Schlafentzug und körperliche Anstrengung ein Weg endlich wieder müde ins Bett zu steigen und mal mehr als 2h am Stück schlafen zu können.

Egal wen ich kenne, jeder kam aus dieser Rehazeit nicht als Kraftprotz zurück, aber mit einem dichteren "Fell", die mentalen Batterien liefen nicht mehr auf dem letzten Loch. Kräfte konnten besser gebündelt und eingesetzt werden, difuse Ängste wandelten sich in Furcht vor... um und waren besser händelbar und der Alltagswahnsinn wurde erträglicher.

Daher wünsche dir viel Mut, vielleicht doch mal was Neues auszuprobieren, der erste Schritt ist gemacht du lässt den Gedanken zu, ob das nicht mal was ist "stationär" und du dich auf die Erfahrung einlassen kannst.

Wenn du meinst, es geht nicht, mein Umfeld braucht mich, ich kann die nicht im Stich lassen, genau dann lässt du sie im Stich. Denn wenn du dich um dich selber kümmerst und in kurzer intensiven Zeit einer stationären Reha etwas für dich tust und es dir besser geht - schneller als in längerer ambulanter - dann hast nicht nur du was davon sondern auch dein Umfeld. Geht es dir besser, geht es denen auch besser!

Viel Mut
LG Teddy
 
Hallo Teddy,

vielen Dank für deinen ausführlichen Post!
 
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