Liebe, Liebe Ela.
Ich danke Dir von Herzen für Deine Rückmeldung und Empathie.
Wie Du es beschreibst ist es leider richtig!
Wir sind ALLE Unfallopfer. Alle. Auch der scheinbare Verursacher. Da war eine Schwachstelle. Eine Unachtsamkeit. Ein Fehler. Ein Zeitpunkt, und man ist einfach dran.
Wir alle mit unseren körperlichen und psychischen Verletzungen sind die Auserwählten, eine Clique, die etwas verbindet. Der Schmerz und die Hilflosigkeit.
Alle Außenstehender, alle "scheinbar gesunden" können überhaupt nicht mitreden. Weder Psychologen, Ärzte und Sachverständige, aber leider auch unsere lieben Angehörigen, Hinterbliebenen und Partner. Und trotz aller Hilfe und Unterstützung sind wir...Immer allein.
Geschwister und Eltern will man nicht behelligen, denn auch sie zählen zu denen, die das schreckliche nicht miterlebt haben. Beileidsbekundungen wie "...daß wird schon! oder "Die Zeit heilt alle Wunden" oder "....jetzt ist soviel Zeit vergangen. Es muß doch mal gut sein. Guck nach vorn!" haben wir alle zu oft gehört. Es reicht.
Kollegen....mh. Ich habe für einen Altenpflegebetrieb gearbeitet. Da sieht so ein Unfall mit einem 89jährigen sehr schlecht aus. Also weg damit. Mit dem Mitarbeiter. Niemand wird sich von denene je melden. Weder der Geschäftsführer noch Kollegen. Anstand, Pietät, Empathie sucht man da vergebens. Auch wen der Slogan "Wir kümmern uns!" bei denen Programm ist. Ich weiß auch zu viel vom Geschäftsführer und seinen Praktiken, Mitarbeiter zu kontrollieren. Außen hui, aber innen ein Zombie. Da kommt ein Unfall gerade recht sich unbequemen Mitarbeitern zu entledigen. Aber es gibt Bewertungsportale und ich bin noch nicht fertig.
Neben der eigentlichen Aufarbeitung des Unfalls bin ich bereits eine Stufe weiter.
Ich versuche mit Engagement die Sache zu verarbeiten, d.h. ich durchkämme das Netz nach Möglichkeiten.
Verbände von Unfallopfern und tolle Hilfevereine, leider nur mit mäßigem Erfolg. Nicht erreichbar oder keine Rückmeldung trotz schöner, bunter Homepage.
Ich engagierte mich hier in Münster bei der Aktion "Zeig Dich von Deiner Schokoladenseite, wo Warnwesten kostenlos von der Straßenverkehrswacht verteilt wurden. Gierige Radfahrer die dunkelgekleidet zum Ausgabeort ohne Licht kommen....Hauptsache umsonst.
Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Überhaupt sind die Radfahrer hier in Münster sehr aggressiv! Durchweg. Lastenfahrräder mit 3 Kindern an Bord. Ältere E-Biker Paare, die mit wildem Gesichtsausdruck auf Ihr Recht pochen, Fußgänger wie mich auf dem Fußgängerweg zu streifen. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln und grinsen.
War man früher...auch so? Hatte uns der Stress und Alltag so im Griff, oder gehört das heute einfach zur Ellbogengesellschaft dazu? Jetzt sind wir mal dran!
"Der Tag der Unfallopfer" ist unser Tag. Derjenigen, die beteiligt waren. Egal ob als Verursacher oder nicht. Wir sind dabei. Und das ist auch gut so. Wir sind alle Teil dieser Gemeinschaft geworden, ungewollt.
Aus Oberflächlichkeit, Arroganz, Fehlern und Fehleinschätzungen. Wir konnten es nicht beeinflussen. Das macht eben einen Unfall aus...
Versuchen wir alle doch an diesem Tag erhobenen Hauptes uns zu sagen, Sch., wir waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Egal, ob Schuld oder nicht Schuld. Wir sind etwas ganz besonderes, denn wir leben weiter und versuchen, neben den täglichen Herausforderungen auch unser gemeinsames Schicksal mit den schrecklichen Bildern, Triggern und Erinnerungen zu stämmen. Wir sind besonders, weil wir ein besondere Gemeinsamkeit haben.
Und diese Gemeinsamkeit hat einen besonderen Tag verdient.
"Allen Unfallopfern" wünsche ich von Herzen Kraft.