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Aufklärungspflichten Anwalt Gesamtabfindung…

John Rambo

Neues Mitglied
Registriert seit
10 Aug. 2015
Beiträge
16
Hallo alle miteinander. Ich hatte einen Unfall als Fußgänger und bin vom Auto angefahren worden. Unter anderem gab es eine „laterale tibiakopf spalt impressionsfraktur“ was im Grunde bedeutet das Knie war schwer verletzt.

Ich hatte meinem Anwalt schriftlich mitgeteilt, dass ich keine abschließende Lösung wünsche aufgrund meiner Zukunftsrisiken. Jetzt hat der Anwalt mit der Versicherung verhandelt und mir mitgeteilt er habe eine Gesamtabfindung verhandelt. Ich bin etwas verwundert da ich davon ausging dass der Anwalt an den willen des Mandanten „gebunden“ ist zumindest wenn es um so grundsätzliche Dinge wie eine Gesamtabfindung geht die ich ja nicht möchte.

Wenn man zum Frisör geht und ihm sagt man will das Haar Rot färben lassen kann er ja auch nicht einfach das Haar grün färben.

Außerdem ist mir aufgefallen dass die Aufklärungspflichten meines Erachtens nicht eingehalten wurden. Ich hatte meinen Orthopäden mal zu seiner Meinung gefragt was er mir bezüglich einer Abfindung raten kann und er hat mir davon abgeraten, einige Risiken aufgezählt und geraten wenn eine Abfindung dann nur mit einem zeitlichen Vorbehalt.

Meinem Anwalt hatte ich dies auch Telefonisch berichtet. Der war jedoch merklich genervt und meinte: "das ist kein Jurist". Mein Orthopäde hatte angeboten das mein Anwalt ihn anschreiben und konkrete Fragen stellen kann bezüglich Risiken der Verletzung und eventueller Spätschäden. Das hatte ich meinem Anwalt schriftlich mitgeteilt. Mein Anwalt ist darauf aber nicht eingegangen. Soweit ich mich informiert habe gibt es gerade bei einem vorbehaltlosem Abfindungsvergleich hohe Aufklärung und Sorgfaltspflichten für den Anwalt.

Wenn ich richtig informiert bin muss er mich über die Gesundheitlichen Risiken informieren und auch in etwa mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem eintritt von Spätschäden gerechnet werden muss. Darüber was für Spätschäden möglich sind hat er gar nichts geschrieben.

Lediglich das ich keine weiteren Forderungen mehr stellen kann falls es weitere folgen geben sollte. Aber dass eher unwahrscheinlich ist das es zu weiteren folgen kommt da der Unfall bereits 2015 war.

Wohlgemerkt ist dies offenbar die Meinung des Anwaltes und er ist - so wie ich - Medizinischer Laie… Er hätte die Möglichkeit gehabt meinen Arzt um Stellungnahme zu bitten und hätte damit die Einschätzung eines Spezialisten und mich damit aufklären können...

Im Forderungsschreiben hatte mein Anwalt der Versicherung geschrieben das mir durch den Unfall weitere kosten entstehen werden. Das ist dem Anwalt also bekannt. Aber wie diese kosten in der Gesamtabfindung berücksichtigt wurden steht nichts.

Ich vermute er hat meinen Arzt nicht angeschrieben da er dessen Einschätzung bereits kannte und er sich denken konnte dass er mir von einer Gesamtabfindung abraten muss wenn er ein entsprechendes Attest vorliegen hat.

Ich hatte ein Urteil gefunden wo festgestellt wurde dass ein Anwalt seinen Mandanten dringend von einer vorbehaltlosen Abfindung abraten muss wenn ein Attest vorliegt in dem steht das die Gefahr einer Verschlimmerung der Verletzungsfolgen besteht. Ganz Koscher finde ich das alles nicht.

Wie beurteilt Ihr das Vorgehen meines Anwaltes? Ich finde es problematisch insbesondere da er sich nicht an meinen Arzt gewannt hat obwohl er dies sogar angeboten bekam vom Arzt. Dazu kann ich noch sagen das der Anwalt Fachanwalt für Verkehrsrecht ist und seine Kanzlei ausschließlich Personenschäden bearbeitet. Da kann man doch eigentlich erwarten das er die Aufklärung und Sorgfaltspflichten kennt.

Gruß John Rambo
 
Zuletzt bearbeitet:
hallo John,

eine deutliche ansage ist hier wohl nötig. die stellungnahme des arztes würde ich selbst einholen, diese zusammen mit deinen aussagen und dem ausdrücklichen willen dass du unter den gegebenen gesichtspunkten eben keiner abfindung in dieser form zustimmen kannst, (per einschreiben) an den anwalt schicken.


gruss

Sekundant
 
Grüß Dich, Rambo!

01
Ich rate dringend, per Einschreiben mit Rückschein dem RA zu schreiben, dass eine Abfindungslösung für Dich nicht in Betracht kommt und dass Du das nicht haben willst.
Einschreiben mit Rückschein, bitte! Nicht mit Fax/Mail/einfacher Post, das ist alles viel zu gefährlich!


02
Wieviel ist denn eigentlich angeboten für welche Schäden?

03
Es stimmt: in letzter Zeit häufen sich die Schadensersatzfälle gegen Anwälte wegen unzureichender Beratung bei der Abfindung-!


ISLÄNDER
 
Hallo John Rambo,

ja, dein Anwalt weiß genau was Sache! Es geht deinem Anwalt wohl auch um die Kohle € und wahrscheinlich bekommt er bei einer Gesamtabfindung, die meisten Geschäftsgebühren von der größeren Summe!

Wenn dein Anwalt hier zustimmt, dann macht er sich ggf. selber Regress fähig.
außer du bekommst 500000€
oder bist kurz vor der Rente

Mein Credo:
Abfindung mit der Wirkung eines gerichtlichen Feststellungsurteils + Verjährugsverzicht und Offenlassung von weitern "materiellen und immateriellen Schäden" z. B. weiteren unfallkausalen OP und oder Minderung der Erwerbsfähigkeit!

Grüße

Tenor:

BGH IX ZR 123/93)
Ein Rechtsanwalt darf einen bindenden Abfindungsvergleich mit nicht unerheblicher Tragweite regelmäßig nur schließen, wenn sein Mandant hierüber belehrt ist und zugestimmt hat.

3. Selbst wenn die Klägerin dem Beklagten zuvor bedeutet gehabt hätte, sie sei unter Umständen vergleichsbereit, wäre es Aufgabe des
Beklagten gewesen, sie darüber zu belehren, daß Fehleinschätzungen über die künftige Entwicklung der unfallbedingten Körperschäden zu den
von ihr in dem Abfindungsvergleich zu übernehmenden Risiken gehörten und daß sie bei Verwirklichung dieser Risiken grundsätzlich keine
Schadensersatzansprüche mehr geltend machen könne (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 1983 - VI ZR 176/81, NJW 1984, 115 f; v. 19. Juni 1990 - VI
ZR 255/89, NJW 1991, 1535). Daß der Beklagte die Klägerin wenigstens darauf hingewiesen habe, sie trage das Risiko irgendwelcher
Spätfolgen, ist nicht vorgebracht


BGH IX ZR 64/01:

aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine
Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist
es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen
Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeßbevollmächtigte einen
solchen abschließen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung
der Partei zu versichern. Zuvor muß er diese darüber informieren, mit
welchem Inhalt er den Vergleich abzuschließen gedenkt, und sie über die Vorund
Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt
Anhaltspunkte dafür hat, daß der Mandant sich mehr davon verspricht.
Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte
Ergebnis sei schon das Äußerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei,
entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar
1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995
- IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). Für einen Abfindungsvergleich gilt das in
besonderem Maße (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994,
2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944).


OLG Köln (11 U 184/94)
Schwere Verletzungen und dadurch bedingte Behinderungen sowie die ärztlich attestierte Gefahr einer Verschlimmerung können bei einem erst siebenundzwanzigjährigen Mandanten Anlaß sein, von einer Abfindungserklärung dringend abzuraten.Wenn auch der Mandant ein Beratungsverschulden nachweisen muß, so können doch die Gesamtumstände einen Beratungsfehler offensichtlich werden lassen.
 
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