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Krankengeld: Rechtsänderungen kritisch begleiten!

Künftig muss die AUB einen (Werk-) Tag später, also „lückenlos“, ausgestellt werden (wobei reine
Wochenend-Lücken – jedenfalls in den meisten Fällen – problemlos sein werden). Allerdings schnappt
die Krankengeld-Falle (dann für Alle) bei wörtlicher Auslegung auch zu, wenn die Folge-AUB zu früh aus-
gestellt wird, z. B. bei voraussichtlich bis Sonntag bescheinigter AU schon am Freitag, statt zwingend am
Montag ("überschneidend").

Ich sehe jetzt allerdings nicht, woher das von dir genannte "Verbot" bzw. der Verlust des Anspruchs/Mitgliedschaft kommen soll?
Bei den genannten Ergänzungen der §§46,192 SGB V werden die bestehenden Regelungen nur erweitert, aber nicht eingeschränkt oder "überschrieben"? :confused:
 
Eskalation?

.
Unter Juristen laufen die Diskussionen etwas anders bzw. "härter" ab.

Da wäre erstmal das Juraexamen, z. B. hier, evtl. auch Seite 1: http://www.juraexamen.com/forum/viewtopic.php?f=15&t=16348&start=15

Und erst das Forum "Recht":

image-325975-c2dbc1c1.png


Fundstelle: http://www.recht.de/phpbb/viewtopic.php?f=34&t=261947&p=1660420#p1660420

Kaum richtig in Fahrt, wohl gleich wieder geschlossen?

Gruß!
Machts Sinn
 
Mithin unglaubwürdige Rechtsanwälte

geht`s noch?

Sehr unglaubwürdig, auch Rechtsanwälte dürfte klar sein das Krankheit durchgehend besteht und nicht für wenige Sekunden unterbrochen wird.
 
Bei den genannten Ergänzungen der §§46,192 SGB V werden die
bestehenden Regelungen nur erweitert, aber nicht eingeschränkt
oder "überschrieben"?

Wie kommst du auf diese Einschätzung bzw. was findest du an den
bisherigen Ausführungen und am Beitrag von Prof. Richter unzutreffend?

Gruß!
Machts Sinn

P.S: danke Aramis und WU für die Ermunterung!
 
Hi Machts Sinn,

sorry, das ich erst heute antworte - die letzten beiden Tage gings mir schmerzmäßig nicht besonders gut :(. Und fast ausschließlich mit einer Hand solche "Romane" zu tippen dauert bei mir leider auch etwas :D


Also, fangen wir mal an.
Grundsätzlich sollten wir uns einig sein, dass die von dir zitierten Passagen keine bestehenden Regelungen "überschreiben" (im wahrsten Sinne des Wortes).
Das steht bei den jeweiligen Entwürfen explizit dabei:

Dem § 192 wird folgender Absatz 3 angefügt ...


§ 46
wird wie folgt geändert:
a) …
b) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:


Warum du den Punkt a) nicht ausführst, erschließt sich mir nicht wirklich, den der enthält ja nun schließlich eindeutige, positive Folgen für die Versicherten:
§46 Satz 1 Nummer 2 wird wie folgt geändert:
im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.“
Damit gehört zukünftig dieser "elendige" Karenztag der Vergangenheit an.

Nehmen wir jetzt mal Max Mustermann und Lieschen Müller.
Beide haben auf ihrem letzten KG-Zahlschein als voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit stehen: 23.05.2015 - ein Freitag.

Max ist nun sehr zeitig unterwegs und geht bereits am Donnerstag wieder zum Arzt. Er wird weiter AU geschrieben bis zum 12.6.15.
Gem. §46 Abs. 1 Nr. 2 entsteht damit ein neuer Bewilligungsabschnitt ("Verwaltungsakt über eine abschnittsweise Bewilligung von Krankengeld", s. z. B. Rundschreiben des BVA an die KKs, II 2 – 5123.5 – 823/2008). Die grundsätzlichen Bedingungen, damit ein (neuer) Anspruch auf KG entstehen kann, sind erfüllt (§44 Abs. 1): Max war Versicherter und ist arbeitsunfähig. (KassKomm/Brandts SGB V § 44 Rn. 3-26)
Da wie gesagt ein neuer, abschnittsweiser Anspruch auf KG entsteht, muss der "alte" Anspruch nicht fortbestehen, der neu eingefügte Satz 2 trifft also nicht zu.

Liesschen hat es dagegen mit dem Arztbesuch nicht so eilig und geht erst am Montag, den 25.05. hin. Auch sie wird weiter bis zum 12.6. AU geschrieben.
Nach "altem" Recht (also das jetzige, vor der geplanten Änderung) hätte sie die goldene A**-Karte: Sie würde weder KG erhalten, noch weiterhin versichertes Mitglied der KK sein. Soweit müssten wir uns einig sein, oder?

Nach dem neuen Recht ergibt sich nun folgendes:
Gem. §192 Abs. 3 ist Lieschen Müller durch ihren Arztbesuch am nächsten Werktag(... Samstage gelten insoweit nicht als Werktag.) (hier: Montag) weiterhin versichertes Mitglied ihrer KK.
Gem. §46 Abs. 1 Nr. 2 entsteht damit am 25.05. ein neuer Anspruch auf KG für den Bewilligungsabschnitt bis zum 12.06.2015.
Ohne den neuen Satz 2 hätte sie allerdings keinen Anspruch auf Krankengeld für den 23. und 24.05.2015, da der "letzte" Bewilligungsabschnitt am 22.5. endete und der neue wie gesagt erst am 25.5. entsteht. Eine "Rückdatierung" bzw. rückwirkende Bewilligung von KG ist grundsätzlich ausgeschlossen bzw. an äußerst strenge Ausnahmetatbestände gekoppelt (z. B. geschäftsunfähigen Versicherte ohne gesetzlichen Vertreter oder bei Verlust der Handlungsunfähigkeit, KassKomm/Brandts SGB V § 46 Rn. 4,7,16-17)
Durch den Wegfall des KG an diesem Wochenende kommt es möglicherweise zu weiteren Nachteilen (z. B. ohne KG keine Beiträge zu RV, PflV etc. Inwiefern diese zwei fehlenden Beitragstage sich dort tatsächlich auswirken - keine Ahnung, mit RV und PflV-Recht bin ich nicht wirklich vertraut)

Der neue Satz 2 erlaubt es nun, den "letzten" Bewilligungsabschnitt vom 22.5. zu "verlängern" ("Der Anspruch auf KG bleibt bestehen..."),
bis am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist durch ärztlicheFeststellung die Fortdauer der AU wegen der selben Krankheit festgestellt wird - und dadurch ein neuer Anspruch auf einen KG-Bewilligungsabschnitt entsteht.)Lieschen erhält also auch für die beiden Tage am Wochenende Krankengeld - und die evtl. weiteren negativen Folgen (oben genannt) bleiben ebenfalls aus.



Warum der Prof. in dem von dir verlinkten Video der Auffassung ist,

dass der §46 Abs. 1 Nr. 2 nicht zu beachten ist, kann ich nicht verstehen. Ich weiß nicht, in wie fern er sich vor diesem Interview damit beschäftigt hat oder ob man ihm nur den neu eingefügten Satz kurz vor dem Interview "vor die Füße" geworfen hat ohne die damit zusammenhängenden Gesetzesänderungen zu erwähnen. Keine Ahnung. Ich find es jedoch sehr aussagekräftig, dass - wie du in einem der von dir verlinkten Juraforum ausgeführt hast - 35-40 Sachverständige auch keinerlei Einwände gegen die geplanten Änderungen hatten.

In diesem Sinne,
Port
 
Hi Port,

danke für die intensive Beschäftigung mit diesem Thema!

Am Punkt a) habe ich nichts auszusetzen, obwohl er für die Versicherten unterm Strich wohl eher negativ sein dürfte als positiv, Stichwort Anspruchsdauer-Verbrauch, aber sei´s drum.

Du kennst den „Karenztag“ und weißt wohl auch, dass es für die gesamte Dauer der AU nur einen gibt? Damit müsste sich aus dem bisherigen § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erschließen, dass es für die gesamte Dauer der AU auch nur einen Krankengeld-Anspruch gibt (und die gegenteilige Rechtsprechung des BSG „zumindest erklärungsbedürftig“ ist), denn andernfalls müsste es mehrere Karenztage geben, wovon die Diskussion im Bundestag 1960 / 1961 und 1988 aber nichts weiß.

Da die bisherige Gesetzes-Systematik - künftig ohne Karenztag - im Übrigen unverändert bleibt, sehe ich auch künftig für die gesamte Dauer der AU nur einen Anspruch. Dies ergibt sich zudem aus diesem Singular-Wortlaut:

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Also weit und breit kein Ansatzpunkt für eine abweichende Auslegung! Im Gegenteil: die Ergänzung durch Satz 2 bestärkt diese Auffassung. Und es wäre für Sozialleistungen neu, dass zwei Krankengeld-Ansprüche parallel bestehen könnten – wie bei Max für Donnerstag und Freitag unterstellt.

Wenn also der "eine" Anspruch nur bestehen bleibt, wenn Max nach dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist (Montag), ärztlich feststellen lässt, schaut er mit einer früheren Feststellung (am Donnerstag) in die Röhre.

Bei Liesschen sind wir in den Ergebnissen einig: altes Recht A**, neues Recht :) - allerdings nicht in der Begründung: nach meiner Auffassung besteht der – "eine" – Anspruch fort, entsteht kein neuer. Der Entwurf lässt erkennen, dass sich Gesetzgeber insoweit von den bisherigen BSG-Fiktionen verabschieden will.

Damit wäre auch die Auffassung von Prof. Richter sauber unter Dach und Fach.

P.S.: von den 3 bis 4 Dutzend Stellungnahmen setzt sich keine einzige mit solchen Fragen auseinander – also das hat nichts zu sagen.

Gruß!
Machts Sinn


P.S.: eine Änderung des § 192 SGB V ist jetzt nicht vorgesehen. Das BGM hat den früheren Vorschlag des BR zu § 192 SGB V in eine Änderung des § 46 SGB V umgebastelt - aber offenbar nicht weiter gedacht.
 
Sehr Gut:)

Mithin dürfte evtl. aufgegangen sein, dass die fiktive BSG Rechtsprechung unhaltbar war, da eben nicht mit den Gesetzlichen Normen vereinbar.

Jetzt soll m.E. wiederum fiktiv der Jahre lang begangene Fehler vertuscht werden.

Doch durch diesen Versuch der Vertuschung wird immer mehr deutlich, dass die BSG Rechtsprechung UNRECHT gesprochen hat :D
 
Änderungsvorschlag § 46 SGB V neu:

Es ist offenbar - teilweise - angekommen, was hier im Forum bereits intensiv diskutiert wurde
also dass die seit 17.12.2014 vorgesehene Änderung / Formulierung vom Regen in die Traufe führt.

Allerdings ist die nach dem Prinzip "Versuch, Irrtum, nächster Versuch ..." vorgesehene Korrektur auch
kaum besser - jedenfalls nicht für die Versicherten, Krankengeldberechtigten.

Dies soll der künftige Wortlaut des § 46 SGB V sein:


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Es ist die Fortsetzung des Schröder´schen Sozialstaats-Ausverkaufs, wenn die Grundideen des Sozialen
Rechtsstaats mit Füßen getreten werden und sich die Urväter vor Scham im Grabe umdrehen.

Aber wahrscheinlich wissen die SPD´ler gar nicht, was damit gemeint ist bzw. wie sie vom
Senior-Partner mal wieder über den Tisch gezogen worden sind.

Gruß!
Machts Sinn
 
"Statt Pest nun Cholera"

.
Durch die inzwischen vorgesehene Änderung zur Änderung des § 46 SGB V erübrigen sich die
drei bisher wesentlichsten Kritik-Punkte.

Allerdings können die Mitglieder des Deutschen Bundestages auch aus der Begründung dazu nicht
nachvollziehen, wie weit der Inhalt der ihnen zum Abnicken vorbereiteten Regelung künftig reicht:

Legalisierung von Krankengeld-Recht außerhalb des übrigen Sozialrechts der SGB I und X!

Damit stehen die Abgeordneten aber nicht allein; auch die meisten Fachleute dürften dies nicht
​auf Anhieb überblicken.

Gruß!
Machts Sinn
 
Wollen die „Ministerial-Beamten“ ca. 630 Bundestagsabgeordnete zum Abnicken missbrauchen?
.
Bei dieser Gesetzgebungs-Spielart - ewig nichts aber kurz vor Schluss eine Wende von "Pest zu Cholera" - kriegen natürlich viele nicht mehr mit, was nun Sache ist. Trotzdem muss es für eine erneute Einflussnahme nicht zu spät sein. Das GKV-VSG soll den Bundestag in 2. und 3. Lesung am 11.06.2015 passieren - die beiden letzten Wochen sind entscheidender als die beiden ersten.

Der bisherige Regierungsentwurf vom 17.12.2014 sieht in Art. I Nr. 15 (Seiten 14/15, 80/81 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/040/1804095.pdf ) Änderungen zum Krankengeld-Recht (§ 46 SGB V) vor, die aus der Begründung nicht ersichtliche und von Vielen (vielleicht auch von BT-Abgeordenten) sicher nicht gewollte sozialrechtliche Auswirkungen haben.

Danach wird die (BSG-) Krankengeld-Falle zwar entschärft, denn statt „überschneidende“ Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen reichen dann „lückenlose“ AUB, auch Wochenend-Lücken sollen unschädlich werden. Allerdings bewirkt die Einfügung des Satzes 2 in § 46 SGB V auch, dass der Krankengeld-Anspruch in allen dort nicht genannten Fällen nicht bestehen bleibt. Dies bedeutet insbesondere, dass

1. die entschärften Risiken bei zweifelsfreier Arbeitsunfähigkeit allein aus formalen Gründen über den bisher betroffenen Personenkreis der Nicht-Beschäftigten hinaus auf alle Versicherten ausgedehnt und zudem um die Zeit der Entgelt-/Leistungsfortzahlung in den ersten 6 Wochen erweitert werden

2. der Tag des Arzt-Besuchs zur weiteren AU-Bescheinigung gesetzlich auf den Werktag nach dem Ende des vorhergehenden AU-Bescheinigungs-Zeitraums vorbestimmt wird

3. außer zu spätem Arzt-Besuch künftig auch zu früher Arzt-Besuch zum Verfall des Anspruchs führt.

Möglicherweise ist bisherige Kritik genau dagegen ja angekommen, denn offenbar soll von den angekündigten 57 Änderungsanträgen der CDU/CSU, SPD auch die Krankengeld-Änderung betroffen sein (Nr. 12, Seiten 1 und 26/27 http://www.bwkg.de/index.php?eID=tx...ierungshilfen_fuer_AEnderungsantraegen_01.pdf ).

Damit würde die bisherige Gesetzeslage aber zum Nachteil der Versicherten wesentlich verschlechtert. Jedenfalls ist der bisherige § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V voll in Ordnung - nur eben nicht, was das BSG seit 2007 durch rechts- und verfassungswidrige Auslegung – offenbar willkürlich – daraus gemacht hat:

Trotz Singular-Wortlaut und untrennbarem Gesetzes-Zusammenhang von nur einem Karenztag (gegen den SPD-Vorfahren 1960/1961 und 1988 vehement kämpften) mit nur einem Krankengeld-Anspruch ging das BSG entgegen der Gesetzeslage bisher von mehreren Karenztagen und Krankengeld-Ansprüchen jeweils für die Dauer der bescheinigten AU aus, womit die "Augenhöhe- und Vertrauensschutz-Vorschriften" des SGB X umgangen wurden.

Insoweit bedeutet der vorgesehene CDU/CSU-SPD-Änderungsantrag Nr. 12 zum Regierungsentwurf vom 17.12.2014 einen Wechsel von "Pest zu Cholera", den 630 Abgeordnete abnicken sollen, offenbar damit § 46 SGB V künftig auf rechts- und verfassungswidriger BSG-"Recht"sprechung aufbauen und diese nachträglich - legalisieren - kann.

Das Thema ist sehr komplex und inzwischen ziemlich heiß - sollte vielleicht vertagt werden!
 
zum unmittelbaren Vergleich - wer macht so was?

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Hier die Ergebnisse vom Spiel hinter den Kulissen


GroKo-Regierungsvorschlag vom 17.12.2014:

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GroKo-Fraktions-Entwurf, Stand 20.05.2015:

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Sind nur Laien am Werk oder wer ist die treibende Kraft, die ca. 630 Bundes-
tags-Abgeordnete hinter´s Licht führen will?


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